Ganz schön bissig ...
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Juli 2002
Ich ruf dich an
von Andreas Schröter


„Tatsache ist jedenfalls ...“
„Was ist Tatsache?“
„dass ich dich liebe“.
Er versucht, seine Hand unter ihren Slip zu schieben, doch sie drückt sie beiseite und sagt: „Du hast lustige Bilder an der Wand. Uhren, die so komisch zerlaufen.“
„Das ist Dali.“
„Mein Ex hatte nur so komische Motorrad-Bilder ... mit Frauen.“
„Mit Frauen?“
„Na ja, fast nackte Frauen, die sich über Motorräder beugen und so.“
„So fast nackt, wie Du jetzt?“ Diesmal schiebt er seine Hand unter ihr Unterhemd: Sie kichert, drückt die Hand nicht weg, aber hält sie fest – knapp unter ihrem Brustansatz.
„Aber das mit den Uhren geht doch gar nicht. Die Zeiger können sich doch gar nicht bewegen, wenn sie so verknickt sind.“
„Das ist Kunst.“
„Kunst?“ – Sie lacht. „Du bist lustig.“
„Eigentlich bin ich eher schüchtern, aber weil du eine so wunderbare Frau bist, die so wundervoll zuhören kann und die nicht immer nur das eine will, kann ich aus mir herausgehen und mich so geben, wie ich wirklich bin. Das ist mir total wichtig, weißt Du.“ Er unternimmt einen weiteren Versuch, die Hand etwas höher zu schieben. Sie zieht sie nicht weg und hält sie nicht fest. Nun spürt er ihren Brustansatz an seinen Fingerkuppen. Ihm wird heiß, und er spürt einen Druck in der Hose.
„Ja, das ist mir auch wichtig. Ich finde es total süß, dass Du das sagst. Meistens treffe ich immer nur Männer, die sofort mit mir ins Bett wollen und die nicht reden wollen. Irgendwie meinen sie wohl alle, nur weil ich ihnen auf der Arbeit nahe komme und an ihren Haaren herummache, haben sie gleich das Recht, auch an mir herumzumachen. Bei manchen schneide ich schon mit total langen Armen, nur um nicht nahe an sie heranzumüssen, damit sie sich nichts einbilden ... Das ist anstrengend und ich kriege davon Muskelkater.“
„Schrecklich.“ Er traut sich nicht, seine Hände noch weiter nach oben zu schieben. Nicht jetzt.
„Aber ich hab gleich gemerkt, dass du anders bist. Für so was hab ich ein Gespür. Und ich hatte Recht. Das seh ich schon an den Bildern hier.“ Sie deutet auf den Dali.
„Möchtest Du was trinken?“
„Nein – ich werde dann immer gleich so lustig.“
„Macht doch nichts. Ich mag lustige Frauen.“
„Nein – ich weiß dann nicht, ob ich mich beherrschen kann, wenn Du mich so anfasst.“
„Musst du doch nicht.“ Er spürt, wie sich der Druck in seiner Hose erhöht. Es schmerzt jetzt fast.
„Aber ich bin nicht so eine.“
„Das weiß ich doch. Meinst Du, sonst hätte ich dich mit zu mir genommen? Ich mag keine Frauen, die sich einem sofort an den Hals werfen. Bei uns ist das doch was anderes. Du bist eine Frau von Klasse.“
Sie dreht jetzt den Kopf und sieht ihn an. Mit leiser Stimme sagt sie: „Sowas Nettes hat noch nie jemand zu ihr gesagt. Vielleicht kannst Du mir doch was zu trinken holen. Aber du musst mir versprechen, die Situation nicht auszunutzen.“
„Sicher.“

* * *

Eine Stunde später liegen unter anderem zwei Hosen, vier Socken, ein roter BH und ein gleichfarbiger Slip in der Wohnung. Das Licht ist gedämpft, und aus der Stereoanlage sickert leise Muddy Waters.
„Du hast so coole Musik. Mein Ex hat immer Scooter gehört.“ Sie schweigt. Dann: „Denkst du jetzt, dass ich ein Flittchen bin?“
Er scheint nicht richtig zuzuhören, brummelt etwas Unverständliches. Offenbar hat er mit dem Schlaf zu kämpfen.
„Du hast vorhin gesagt, dass Du mich liebst. Ist das wirklich wahr?“
„Was?“
„Du hast gesagt: ,Tatsache ist jedenfalls, dass ich dich liebe’. Meintest du das ernst?“
„Hmmmm.“
„Dann sind wir ja jetzt sowas wie ein Paar. Ich habe immer davon geträumt, jemanden wie Dich zu treffen.“ Sie gibt ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange.
Er schweigt und sieht auf die Uhr. Dann rappelt er sich auf und sagt etwas wacher: „Du, ich habe ganz vergessen, dass ich noch eine wichtige geschäftliche Verabredung habe. Schon in einer halben Stunde, drüben im ,Blue Moon’.“
„Jetzt? Es ist halb elf.“
Er steht auf und kleidet sich bereits an: „Ja, das ist nichts Ungewöhnliches. Ich treffe mich oft abends mit meinen Kunden. Dann ist die Atmosphäre entspannter. Beeilst du dich bitte.“
„Aber es ist doch gerade so gemütlich.“ Dennoch steht sie auf und zieht sich ebenfalls an. Etwas unsicher fragt sie: „Sehen wir uns morgen?“
„Oh, das wird nicht gehen – leider – ich muss morgen auf Geschäftsreise. Kann ein oder zwei Wochen dauern.“
Sie erbleicht. „Was, so lange darf ich dich nicht sehen?“
„Ich ruf dich an.“
„Gib mir doch auch deine Handy-Nummer. Dann kann ich dich auch anrufen“
„Oh das geht leider auch nicht. Ich habe sie nicht, weil – weil ich eine neue bekomme, aber erst morgen. Und die weiß ich noch nicht.“
„Ich denke, du fährst morgen weg.“
„Ja, aber vorher bekomme ich noch eine neue Handy-Nummer. Ich ruf dich an.“
„Hast du denn meine Nummer?“
„Oh verdammt.“ Er schlägt sich theatralisch auf die Stirn. „Gibst du sie mir?“
Sie notiert ihre Nummer und reicht ihm den Zettel rüber. Er steckt ihn nachlässig in die Hosentasche. Zehn Minuten später verabschieden sie sich vor dem Sacre Coeur, wo sie sich vor etwas mehr als vier Stunden kennen gelernt haben. Als er in ein Taxi steigt, das ihn zu seiner ,geschäftlichen Verabredung’ im Blue Moon bringt, ruft er ihr zu: „Ich ruf dich an.“

(c) Andreas Schröter

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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