Das mit 328 Seiten dickste Buch unseres Verlagsprogramms ist die Vampiranthologie "Ganz schön bissig ..." - die 33 besten Geschichten aus 540 Einsendungen.
Das langsam anschwellende Vibrieren der synergetischen Stromstösse weckt mich auf. Ein wohliges Gefühl durchflutet meinen Körper, während ich die beiden kabellosen Elektroden von meinen Schläfen entferne. Ein Blick auf den Timer bestätigt mir, dass es Zeit ist, das Ruhemodul zu verlassen. Ich strecke mich und begebe mich in die Berieselung. Nachdem ich mich etwa zehn Mars-Minuten dem erfrischenden Nass des Hydrozubereiters hingegeben habe, ist mein Körper vom Transpirat der Ruhephase befreit und erfrischt. Fast gutgelaunt bewege ich mich in die Versorgungszeile. Meine A-Mahlzeit besteht aus einem Brei mit Vitaminen, Spurenelementen und Geschmacksverstärkern. Ich persönlich bevorzuge Choko oder Zitro. Während der Nahrungsaufnahme sehe ich mir die neuesten Bilder vom Mars und von der Erde an. Die fünf Grundvölker haben einen Weg gefunden, das Eis der Polkappen zu stabilisieren. Eines der Völker – die Aussies hoffen nun wieder auf ein Absinken des Wasserspiegels in den südlichen Weltmeeren, um zurück auf ihren Kontinent ziehen zu können. Die Sowzies haben schon angedeutet, dass ihre Kapazitäten erschöpft sind. Als sie vor 27 Erdjahren der kompletten Bevölkerung der Aussies Asyl angeboten haben, hatte niemand damit gerechnet, dass die Insel so lange im Pazifik verschwinden würde. Ich lasse mein Nahrungsgefäss für den Reinigungsroboter stehen, erhebe mich und steige in den vollklimatisierten Thermoanzug. Aufgrund der elliptischen Umlaufbahn des Mars um die Sonne ist das Klima hier unser grösster Feind. Statt vier Jahreszeiten – wie auf der Erde – gibt es hier zweimal zwei: Sommer, Winter, Sommer und Winter. Dazwischen können fast zweihundert Grad Celsius liegen. Im Sommer liegen die Temperaturen bestenfalls um den Nullpunkt, im Winter an den Polkappen bis zu hundertachzig Grad unter Null. Zurzeit ist wieder einmal Winter – der zweite dieses Jahr. Ein Tag dauert hier etwas mehr als vierundzwanzig und eine halbe Stunde, ein Jahr 687 Tage. Nun muss ich mich beeilen. In zwei Mars-Minuten geht mein Gleiter. Mit der Linie m4 fliege ich von meiner Wohneinheit im Kuppelsystem alpha 2 zur Arbeitseinheit gamma 2. In meiner Eigenschaft als Techtron, überwache ich den Ausbau der Lüftungs- und Klimainstalls in gamma 2. Aus gamma 2 wird in wenigen Wochen ein Komplex mit Lerneinheit, Verwaltungseinheit und Buyphase entstanden sein, in dem dann weitere Spätsiedler – dieses mal Amis – Arbeit und Ausbildung finden. Meine Arbeit wird als wichtig angesehen, da die Versorgung mit Sauerstoff-Luftgemischen in den einzelnen Kuppeleinheiten Voraussetzung für das hiesige Leben und Arbeiten ist. Ich lebe als Sing. Eine Partnerschaft wollte ich keiner Wom zumuten, nicht bei meinem Job. Ich verlasse meine Wohneinheit und begebe mich zum Gleiter, der draussen am Rand der Kuppel auf mich wartet. Nach drei Stops in anderen Kuppeln erreiche ich gamma 2. Beim letzten Stop ist Hang zugestiegen, neben mir der einzige Hum im Team. Zu meinem Team zählen vier Astros, also Biorobs, und acht Mechrobs. Sie sind die einzigen, die auch ausserhalb der Kuppeln arbeiten können, ohne irgendwelche Schutzkleidung zu benötigen. Ich selber bin übrigens Will Beyer – ein Eus und stamme aus EU, ein vor über 1000 Jahren geschaffener Staat. Hang ist aufgrund einer Mutter aus Paris und einem Vater aus Hongkong EU-Asi. Der beste Hum, mit dem ich bisher gejobt habe. Ab und zu gehen wir abends ins Pub und trinken Birr oder Psychos. Meistens dann, wenn wir zwei Tage frei haben, so wie nach der heutigen Schicht.