Bitte lächeln!
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April 2003
Ein Bus nach Bozen
von Timothy McNeal


"Ci accarezziamo tutto il santo giorno, vero?"
"Ma di certo, mio tresoro."
"Anque quando sarò grande?"
"Naturalmente, amor mio."
"E quando sarèmo morti?"
"Anche allora."
"Ordineremo una tomba in cui c´è spazio per noi tutti insieme, per la mamma, per te e per me tra di voi?"
"Si, ed allora continueremo ad accarezzarci per sempre."

Die beiden Männer saßen auf der Bank bei der Bushaltestelle.
Der größere von beiden, der mit dem hellen Haar, trug graue Hosen, ein weißes Hemd und die landesübliche blaue Schürze; der andere, mit schwarzem Haar, hatte einen Anzug aus blauem Denim an.
Beide lasen Zeitung.
Ein Beobachter, des Deutschen wie des Italienischen gleichermaßen mächtig, hätte bemerkt, dass sich die Schlagzeilen in beiden Zeitungen sehr ähnelten. Irgendein Denkmal war in die Luft gesprengt worden, ein Offizier der Carabinieri war bei einer Schießerei an der Grenze verwundet worden. Wie gewöhnlich warf man sich gegenseitig die Schuld an den Geschehnissen vor.
Die Gesichter der beiden Männer zeigten, dass sie mit großer Anteilnahme lasen. Von Zeit zu Zeit zog einer die Augenbrauen hoch, mahlte der andere mit seinen Kiefern; sie bewewgten sich unruhig auf der Bank hin und her, bliesen den Rauch ihrer Zigaretten in diese Richtung und jene.
Nachdem sie aufgehört hatten zu lesen, legten beide ihre Zeitungen gefaltet auf die Bank, rechts von sich der Größere, zu seiner Linken der Schwarzhaarige mit der dunkleren Gesichtsfarbe, so dass beide Zeitungen nun genau in der Mitte zwischen den Männern lagen.
Sie hoben ihre Köpfe und sahen auf zu den Bergen.
Es war still, die Stunde nach dem Kirchgang, wenn die meisten Männer bei einem Roten in der Trattoria saßen.
Die beiden auf der Bank sahen sich nicht an, rauchten schweigend.
Nachdem sie eine ganze Weile so gesessen hatten, erschien eine Gruppe von Jungen auf der Piazza gegenüber der Haltestelle und begann, Fußball zu spielen. Sie offenbarten einen wahren Spielrausch, die Umwelt schien für sie nicht zu existieren.
Einmall rollte der Ball über die Straße auf die Haltestelle zu; automatisch versuchten beide Männer, ihn zurückzuspielen, verfehlten ihn aber, er verschwand in der Wiese hinter der Bank. Ein Junge - zehn, zwölf, vielleicht - eilte über die Straße, suchte den Ball. Er hatte leuchtend blaue Augen und schwarzes Haar; seine Bewegungen erinnerten an eine verwilderte Haus-
katze. Als er den Ball gefunden hatte, kickte er ihn zur Piazza zurück; er flog hoch über die Bank, seine Flugbahn ähnelte einer ballistischen Kurve. Der Junge rannte zurück und sprang zwischen den beiden Männern über die Bank. Er schien die Erwachsenen gar nicht wahrzunehmen.
Eine Sekunde lang, vielleicht, sahen die Männer sich an; sie lächelten.
Beide holten Zigaretten hervor; sie zögerten, doch dann hielt jeder dem anderen seine Schachtel hin. Beide akzeptierten das Angebot, zündeten ihre Zigaretten an, rauchten ohne zu sprechen, lächelten immer noch.
Wiederum rollte der Ball auf die Bank zu, aber bevor er die Männer erreichte, war derselbe Junge gekommen, ihn zu holen. Auch die Straße schien er nicht wahrzunehmen.
Als der Ball zum dritten Mal in die Wiese geschossen worden war, sahen die beiden Männer auf. Das Geräusch des sich nähernden Buses kam um die Ecke. Sie sprangen auf, schrien laut, um den Jungen davon abzuhalten, erneut kopflos die Straße zu überqueren, doch dieser war schon losgerannt. Als er den Bus bemerkte, schien er sich der Gefahr automatisch bewusst, denn er drehte sich noch im Sprung, machte einen Satz nach rückwärts; er hatte sogar noch Zeit, die beiden Männer anzugrinsen, die sich wieder auf die Bank fallen ließen.
Dort saßen sie immer noch, bewegungslos, als der Bus schon längst abgefahren war, nach kurzem Halt.
Und hätte man nicht gedacht, dass sie auf ihn gewartet hatten?
Sie lehnten sich zurück, atmeten hörbar aus; zerstreut ergriffen sie nach einer Weile ihre Zeitungen, schlugen sie auf, schienen erstaunt; es hatte den Anschein, als wollte jeder die Zeitung, die er ergriffen hatte, dem anderen reichen.
Sie zuckten mit den Schultern, endlich, und fuhren fort, in der Zeitung zu lesen, die sie soeben aufgenommen hatten.

(c) Timothy McNeal



Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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