Honigfalter
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April 2003
Yogya – The Next Generation
von Fran Henz


Yogyakarta – im Traveller-Slang nur Yogya (sprich Dschoggdscha) genannt - ist eine der Touristendrehscheiben in SĂŒdostasien. Gerne als StĂŒtzpunkt fĂŒr Touren zum Prambanan und Borodbudur gewĂ€hlt, entfaltet diese Stadt auf Java ein ganz eigenes Flair. Fahrradrikschas quetschen sich an stauenden Autos, die den europĂ€ischen TÜV schon vor zehn Jahren nicht mehr bestanden hĂ€tten, vorbei. Ampeln werden grundsĂ€tzlich nur als Dekorationsobjekt wahrgenommen, auch gelegentliches Ausweichen auf die – im wahrsten Sinne des Wortes - gegnerische Fahrbahn, lĂ€sst den meist weißen Touristen noch zusĂ€tzlich erblassen. Das am hĂ€ufigsten gesehene GefĂ€hrt ist das Motorrad, damit können Staus auch problemlos auf dem Gehsteig – so vorhanden – umwunden werden.
Es gibt einen Bahnhof, der die Traveller von der Hauptstadt Jakarta herbringt. Bahnfahren in Indonesien hat einen eigenen Reiz, in der ersten Klasse gibt es sogar BordmenĂŒs wie in Flugzeugen, nur auf die dort ĂŒblichen SpuktĂŒten wurde vergessen, was sich in gelegentlich als Nachteil erweisen kann.
Ein Inside-Traveller benĂŒtzt natĂŒrlich nicht die Bahn, sondern die Überlandbusse, von Yogya nach Bali dauert die Fahrt samt FĂ€hre nur lĂ€cherliche 18 Stunden, die durch an Bord gezeigte Videos, Chinesisch mit indonesischen Untertiteln, verkĂŒrzt werden. Wenn man GlĂŒck hat, legt der Fahrer vielleicht sogar Karaoke Videos zum Mitsingen ein, was bei den Einheimischen sehr gut ankommt, vor allem bei langen Nachtfahrten. Tickets fĂŒr Busse sind billiger als fĂŒr die Bahn, Kinder bis 10 Jahre reisen bei beiden gratis, aber ohne Anspruch auf einen eigenen Sitzplatz. Was besonders am Ende des Ramadans, wenn das ganze Land auf den Beinen ist, um seine Verwandten zu besuchen, einen raschen und problemlosen Kontakt zur Bevölkerung herstellt.
In Yogya gibt es alle Arten von UnterkĂŒnften, von Luxushotels bis zu GruppenschlafrĂ€umen mit Holzpritschen, indonesisch Losmen. Beliebt sind „Guesthouses“, die nicht nur ĂŒber einen gewissen Standard, sondern auch ĂŒber gerĂ€umige Innenhöfe mit Brunnen und liebevoll gepflegten exotischen Pflanzen verfĂŒgen. Ebenso liebevoll werden diverse Singvögel gepflegt, die in malerisch drapierten HolzkĂ€figen darauf warten, dass ein vorbeigehender Tourist seinen Finger in den KĂ€fig steckt und „hey, birdie“ sagt. Die Rache der Tierchen besteht darin, den Sonnenaufgang zu besingen - noch bevor der stĂ€dtische Muezzin seine Stimme via Lautsprecher ĂŒber die Stadt hallen lĂ€sst.
Auf der Jalan Malioboro, dem Boulevard von Yoga gibt es alles, was das Herz begehrt. Von der falschen Rolex bis zu echten Swatch, von GarkĂŒchen bis Fastfood, Schals von Vallentino, Taschen von Wuitton, Parfums von Gartier; Silberschmuck, der garantiert nicht schwarz wird; Schuhe in allen Farben und Formen – bis GrĂ¶ĂŸe 38. Klimatisierte LuxuskaufhĂ€user wechseln sich mit offenen Verkaufshallen ab.
In den HauseingĂ€ngen sitzen und liegen Bettler. Einbeinig, zahnlos, verkrĂŒppelt halten sie ihre TonschĂŒsseln den Touristen entgegen, die nach einem Blick auf die ausgemergelten Körper ein paar MĂŒnzen aus den Taschen ihrer Khakishorts kramen. Ja, das Elend ist schon bedrĂŒckend.
„Franz, hast du die coole Lederjacke dort drĂŒben gesehen, umgerechnet keine 20 MĂ€use?“
„Where are you from? Australia, France, Germany? ‘specially for you. Lady, schauen, gut Quality ...“
„Transport? Need transport? Hotel? Prambanan? Tomorrow? Domani?”
“Stop, looking free, stop.”
“Mensch, Kalle, die Tante da drĂŒben is’ Zucker, was meinste 
 geht bei der was?“
„Du glaubst, das kann man essen ... iiiih ....“
„Boah, schau mal, die neue Robby Williams Cd ...“
„Naa, Alex, es gibt koa Eis. Morgn fahrn ma mitm Bus nach Bali, da kannst net Scheißerei haben ...“
„San die Gamboy Spiele for use in Germany? How much 
 was kosten 
?

Zu spĂ€ter Stunde werden StĂ€nde des Nachtmarkts abgebaut. Die Touristen liegen je nach Reisebudget auf weichen Daunen oder harten Pritschen. Die letzten Rikschafahrer strampeln ihre GefĂ€hrte heimwĂ€rts. Nur die Bettler sitzen noch in den HauseingĂ€ngen. Sie starren auf den breiten Boulevard. Eine Sedanlimousine hĂ€lt am Straßenrand. Drei junge MĂ€nner steigen aus. Sie gehen hinĂŒber zu dem Bettler, zwei von ihnen heben ihn hoch und tragen ihn zum Wagen. Der dritte zĂ€hlt die MĂŒnzen, bevor er sie in ein StoffsĂ€ckchen schĂŒttet.
„Nicht soviel wie gestern“, denkt er. „Morgen mĂŒssen wir Opa frĂŒher herbringen, damit er einen besseren Platz kriegt.“ Schließlich hat er seiner Freundin schon lange den Trip nach Singapur versprochen.


© Fran Henz

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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