Honigfalter
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Juli 2002
Die Liste
von Silke Vllasaljia


Alberto machte einen Strich auf der "Wettbewerbsliste".
"Vierundzwanzig bis jetzt und der Sommer hat gerade erst angefangen! Bald hab' ich dich überholt! Du hast nur noch fünf Mädels Vorsprung!" Stolz hielt Alberto seinem Bruder und Arbeitskollegen Luca die Liste unter die Nase.
"Im Gegensatz zu dir nehme ich eben nicht alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist!"
Dabei deutete Luca auf Albertos letzte Eroberung. Nach dem kleinen "Zwischenfall" in der Vorratskammer rückte die sich immer noch ihre Kleider zurecht. Luca kriegte bei dem Gedanken eine Gänsehaut. Ihn hätte nichts dazu gebracht diese Frau auch nur länger als nötig anzugucken, geschweige denn etwas anderes...
"Wieso? Ist doch egal wie die aussieht. Kommt ja wohl auf Quantität an und nicht auf Qualität!" Alberto konnte seinen Bruder nicht verstehen.

Das Geschäft im Eiscafé „San Remo“ brummte, und der Job als Kellner schlauchte Alberto und Luca ganz schön, aber es gab auch angenehme Seiten.
Wie jeden Sommer versüßte eine Wette den Kellnern des Eiscafés den Arbeitsalltag.
Die Aufgabe war einfach. Wer die meisten Mädels ins Bett kriegte, gewann.
Als Siegerprämie lockte die „Sommerkasse“, in der das Trinkgeld aller Kellner gesammelt wurde.
Dabei zählten allerdings nur Frauen, die sie bei ihrem Job im Eiscafé kennen lernten.
FĂĽr jede gab es nur einen Strich - egal wie oft sie sich mit einer verabredeten.
Ein zweites Date hatte daher in den Augen der Kellner wenig Sinn.
Gerade diskutierte Alberto mit einem Mädchen, die sich auch mehr von ihrem Rendezvous
versprochen hatte.
„Wieso hast du mich nicht angerufen?“
„Wieso sollte ich?“
„Du hast es doch versprochen. Hat dir unsere Nacht denn nichts bedeutet?“
„Nicht wirklich. Es war ganz nett, aber was erwartest du?“
„Das du dich nicht benimmst, wie das letzte Schwein!“
„Jetzt hör aber auf! Hab ich dich etwa gezwungen, mit mir ins Bett zu gehen? Dir hat es doch auch gefallen!“
„Du bist wirklich das Letzte! Wenn ich das vorher gewusst hätte..!“
„Tja, so ein Pech – hast du aber leider nicht.“
Fassungslos und mit Tränen in den Augen lief das Mädchen aus dem Eiscafé.
„Ciao Bella!“, rief ihr Alberto lachend hinterher.

"Du hast dich viel zu sehr auf die kleine Blonde eingeschossen! Sieh doch endlich ein, dass du bei ihr keine Chance hast!" Alberto legte seinem Bruder mitfĂĽhlend die Hand auf die Schulter.
"Du hast doch keine Ahnung! Die ziert sich nur ein bisschen. Du wirst sehen, bald krieg' ich sie rum. Außerdem lohnt es sich! Oder hast du in letzter Zeit mal eine Frau getroffen, die nur annährend so toll aussah?", ereiferte sich Luca.
"Ja ja, bleib mal locker. Verschwende ruhig weiter deine Zeit. Gewinne ich dieses Jahr zu Abwechslung eben mal. Wird sowieso langsam mal Zeit!"
Nach einem Blick zur TĂĽr, stieĂź Alberto seinen Bruder unsanft in die Rippen und zischte:
"Wenn man vom Teufel spricht! Da ist ja deine kleine Prinzessin!"

Mit Unwillen registrierte Luca, dass sein Herz Takt schneller schlug als er sah, wie Carmen sich durch das volle Café zu einem der wenigen freien Plätze schlängelte.
Denn in Wahrheit war er sich alles andere als sicher, dass er sie fĂĽr sich gewinnen konnte.
Doch das forderte nur noch mehr seinen Jagdtrieb heraus.
Es war einfach unglaublich, dass er sie noch nicht gekriegt hatte. Sie kam jeden Samstag ins „San Remo“. Immer in Begleitung einer Freundin. Trank immer einen Cappuccino Italiano und ging wieder.
Sie verschwendete höchstens einen Blick an ihn, wenn er die Bestellung aufnahm, oder wenn sie zahlte.
Heute sah sie wieder besonders hĂĽbsch aus. Sie trug ihre honigblonden Haare offen und war nur so leicht geschminkt, dass ihre VorzĂĽge noch besser zur Geltung kamen.
Das lange, luftige Sommerkleid, das sie trug, war an der Seite ziemlich hoch geschlitzt und dieser kleine Einblick wirkte erotischer als der kĂĽrzeste Minirock.
Nervös strich sich Luca eine dunkle Strähne aus der Stirn. Wie konnte er sich bloß interessant machen? Er war es nicht gewohnt, dass eine Frau ihm widerstehen konnte. Ein Blick aus seinen huskyblauen Augen und die Sache war klar – normalerweise.

"Wenn du sie nicht bedienen willst, dann geh ich!", riss ihn Alberto aus seinen Träumen.
"Untersteh dich! Du möchtest doch alle deine Zähne behalten, oder?", fragte Luca ihn angriffslustig.
Luca schlenderte zu ihrem Tisch. Aber sie beachtete ihn ĂĽberhaupt nicht.
Erst als er sie und ihre Freundin fragte, was sie bestellen möchten, schaute sie hoch.
Luca traute seinen Augen nicht: Carmen schenkte ihm zum ersten Mal ein strahlendes Lächeln.
"WeiĂźt du denn immer noch nicht, was ich will?", fragte sie und blickte ihn dabei herausfordernd an.
Luca war verwirrt. Was war das denn jetzt? Eine Anspielung auf sein Kurzzeitgedächtnis, oder ein Flirtversuch?
„Einen Cappuccino?“, murmelte Luca verlegen.
„Ja, das auch.“ Carmen seufzte und warf ihm einen verständnislosen Blick zu. Und schon war sie wieder in ein Gespräch mit ihrer Freundin vertieft.

„Ich bin doch so was von bescheuert!“, grummelte Luca vor sich hin, während er die Milch für den Cappuccino aufschäumte.
„Mal wieder abgeblitzt?“, freute sich Alberto.
„Ne, eben nicht.“
„Wie jetzt?“
„Ich glaub, ich hätte vorhin eine Chance bei ihr gehabt, aber ich hab' es voll vermasselt!“
„Dann mach' es eben wieder gut!“

Luca befolgte den Ratschlag seines Bruders. Gut gelaunt brachte er Carmen und ihrer Freundin die Getränke
„Bitte sehr. Mir ist eingefallen, was du möchtest. Ich hab' dir diesmal zwei Kekse zum Cappuccino gebracht – und einer davon schmeckt ganz besonders gut!“ Amüsiert betrachtete Luca Carmens verdutzten Gesichtsausdruck.
Aber schon bald entdeckte sie, dass Luca auf einen der Kekse seine Telefonnummer geschrieben hatte.
Luca registrierte zufrieden ein Lächeln auf Carmens Lippen.

„Die ist jetzt fällig! Ich wette mit dir, das sie mich heute noch anruft!“, jubelte Luca seinem Bruder zu, nachdem Carmen gegangen war. „Sie hat mir zum Abschied sogar zugezwinkert!“
„Schön für dich.“ Alberto interessierte das nicht besonders.

Luca behielt Recht. Kurz nach acht klingelte sein Handy und er verabredete sich mit Carmen in einem kleinen, gemĂĽtlichen Lokal, das er meistens dazu benutzte, um bei den Damen eine romantische Stimmung zu schaffen.

Carmen wartete schon auf ihn, als er pĂĽnktlich um halb zehn zum Lokal gehetzt kam.
Sie hatte sich extra hĂĽbsch gemacht und Luca verschlug es fast die Sprache, als er sie in dem kurzen, schwarzen Minikleid erblickte, was er noch nie an ihr gesehen hatte.

Im Laufe des Abends stellten sie schnell viele Gemeinsamkeiten fest. Es fing bei der Vorliebe fĂĽr sĂĽĂźen Rotwein an und endete irgendwo bei dem Traum, einmal mit den Stieren in Pamplona um die Wette zu rennen.
Luca war ĂĽberrascht, wie lange er sich mit einer Frau unterhalten konnte.
Er musste bei seinen sonstigen Verabredungen nicht viel reden, und das war ganz in seinem Sinne. Diesmal war es anders. Er genoss jede Sekunde mit Carmen und sein Vorhaben, sie nur ins Bett zu kriegen, um noch einen Strich für die Liste zu bekommen, wurde plötzlich total unwichtig.
Er hatte sich tatsächlich verliebt. Und er wusste selbst nicht, wie das passieren konnte.

Als er sie nach Hause fuhr, bedauerte er, dass der Abend schon vorbei sein sollte.
Vor ihrer HaustĂĽr angekommen, legte Carmen ihm die Hand auf den Arm und sagte leise:
„Ich danke dir für den wunderschönen Abend.“
„Ich habe zu danken.“
„Na gut. Dann geh ich jetzt mal.“
„Nein, warte...“
„Wieso?“
„Du glaubst doch nicht, dass ich dich ohne Abschiedskuss gehen lasse?“ Sanft zog Luca Carmen an sich. Sein zärtlicher Kuss wurde mit so viel Leidenschaft von Carmen erwidert, dass er am liebsten sofort über sie hergefallen wäre.
Als sich Carmen von ihm löste, erwartete er traurig den Abschied, aber stattdessen hauchte sie: „Komm mit rauf.“

Ihre gemeinsame Nacht war einfach unbeschreiblich. Luca versuchte, nicht einzuschlafen. Er wollte Carmen die ganze Nacht anschauen. Irgendwann fielen ihm dann aber doch die Augen zu. Als er am nächsten Morgen erwachte, hätte er geschworen, es war ein Traum. Doch Carmen lag immer noch neben ihm.

„Gibst du mir noch deine Telefonnummer? Dann ruf ich dich später an.“ Luca musste sich sputen, sonst kam er noch zu spät zur Arbeit. Und er nahm sich vor, dort als erstes diese dämliche Liste zu vernichten.
„Ich ruf dich an. Beeil dich lieber.“
„Okay. Bis nachher.“
„Ciao.“

Nachdem die Tür hinter Luca zugefallen war, legte sich Carmen gemütlich auf die Couch, nahm das Telefon und wählte die Nummer ihrer besten Freundin.
„Hi, ich bin’s. Ich hab’ ihn rumgekriegt. Noch ein Punkt für mich!“, jubelte Carmen.
„Ich hasse dich! Du gewinnst dieses Jahr bestimmt wieder.“
„Streng dich eben mehr an!“
„Und, hat er was gemerkt?“
„Nö. Ich glaub', der ist total verknallt in mich. Ich soll ihn heute anrufen. Aber darauf kann er lange warten....“


(c) Silke Vllasalija

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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