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Mai 2002
Das Dirndl
von Andrea Heinisch


„Wenn ich ihn seh‘, werd‘ ich all meine Tuchenten ausgeschüttelt auf die Fensterbänke legen, den Kopf werd‘ ich drauf legen und ihn mit den Augen anblitzen, wenn er den Weg heraufkommt. Das rote Tüchlein werd‘ ich mir abbinden und meine Haare in die Sonne werfen, wenn er die letzte Biegung nimmt, die Arme werd‘ ich um den Polster schlingen und versinken werd‘ ich im Federkissen, wenn er da ist“, denkt das Dirndl, der Senn hat aber den anderen Weg genommen. Kommt er von hinten über die Treppe geschlichen, sieht er rund das Hinterteil ins Zimmer ragen, begrüßt ihn der Dirndlstoff voll Röslein und rotem Samt und die Schlaufe der Schürze winkt ihm zu, wird er die Arme um den Dirndlhintern schlingen und muss er nicht einmal die Schlaufe öffnen, versinken wird er im Stoff voll Röslein im roten Samt und das Dirndl derweilen wartet vorne am Fensterbrett, da ist ihm ist der Dirndlstoff verrutscht. Es richtet sich den Samt, es richtet sich die Röslein, der Senn wird nicht mehr kommen, es glühen die Bergspitzen, das Dirndl glüht nicht, der Weg bleibt im Bergwald versteckt.

Das Dirndl will in die Kammer gehen, da baumelt ein Zwilling zwischen den Beinen hervor. Das Dirndl findet kein Messer, die Messer liegen alle in der Kiste, wo die Brotlaibe sind. Dick werden die Brotscheiben abgeschnitten und mit Almbutter beschmiert, aber nur, wenn die Bergwanderer kommen. Die Brotkiste und sämtliche Messer sind weggeschlossen, weil die Bergwanderer ganz närrisch aufs Brot sind und bei jeder Gelegenheit versuchen, sich noch ein Stück abzuschneiden. Dem Dirndl baumelt ein Zwilling zwischen den Beinen hervor und es ist schon viel zu spät, als dass noch ein Bergwanderer kommen könnt’ und die Brotkiste aufgesperrt würd’. Das Dirndl wird den Zwilling nicht los, der Zwilling muss mit in die Kammer. Er will eigene Kissen für die Zwillingsköpfe und will seine Köpfe nicht unter dem Tuchent des Dirndls erstickt haben. Das Dirndl darf sich wegen dem Zwilling den Tuchent nicht über die Füße ziehen, es friert an den Zehen, weil die Sonne schon untergegangen ist.
Der Zwilling friert nicht, der Zwilling will auch noch nicht schlafen, der Zwilling will mit dem Dirndl schöne Reden führen.

„Ein schönes Dirndlkleid hast du da“, sagt er und deutet auf den Stuhl, über dem das Dirndlkleid und die Dirndlschürze hängen.
„Die Röslein schwitzen im Samt und mein rotes Tüchlein ist auf den Boden gefallen“, sagt das Dirndl, dem die Zehen mittlerweile abzufrieren drohen. Da oben auf den Bergen kann es bitterkalt werden, erzählt das Dirndl den Bergwanderer, wenn sie in der Sonne auf den Holzbänken sitzen und von ihren Butterbroten abbeißen. Dazu trinken sie die Buttermilch, die der Senn jeden Tag frisch vorbeibringt.
Der Senn holt am Morgen die Buttermilch und das Bauernbrot und die Almbutter aus dem Supermarkt im Dorf, das Dirndl schüttet die Milch dann in die irdenen Kannen und holt das Brot aus seiner Verpackung. Manchmal hilft der Senn dem Dirndl. Das Dirndl bekommt Sehnsucht nach dem Senn, es spitzt seine Ohren, ob es ihn nicht doch noch hört.

Der Zwilling beginnt zu quengeln, er hat Hunger und Durst. Das Dirndl kann nicht mehr aufstehen, weil seine Füße abgefroren sind. Außerdem ist die Brotkiste versperrt und die Buttermilchkannen sind leer. Es lässt den Zwilling quengeln und denkt an den Senn:
„Wenn er morgen kommt, werd‘ ich all meine Tuchenten ausgeschüttelt auf die Fensterbänke legen, den Kopf werd‘ ich drauf legen und ihn mit den Augen anblitzen, wenn er den Weg heraufkommt. Das rote Tüchlein werd‘ ich mir abbinden und meine Haare in die Sonne werfen, wenn er die letzte Biegung nimmt, die Arme werd‘ ich um den Polster schlingen und versinken werd‘ ich im Federkissen, wenn er da ist.“

(c) Andrea Heinisch

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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