Yogyakarta – im Traveller-Slang nur Yogya (sprich Dschoggdscha) genannt - ist eine der Touristendrehscheiben in Südostasien. Gerne als Stützpunkt für Touren zum Prambanan und Borodbudur gewählt, entfaltet diese Stadt auf Java ein ganz eigenes Flair. Fahrradrikschas quetschen sich an stauenden Autos, die den europäischen TÜV schon vor zehn Jahren nicht mehr bestanden hätten, vorbei. Ampeln werden grundsätzlich nur als Dekorationsobjekt wahrgenommen, auch gelegentliches Ausweichen auf die – im wahrsten Sinne des Wortes - gegnerische Fahrbahn, lässt den meist weißen Touristen noch zusätzlich erblassen. Das am häufigsten gesehene Gefährt ist das Motorrad, damit können Staus auch problemlos auf dem Gehsteig – so vorhanden – umwunden werden.
Es gibt einen Bahnhof, der die Traveller von der Hauptstadt Jakarta herbringt. Bahnfahren in Indonesien hat einen eigenen Reiz, in der ersten Klasse gibt es sogar Bordmenüs wie in Flugzeugen, nur auf die dort üblichen Spuktüten wurde vergessen, was sich in gelegentlich als Nachteil erweisen kann.
Ein Inside-Traveller benützt natürlich nicht die Bahn, sondern die Überlandbusse, von Yogya nach Bali dauert die Fahrt samt Fähre nur lächerliche 18 Stunden, die durch an Bord gezeigte Videos, Chinesisch mit indonesischen Untertiteln, verkürzt werden. Wenn man Glück hat, legt der Fahrer vielleicht sogar Karaoke Videos zum Mitsingen ein, was bei den Einheimischen sehr gut ankommt, vor allem bei langen Nachtfahrten. Tickets für Busse sind billiger als für die Bahn, Kinder bis 10 Jahre reisen bei beiden gratis, aber ohne Anspruch auf einen eigenen Sitzplatz. Was besonders am Ende des Ramadans, wenn das ganze Land auf den Beinen ist, um seine Verwandten zu besuchen, einen raschen und problemlosen Kontakt zur Bevölkerung herstellt.
In Yogya gibt es alle Arten von Unterkünften, von Luxushotels bis zu Gruppenschlafräumen mit Holzpritschen, indonesisch Losmen. Beliebt sind „Guesthouses“, die nicht nur über einen gewissen Standard, sondern auch über geräumige Innenhöfe mit Brunnen und liebevoll gepflegten exotischen Pflanzen verfügen. Ebenso liebevoll werden diverse Singvögel gepflegt, die in malerisch drapierten Holzkäfigen darauf warten, dass ein vorbeigehender Tourist seinen Finger in den Käfig steckt und „hey, birdie“ sagt. Die Rache der Tierchen besteht darin, den Sonnenaufgang zu besingen - noch bevor der städtische Muezzin seine Stimme via Lautsprecher über die Stadt hallen lässt.
Auf der Jalan Malioboro, dem Boulevard von Yoga gibt es alles, was das Herz begehrt. Von der falschen Rolex bis zu echten Swatch, von Garküchen bis Fastfood, Schals von Vallentino, Taschen von Wuitton, Parfums von Gartier; Silberschmuck, der garantiert nicht schwarz wird; Schuhe in allen Farben und Formen – bis Größe 38. Klimatisierte Luxuskaufhäuser wechseln sich mit offenen Verkaufshallen ab.
In den Hauseingängen sitzen und liegen Bettler. Einbeinig, zahnlos, verkrüppelt halten sie ihre Tonschüsseln den Touristen entgegen, die nach einem Blick auf die ausgemergelten Körper ein paar Münzen aus den Taschen ihrer Khakishorts kramen. Ja, das Elend ist schon bedrückend.
„Franz, hast du die coole Lederjacke dort drüben gesehen, umgerechnet keine 20 Mäuse?“
„Where are you from? Australia, France, Germany? ‘specially for you. Lady, schauen, gut Quality ...“
„Transport? Need transport? Hotel? Prambanan? Tomorrow? Domani?”
“Stop, looking free, stop.”
“Mensch, Kalle, die Tante da drüben is’ Zucker, was meinste … geht bei der was?“
„Du glaubst, das kann man essen ... iiiih ....“
„Boah, schau mal, die neue Robby Williams Cd ...“
„Naa, Alex, es gibt koa Eis. Morgn fahrn ma mitm Bus nach Bali, da kannst net Scheißerei haben ...“
„San die Gamboy Spiele for use in Germany? How much … was kosten …?
Zu später Stunde werden Stände des Nachtmarkts abgebaut. Die Touristen liegen je nach Reisebudget auf weichen Daunen oder harten Pritschen. Die letzten Rikschafahrer strampeln ihre Gefährte heimwärts. Nur die Bettler sitzen noch in den Hauseingängen. Sie starren auf den breiten Boulevard. Eine Sedanlimousine hält am Straßenrand. Drei junge Männer steigen aus. Sie gehen hinüber zu dem Bettler, zwei von ihnen heben ihn hoch und tragen ihn zum Wagen. Der dritte zählt die Münzen, bevor er sie in ein Stoffsäckchen schüttet.
„Nicht soviel wie gestern“, denkt er. „Morgen müssen wir Opa früher herbringen, damit er einen besseren Platz kriegt.“ Schließlich hat er seiner Freundin schon lange den Trip nach Singapur versprochen.