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Februar 2003
Bitterer Mord im Kinderzimmer
von Anne Zeisig


Es war ruhig geworden im Kinderzimmer. Nur das kleine Nachtlicht in der Steckdose schien mit dem Vollmond ärmlich um die Wette. Diffuses Licht hatte den Raum eingehüllt. Der achtjährige Kevin atmete gleichmäßig. Er schlief längst. Sein Spielzeug jedoch erwachte zum Leben.

. . .

„Ken!“ Schrill hallte Barbies Stimme durch den Luxuswohnwagen, „ich weiß wieder einmal nicht, was ich anziehen soll! Nie habe ich was Passendes im Kleiderschrank!“
Ken band sich den Krawattenknoten und stöhnte leise: „Es war deine Idee, die Einladung des Diddelmäusepaares anzunehmen. Denkst du etwa, mir ist noch nicht aufgefallen, dass du dem plüschigen Diddelmäuserich immer schöne Augen machst, wenn der hier vorbeigeht, um sich im Kaufladen gegenüber seine Nüsse zu holen?“
Auf hochhackigen Schuhen stolzierte die Schöne ins Bad und drehte sich schwungvoll im Kreis. Atemberaubend sah sie aus in diesem Kleid aus roter Spitze, wo der weiße Tüll glänzend hindurchschimmerte. Sie stupste Ken auf die Nase. „Mein Angetrauter ist doch wohl nicht eifersüchtig? Süß“, flüsterte sie, „einfach süß, mein Kennymanni“, und hauchte ihm ein Küsschen auf die Wange. „Wir müssen los, es ist gleich neun. Dass du nie rechtzeitig fertig werden kannst!“
Barbie hakte sich bei Ken unter. Ihr Wohnwagen stand am Rande der Legosiedlung. Armselige Behausungen, meinte Barbie, eng und so einfach in der Gestaltung. Ihr ganzer Stolz galt dem Wohnwagen, der keine Wünsche offen ließ – es gab sogar fließend warmes Wasser im rosafarbenen Bad. Nun mussten sie nur noch die Playmobilbaustelle passieren.
„Vorsicht!“, rief ein Monteur ihnen zu und senkte den Kran zu Boden, um auszusteigen. „Haben Sie das Schild nicht gesehen? `Betreten der Baustelle verboten! Kinder haften für ihr Spielzeug!´“
„Pah!“, bemerkte Barbie hochnäsig und warf mit einem Kopfruck ihr blondes Langhaar in den Nacken.
„`tschuldigung“, entgegnete Ken, der eilig Barbie aus dem Baustellenbereich hinauszog, vorbei an `Chellys Frisiersalon´, wo Kommissar Rex sich gerade sein Fell trimmen ließ. Chelly schaute aus dem Auslagenfenster zu ihnen herüber und zwinkerte Ken zu. Zugegeben, ihm gefiel sie. Hatte sie doch so eine natürliche, ehrliche Art. Und viele Verehrer. Ken wandte den Blick ab. `Und außerdem bin ich meiner Barbie treu´, dachte er, als sie die Diddelhöhle erreicht hatten.
„Hereinspaziert! Hereinspaziert! Liebe Nachbarn!“, öffnete Diddelmäuserich den Plastikvorhang der Höhle. „Je später der Abend, desto schöner die Frauen!“ Er klopfte Ken jovial auf die Schulter. „Nicht wahr, mein Freund, was wären wir ohne unsere Frauen.“
Diddelmauseline erschien in einer pinkfarbenen Latzhose und hatte sich dazu passend eine Samtschleife um das linke Ohr gebunden. `Was auch nichts hilft gegen ihr Übergewicht´, dachte Barbie und knabberte ein wenig von den angebotenen Nüssen. Mauseline goss das Tafelwasser in die Plastikbecher: „Prost! Auf unsere Gesundheit und ein langes Leben!“ Ken und Diddelmäuserich leerten ihre Becher in einem Zug und begannen, heftige Witze zu erzählen. Barbie entging nicht, wie der Mäuserich ihr stets verschmitzt zulächelte. `Nur einmal in diesen starken, plüschigweichen Armen liegen und träumen, sich bei ihm hineinkuscheln´, dachte Barbie wehmütig und zog den Saum ihres Kleides höher, um ihre wohlgeformten Beine seinem Blick freizugeben.
„Magst du vielleicht auch von den Mandeln probieren, Barbie?“, fragte die Dame der Höhle und schob die Schale mit dem köstlichen Inhalt neben die Nuss-Schale. Barbie schüttelte den Kopf und wippte aufreizend mit dem Oberkörper. `Eingebildete Pute´, dachte Mauseline, aber man konnte sich die Nachbarschaft ja nicht aussuchen. „Ich persönlich esse auch lieber nur Nüsse. Aber unseren Männern werden die Mandeln wohl schmecken?“
„Her damit!“, rief Diddelmaus. Und die beiden Männer langten kräftig zu. Frau Diddel hatte sich in die Küche begeben, um frisches Wasser in die Karaffe zu füllen. Barbie war ihr gefolgt und gab den neuesten Klatsch zum Besten: „... außerdem bin ich mit Chelly auch nicht mehr zufrieden, schau dir nur meine Frisur an! Grausam! Neuerdings verwendet sie nur noch Blondierung ohne Oxidationsmittel, oder wie auch immer dieses Zeugs heißen mag, aber die Preise sind gleich geblieben. Müsste doch billiger sein, wenn was fehlt, oder?!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, redete sie in einem Schwall weiter, „... und krumme Geschäfte vermute ich bei Chelly auch! Auf ehrliche Art und Weise ist die doch niemals in der finanziellen Lage, sich so einen teuren Schlitten zu leisten. Ferrari mit Sonderlackierung! Na ja,“ sie zupfte ihr Dekolleté zurecht, „mich geht das ja schließlich nichts an.“
`Genau´, dachte Frau Diddel und trug die Karaffe in den Wohnraum.
Was fĂĽr ein Bild bot sich ihr hier? Ken und Diddel lagen regungslos auf dem Sofa!

. . .

Detektiv Conan schaute vom Bericht des Gerichtsmediziners hoch, nahm die Brille von seiner spitzen Nase und blickte Kommissar Rex nachdenklich an: „Ken und Diddelmäuserich haben eindeutig Bittermandeln verzehrt, Chef.“ Er streifte seine Krawatte glatt und lachte, „und die liegen einem nun mal bekanntlich nicht nur sehr schwer im Magen, sondern auch tödlich. Blausäure, HCN, Cyanwasserstoff, in Fruchtkernen, Amygdalin, und in Bittermandeln, sehr toxisch, es soll sich um gentechnisch veränderte Mandeln gehandelt haben, hohe Giftkonzentration.“
„Hm“, brummte Kommissar Rex, „jetzt weißt du auch, warum mir belegte Brötchen lieber sind als Hundekuchen, man erschnüffelt, was drauf ist.“ Er nahm Conan den Bericht ab und las leise vor: „... normalerweise hätten einsetzende Übelkeit und Erbrechen das weitere Verzehren der Bittermandeln verhindert... aber aufgrund des hohen Blausäuregehaltes... „
„Und was sagt mir deine Schnüfflernase?“ Unterbrach Conan seinen Chef.
„Frau Diddel ist eindeutig die Hauptverdächtige. Eifersucht. Bei Frauen stehen Beziehungstaten in der Statistik an oberster Stelle.“
„Aber dann wäre es doch logischer gewesen, wenn Frau Diddel Barbie und ihren untreuen Gatten ins Jenseits befördert hätte. Falls die Beiden überhaupt was miteinander hatten. Warum musste auch Ken dran glauben?“
Rex bellte kurz auf, das machte er immer, wenn sich seine grauen Zellen in Bewegung setzen mussten. „Vielleicht, weil er nicht scharf auf Frau Diddel war? Die Weiber sind doch irgendwie alle gleich, brauchen immer Komplimente, eine Bestätigung, aber dazu war Ken nicht der Typ. Das Problem ist nur, wir können Frau Diddel nicht nachweisen, wo sie die Bittermandeln her hat.“
Conan strich seinen schwarzen Anzug glatt: „Wir fanden in ihrer Höhle eine weitere Tüte Mandeln aus dem Kaufladen um die Ecke, aber die sind koscher. Überhaupt hat die Analyse ergeben, dass der gesamte Lagerbestand des Ladens ein genießbarer ist.“
„Na, dann lassen wir die Herrschaften dieses Kaffs mal hier antanzen, Conan. Zuerst Witwe Nummer eins, Frau Diddel.“
Dieser griff zum Telefonhörer und stöhnte: „Ich liebe diese Nachtschichten.“

. . .

„Warum sollte ich Ken umbringen? Und warum meinen Mann? Ich weiß nicht, wie diese Bittermandeln in unsere Höhle gekommen sind!“, Diddelmäuseline rannen dicke Tränen über das hellgraue Fell, „wir hatten immer einen großen Vorrat Mandeln und Nüsse im Haus. Nicht nur, wenn wir Gäste erwarteten.“
„Aber Sie selbst hatten keine Mandeln gegessen!“ Kommissar Rex biss herzhaft in ein Mortadellabrötchen, „und das, obwohl Sie immer eine große Menge in der Höhle haben?!“
„Mein Mann“, schluchzte Frau Diddel, „er aß Mandeln immer lieber als Nüsse, die Männer müssen ja nie so auf ihre schlanke Linie achten, aber ich ...“, ein Weinkrampf schüttelte die Mäuserin, „Barbie mochte ja auch keine Mandeln. Wie gut! Sonst wäre auch sie nicht mehr am Leben!“
„Aber Sie“, führte Rex seine Überlegungen weiter, „müssen auf ihre Linie achten, nicht wahr? Und Sie waren neidisch auf die schlanke Barbie, nicht wahr? Eine Barbie, die ihrem Mann gegenüber nie mit ihren Reizen geizte, nicht wahr? Das hier ist ein kleiner Ort, da spricht sich einiges rum.“
Frau Diddel putzte sich geräuschvoll die Nase: „Mein Mann war mir stets treu! Ich sagte immer zu ihm, Appetit holen kannst du dir woanders, aber gegessen wird zu Hause! Und daran hat er sich gehalten! Wir führten eine sehr humorvolle Ehe und kamen gut mit den Nachbarn zurecht“, sie senkte kraftlos den Kopf, „auch wenn man sich ja seine Nachbarn nicht aussuchen kann, aber wir kamen hier klar und waren zufrieden. Und nun lebt mein Diddelmäuserich nicht mehr!“ Abermals schniefte sie laut. „Wer hat uns das angetan? Wie soll ich Barbie unter die Augen treten? Auch sie hat ihren geliebten Ken verloren!“ Mauseline erhob sich: „Auf Klatsch und Tratsch habe ich noch nie was gegeben, und das sollten auch Sie nicht tun.“

. . .

„Chef, ich kombiniere! Nach diesem Auftritt so ganz in schwarzem Samt also nun Witwe Nummer zwei?“
Rex schüttelte den Kopf über seinen Mitarbeiter. „Ts ts, schwarzer Samt. In unserem Beruf sollte man sich von Äußerlichkeiten wirklich nicht beeinflussen lassen. Barbie ist übrigens vernehmungsunfähig, die hat sich zur Nervenberuhigung was spritzen lassen, ist halt eine zarte Seele. Na ja, weglaufen kann sie uns ja nicht, dann wollen wir uns mal dem Klatsch und Tratsch zuwenden.“

Chelly saß den beiden Kripomitarbeitern gegenüber und fuhr sich fahrig durch ihr blondes, kurzgeschnittenes Haar. Sie gähnte: „Herr Kommissar Rex, als Sie noch zu später Stunde bei mir zum Felltrimmen waren, da sah ich, wie Ken und Barbie zu den Diddels hinübergingen.“ Sie verdrehte die Augen. „Mein Gott, der arme Ken! So ein netter, zurückhaltender Mann.“
Rex bellte kurz. „Ist Ihnen sonst noch was aufgefallen. Andere Passanten?“
„Nur noch ein Bauarbeiter von der Playmobilbaustelle, der hantierte an seinem Kran herum, glaube ich. Äh, hören Sie, es war schließlich duster, und ich war müde.“
„Ja ja, klar, dunkel. Kennen Sie die Leute von der Baustelle?“ Conan hantierte wieder mit seiner Brille herum.
„Was habe ich mit den Baustellenleuten zu schaffen? Nichts!“
„Aber sie haben einen von denen gesehen, sagten Sie.“
Chelly fuhr sich wieder durch ´s Haar: „Ich nahm an, dass es einer von der Baustelle war, weil der am Kran hantierte. Aber kennen tu ich keinen. Wie gesagt, äh, die Dunkelheit.“
Rex schob Conan zur Seite: „Lass mal gut sein,“ und wandte sich an Chelly, „aber ihre Kunden werden Sie doch gut kennen. Frau Barbie und Frau Diddel zum Beispiel.“
„Frau Diddel ist sehr nett“, antwortete Chelly, „vielleicht ein bisschen hausbacken, aber ehrlich und angenehm. Das Herz auf dem rechten Fleck, wenn sie wissen, was ich meine, niemals würde ich dieser Frau einen Mord zutrauen. Und schon gar nicht den eigenen Mann! Okay, der Diddel war ein Charmeur, aber mehr auch nicht. Weiter ging der nie.“
Rex stelle die Ohren auf: „Weiter ging der nie? Nie bei ihnen? Und auch nie bei Frau Barbie?“
Empört wollte Chelly aufstehen, aber der Kommissar drückte sie sanft zurück. „In so einem Salon wird doch allerhand erzählt! Verschweigen Sie uns was? Und was ist mit den Leuten von der Baustelle?“
„Äh, ja nun, diese Bauleute sind ein wortkarges Volk und kommen nur selten in den Salon, aber Barbie“, begann Chelly stockend, „na ja, sie ist halt eine Eingebildete, und brüstete sich oft damit, wie die Männer ihr begehrende Blicke hinterher warfen, aber von einem Verhältnis mit Herrn Diddel weiß ich nichts. Und die Bauarbeiter waren ihr zu primitiv. Außerdem hatte sie doch ihren attraktiven Ken.“
„Mit dem Sie gerne angebandelt hätten?“ Conan stand auf und putzte seine Brille mit der Krawatte.
„Ich war nur der Meinung“, flüsterte Chelly, „dass Barbie zu dominant und oberflächlich für Herrn Ken sei. Irgendwie tat er mir leid. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen, weil es nicht mehr zu sagen gibt.“

Conan schaute ihr hinterher, wie sie mit ihrem Ferrari davonfuhr. „Sag mal, Rex, kannst du dir vorstellen, dass die mit ihrem Salon hier in dem kleinen Örtchen viel Kohle verdient? Die Kleine fährt nämlich ein klasse Auto.“
„Bei den Preisen“, nuschelte Kommissar Rex. „Die nutzt ihre Monopolstellung gründlich aus.“
Er kratzte sich hinterm Ohr. „Wenn Herr Diddel nichts mit Frau Barbie hatte, dann könnte auch sie aus verschmähter Liebe heraus zu dieser Tat fähig sein. Aber die Dame ist ja derzeit unpässlich. Ich hasse diese Beziehungstaten! Das ist mir alles viel zu psychologisch. Außerdem ist mir das Gehirnlabyrinth weiblicher Wesen immer suspekt. Kenne sich da einer aus!“ Er vertilgte das zweite Mortadellabrötchen in dieser Nacht und wühlte im Stapel der Computerausdrucke auf dem Schreibtisch herum.
„Denk an deine Linie“, belehrte Conan ihn, „sonst ist die Aussicht auf eine Frau Rex äußerst gering.“
Ein kurzes Aufbellen von Rex, der ein Schriftstück hochhielt: „Ich hab `s! Was sagst du dazu, dass wir es hier bestimmt gar nicht mit einer Beziehungstat zu tun haben?“ „Sondern?“ Canon suchte in seinen Anzugtaschen nach der Brille.
„Noch nie was von der `Bittermandel-Mafia´gehört? Wie bestritt Herr Diddel eigentlich seinen Lebensunterhalt?“
Conan runzelte die Stirn. „Laut Unterlagen arbeitete er draußen auf der Baustelle im Tunnelbau als Vorarbeiter.“
Rex sprang vom Stuhl runter: „Na, dann mal los! Meine Schnüffelnase kriegt Arbeit! Raus auf die Playmobilbaustelle!“ Conan hatte Mühe, hinterher zu sprinten, „da vergraben wir uns hier in weiblicher Psychologie, und nun präsentierst du mir hier diese `Bittermandel-Mafia´!“ `Mein Chef!´, stöhnte Conan innerlich, `doktert immer nur spontan an Vermutungen herum, anstatt sich um Indizien zu kümmern.´ „Diese Nachtschichten, da jagt man doch keinen Köter vor die Tür!“ ,fluchte Conan lautstark.
Rex blieb abrupt stehen und schaute seinen Kollegen mit funkelnden Augen an.
„Sorry, Chef, Hund meinte ich selbstverständlich.“

. . .

Während Rex seine Spürnase über das unwegsame Gelände der Baustelle führte, putzte Conan ständig seine Brille, damit er wenigstens etwas in dieser Dunkelheit erkennen konnte. „Chef, was hat es denn mit dieser Mafia auf sich? Wer sollte Interesse daran haben, diese Bittermandeln zu verkaufen? Und an wen?“
Der Kommissar blieb stehen. „Hier ist der Eingang zum Tunnel. Genaues weiß man nicht, aber die Vermutung liegt nahe, dass aus diesen Mandeln ein sogenanntes Bittermandelöl gewonnen wird – und für dieses ätherische Öl werden auf dem Schwarzmarkt hohe Preise erzielt. Eine Modedroge. Es soll eine kriminelle Organisation geben, die den Handel fest im Griff hat.“
Conan stolperte über ein Kranseil. „Aromatherapie! Die ist strafbar – ebenso Produktion und Anbau der benötigten Rohstoffe!“
„Pst, du wartest auf mich“, Conan sah nur noch den Schwanz von Rex, der sich bereits in den Tunnel geschlängelt hatte.
`Und so was hier? In diesem kleinen, harmlosen Ort?´, dachte Conan und zitterte, weil er fror.
Eigentlich hatte er sich seinen Dienst hier ein wenig beschaulicher vorgestellt, mal abgesehen von kleinen Dieben, die scharf waren auf diese bunten Baumaterialien der Legosiedlung. Und insgeheim hoffte er, dass es doch Barbie gewesen sein könnte, die aus verletzter Eitelkeit heraus gemordet hatte. Aber wo hatte sie dann diese Mandeln her? Conan zitterte. Diese Kälte.

War da nicht gerade ein Licht in Chellys Frisiersalon aufgeflackert?
Conan rieb sich die Augen und putzte abermals seine Brille an der Seidenkrawatte.
Er hatte richtig gesehen. Da! Wieder das Aufflackern eines Lichtscheines. Also beschloss er, der Sache nachzugehen und schlich sich seitwärts zum Auslagenfenster. Conan konnte nur noch sehen, wie Chelly ein Tablett mit Karaffen und Reagenzgläsern durch einen Vorhang zum hinteren Raum balancierte. Lediglich das Beiseiteschieben des Stoffes ließ erkennen, dass es dahinter hell war. Offenbar eine Kerze, deren Flamme vom Luftzug unruhig tänzelte.
Da spürte Conan plötzlich einen harten Druck auf seiner Schulter und fuhr erschreckt herum.
Erleichterung! Es war Kommissar Rex.
Der zog ihn zurück. „Hatte ich dir nicht gesagt, dass du am Tunneleingang auf mich warten sollst?!“
Rex hielt Conan eine Plastiktüte vor die Brille. „Rate mal, was hier drin ist!“
„Manno, musst du mich so erschrecken? Ich sah bei Chelly Licht und da dachte ich, dass ich... „
„Seit wann denkst du?“, brummte Rex, „und da dachtest du, heimlich die attraktive Chelly zu belinsen, stimmt´s ?! Das hier sind Bittermandeln! Und da unten gibt es ein noch viel größeres Warenlager von unschätzbarem Wert! Ob gentechnisch verändert oder nicht, wird das Labor uns sagen können“, er klopfte Conan wieder auf die Schulter. „Junge! Ich hatte den richtigen Riecher!“
„Und Chelly macht mit denen gemeinsame Sache! Ihr Salon ist die Produktionsstätte des Bittermandelöles,“ kombinierte Conan und erzählte seinem Chef von der Beobachtung.
„Quatsch!“ Rex bellte kurz auf, „diese Nähe zur Baustelle wäre viel zu gefährlich. Chelly mixt lediglich Fell- und Haarfarben zusammen.“ Er schaute beschämt zu Boden.
„Chef, willst du damit etwa sagen, dass dein Fell gefärbt ist?“
Der Kommissar klemmte sich die Tüte fester zwischen die Zähne und zischte, „muss ja nicht jeder in Amtsehren auch grau werden. Und nun schnappen wir uns den Bauarbeiter! Zwar nur ein kleiner Fisch, aber wenigstens ein Anfang umfangreicher Ermittlungen.“

. . .


„Ich konnte doch nicht wissen, dass die Diddels an dem Abend Gäste zum Essen hatten!“, jammerte der Playmobilbauarbeiter und wischte sich seine schmutzigen Hände am blauen Overall ab, „der Diddel, der Diddel sollte sie nur essen, dieses Schwein, der wollte mich verpfeifen, hatte mein Bittermandel-Lager im Tunnel entdeckt. Warum musste der auch wie eine Wühlmaus überall seine Nase reinstecken! Ich konnte es nicht riskieren, dass der mir mein Geschäft kaputtmacht, da habe ich ihm eine Ration dieser Mandeln in seine Fressdose getan. Aber auf der Baustelle hat der nichts davon angenagt, muss sie Zuhause zu den Vorräten gelegt haben!“

Kommissar Rex bellte wieder kurz und Conan setzte sich seine Brille auf die spitze Nase. „Conan, dir ist wohl klar, wir werden auch morgen Nacht noch einiges zu tun haben.“
Detektiv Conan riss die Augen auf. „Wir beide alleine gegen die `Bittermandel-Mafia´?“
Und Rex ließ die Handschellen um die Gelenke des Bauarbeiters klicken. „Du kannst uns auch noch behilflich sein, mein Freundchen, das bringt mildernde Umstände, wenn wir mit deiner Hilfe die großen Dealer schnappen werden!“ ,und fletschte seine Zähne.

. . .

Chelly schloss hektisch die Salontür ab, schaute sich vorsichtig nach allen Seiten um und verstaute eilig die Tüte mit den verkorkten Flaschen im Kofferraum ihres Autos. Eilig lenkte sie ihr Gefährt in Richtung Legosiedlung, wo sich ein Labor angesiedelt hatte im neuen Industriegebiet. Dort lieferte sie das Mandelöl ab. Der Bauarbeiter hatte ihr in einer schwachen Stunde erzählt, dass dort das Öl mit synthetischem Bittermandelöl gestreckt werde, um die Gewinnspanne zu erhöhen.
`Nur noch diese eine Lieferung´, dachte Chelly, obwohl das heute Nacht sehr riskant war, `und dann werde ich Barbie einen Wohnwagen vor die Nase setzen, dass diese vor Neid erblassen wird.´

. . .

Der achtjährige Kevin verließ ausgeschlafen sein Bett, als der Wecker um sieben klingelte. Fröhlich schien die Sonne ins Kinderzimmer und tauchte den Raum in ein warmes orange. Sein Spielzeug jedoch legte sich zum Schlafen hin.


Anne Zeisig

















Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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