Honigfalter
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Juli 2002
Auf Rezept
von Gudula Goering


„Herr Doktor! Ich kann nicht schlafen!"

Sandra riss mit einem Ruck die Tür zum Zimmer des Krankenhauses auf, durchmaß mit schnellem Schritt den recht großen Raum und fuhr sich dabei mit den fünf Fingern der rechten Hand verzweifelt durch ihr dichtes, dunkelblondes Haar.

Die Stimme des Arztes war tief und füllig.

„Setzen Sie sich erst einmal..."

Sandra stieg die vier Stufen zum Thron empor und nahm darauf Platz.

Die Wände des Krankenhauses sowie alle Einrichtungsgegenstände waren aus massivem Glas. Links und rechts konnte Sandra in die anderen Arztzimmer sehen, hinter ihr war die große Metalltür und vor ihr eine riesige Videoleinwand. Darauf erkannte sie den Spruch:

"Der Kunde ist König!"

Leise begann im Hintergrund Musik zu ertönen, und die Leinwand färbte sich mild orange im Wechsel mit einem dunklen Gelb.

Sandra spürte, wie ein warmer Energiestrahl von oben auf ihren Kopf gerichtet wurde. Im gleichen Moment verfärbten sich die Wände des Zimmers zu einem tiefen Schwarz und wurden undurchsichtig. Auch die Videoleinwand verlor ihr helles Licht.

Sandra sank auf ihrem Thron ein wenig zusammen.

„Ich brauche einen Mann! .... Nacht für Nacht werde ich verzehrt von meiner Sehnsucht! Die Kälte meines Bettes bringt mich um! Die Leere meiner Wohnung macht mich trübsinnig... "

In der Dunkelheit des Raums stahlen sich ein paar Tränen aus ihren Augen, und sie fuhr sich immer und immer wieder durch das Haar.

„Beruhigen Sie sich! Wir werden eine Lösung für Sie finden..."

Die Worte des Arztes, der von seinem kleinen Schemel aufgestanden war und nun direkt neben Sandra stand, taten ihr gut.

Ruhig wandte sich der Arzt von ihr ab, ging um den Thron herum und stieg von der rückwärtigen Seite ebenfalls vier Stufen hoch, so dass er auf einem kleinen Podest direkt hinter seiner Patientin stand.
Dort legte er seine beiden Hände beruhigend auf Sandras Schultern und schob seine Finger langsam in Richtung Halswirbel vor. Vorsichtig begann er, die verspannten Stellen am Rücken zu massieren.

„Stellen Sie sich den Mann, den Sie suchen, genau vor. Entwerfen Sie ein Bild von ihm... ", flüsterte der Arzt in Sandras linkes Ohr.

Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Von der Videowand verschwand der Spruch: Der Kunde ist König und machte einem diffusen Farbgemisch aus Hellgrau und Schwarz Platz. Sich jagende Wolken bei Nacht wurden sichtbar, und Sandra spürte die Kälte des Raums.

Sie fühlte sich einsam.
Sie suchte Wärme.
Sie suchte Liebe.

Der Energiestrahl, der auf ihren Kopf gerichtet war, wurde verstärkt. Ihre Haare schienen sich zu erwärmen, und auf der Videoleinwand wechselten die Farben.

Langsam wurde es etwas heller... die sich jagenden Wolken formierten sich zu einer zusammenhängenden Farbfläche. Hell und Dunkel gewannen immer mehr an Kontrast und ließen die Konturen eines Kopfes hervortreten. Sandra öffnete die Augen wieder. Und der Kopf bekam ein Gesicht. Das Gesicht eines Mannes.

Er hatte kurze, dunkelblonde Haare und eine leicht hervortretende Stirn, unter der zwei große braune Augen Sandra geradewegs anschauten.

Der Blick des Mannes war offen und fest. Er drang wie mit einem Schwert in ihre Augen ein. In den Tiefen ihres Blicks warf er seinen Ankerhaken aus. Er setzte sich fest, so dass Sandra sich gar nicht mehr abwenden konnte.

Der Blick strahlte Ruhe und Sicherheit aus. Gleichzeitig blitzte es, als er sie plötzlich anlachte. Kleine weiße Lichtfunken kündeten von seinem Humor. Dann wechselte der Ausdruck, und die Augen schauten ernst.

„Was fehlt Dir?", schienen sie zu fragen.

Der Arzt nahm behutsam seine Hände von Sandras Nacken fort und begann leise in den Computer, der sich an der Rückwand des Throns befand, seinen Befund einzugeben.

Die Patientin fühlt sich einsam.
Sie braucht Wärme.
Sie braucht Liebe.
Sie braucht einen Mann, der ihr Sicherheit und Ruhe gibt.
Sie braucht einen Mann, der Humor hat.
Sie braucht einen Mann, der ihr echte Zuwendung schenkt.
Sie braucht einen Mann, der treu zu ihr hält und ihr im Leben eine wirkliche Stütze ist.....

Dann schaute er wieder auf und beobachtete die Leinwand vor ihm.

„Was fehlt Dir?", war plötzlich zu hören.

Die Stimme war tief und füllig. Der Mund verschwand zum Teil hinter einem dichten schwarzen Bart.
Der Blick der Augen war dunkel und warm.

Die Patientin braucht Zärtlichkeit und emotionale Wärme.
Sie braucht Ansprache.... gab der Arzt weiter ein.

„Gefalle ich Dir?", fragte das Gesicht von der Leinwand.

„Ja, ich mag Dich", sagte Sandra leise.

„Möchtest Du noch mehr von mir sehen?", fragte das Gesicht.

„Nein", antwortete Sandra. "Deine Augen genügen mir. Ich möchte mich in den Blick Deiner Augen versenken. In der Tiefe des Blicks mit Dir verschmelzen. Eine Einheit sein!"

Und das Gesicht verharrte in seiner Position. Sie konnte es genau betrachten und wurde fortgetragen vom Strom der Sehnsucht.....

Ja, so sollte er sein!


Leise warf der Drucker in der Ecke das Rezept aus.

Während Sandra immer noch auf die Leinwand schaute, stieg der Arzt die vier Stufen der kleinen Treppe hinab und ging, um es zu holen.

Diagnose: Einsamkeit, Sehnsucht nach Liebe und Wärme.
Verschrieben: Mann Nr. 3020579 aus Raum 2005.



„So!", riss der Arzt Sandra aus ihren Träumen.

„Hier haben Sie das Rezept.
Mann Nr. 3020579 aus Raum 2005.
Gehen Sie zuerst in die Apotheke im 5. Untergeschoss oder aber....

... nimm mich!"

Sandra schaute von der Leinwand weg und riss erstaunt die Augen auf!

Tausende von neckischen Lichtfunken sprühten ihr aus dem Blick des Arztes entgegen.

Seine Stimme war tief und füllig, und der Mund verschwand hinter einem dichten schwarzen Bart.

„Gefalle ich Dir? ...."

Ruhig und ernst schaute er sie an. Sein Blick drang in ihre Augen wie ein Schwert und warf Anker auf dem Grund.

„Ja! Ich mag Dich...", antwortete Sandra leise und ein wenig verwirrt. ...

© Gudula Goering

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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