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August 2003
Rita und ich
von Klaus Schmeing


Mein Leben hat sich verändert. Bin nicht mehr der ich war.
Seh die Welt mit anderen Augen.
Dabei hab ich erst vorletzten Monat noch ein komplett normales Leben geführt.
Aber, "Normal", ...was ist das schon?

Hab eine interessante Dame kennen gelernt.
Rita heißt sie! Rita Hainbauer.
Allein der Name, lässt man ihn sanft über die Lippen gleiten, steht schon für Weiblichkeit. Für Anmut. Erotik?

War alles ganz einfach. Eine alltägliche Situation.
Im Lebensmittelgeschäft, an der Kasse. Fiel ihr ein Liter Milch vom Band. Hat sich danach gebückt. Ich kam ihr zuvor. Hob es auf. Gab es ihr.
Ein Blick, ein Lächeln...
Bedankt hat sie sich. „Keine Ursache!„ hab ich gesagt. Anschließend hat sie bemerkt wie schwer ihre Einkaufstasche ist.
Ich brachte sie ihr zum Wagen. Kamen ins Gespräch. Sie lächelte.
Fragte mich, ob ich immer so charmant sei.
Hab ich selbstverständlich bejaht. Allerdings mit ironischem Unterton.
Sie meinte, wolle gern etwas kosten von diesem Charme. Hat sich verabredet mit mir.
Trafen uns noch am selben Abend im Cafe meines Hotels. Kamen ins Schwafeln. Der Abend wurde lang. Wurde zur Nacht. Doch die Zeit verging schnell.
Viel zu schnell.

Entschuldigung. Vergas mich vorzustellen. Bin beruflich viel unterwegs. War deshalb damals hier, in Schneizlreuth. Bin Außendienstler eines großen Hauses für Herrenmode. Unsere Firma ist beheimatet in Österreich. Also nahe der Grenze.
Kam her um Verträge zu schließen mit deutschen Textilhäusern.
Deshalb war ich hier, als wir uns begegnet sind.
War untergebracht im Hotel. Fahre seitdem regelmäßig nach Schneizlreuth.
Immer wieder ins selbe Haus. Alle paar Tage.

Inzwischen haben wir unseren Stammplatz im Cafe. Rita und ich. Verbringen auch viel Zeit auf dem Zimmer. Kuscheln und schmusen. Schlafen miteinander, ganz oft.
Wer Rita ist?
Eine elegante Frau. 42 Jahre jung. Gereift. Weiß genau was sie will.
Im Ãœbrigen: Wir sind Arbeitskollegen.
Sie hat mal in Damenmoden gemacht. War jahrelang Geschäftsführerin in einer Filiale eines internationalen Konzerns.
Leider hat dieser unerwartet finanzielle Schlagseite gekriegt. Personal musste entlassen werden. Sie wurde arbeitslos.
Inzwischen ist der Konzern in Konkurs. ...oder "Insolvenz", wie man es heute nennt. Ein Opfer der Rezession.
Rita ist arbeitslos. Nutzte diese Zeit um zurück zu kehren ins elterliche Haus. Wohnt jetzt auf deren Hof.
Als sie noch Arbeit hatte, lebte sie in Bad Reichenhall.
Jetzt lebt sie hier. Unsere Begegnung fand statt, als sie gerade ihr altes / neues Heim hergerichtet hat.
Schade, das sie keine Arbeit hat. Hat aber auch wieder gute Seiten.
Wären einander sonst nie begegnet.

Die letzten Wochen waren wirklich schön. Möchte diese Zeit nicht missen. Hat viel gemacht mit mir. Mein Denken verändert. Sehe das Leben nun mit anderen Augen. Genieße die Kostbarkeit des Augenblicks.
Rita inspiriert mich. Gibt meinem Leben Drall. Fahre seither mindestens ein mal die Woche hier her. Quartiere mich ein ins Hotel. Und wenn es nur für eine Übernachtung ist. Dann treffen wir uns.
Eine stürmische Umarmung. Ein zärtlicher Kuss. Tiefer Blick in die Augen. Freude über die Gemeinsamkeit. Trauer, wenn die Zeit vorüber ist.
Habe sie gefragt, ob sie sich eine gemeinsame Zukunft vorstellen kann. Nein das wolle sie nun doch nicht, hat sie mir gesagt.
Sei Single mit Leidenschaft. Möchte sich nicht binden. Bleibt ihr eigener Herr. Entschuldigung, ihre eigene Frau.
Genießt das Leben in vollen Zügen. Nutzt die Zeit der Arbeitslosigkeit um sich innerlich zu befreien. Bewirbt sich aber ständig weiter. Ist fester Überzeugung bald einen neuen Job zu haben.
Ist immerhin hoch qualifiziert. Hatte eine tragende Aufgabe gehabt. Insofern hervorragende Referenzen vor zu weisen.
Sie setzt auf Karriere. Lässt Männer nur an den Rand ihres Lebens.
Ob auch nur an den Rand ihres Herzens?
Bin mir gar nicht so sicher, denke ich an ihren glühenden Blick, wenn wir uns wiedersehen.
An die zärtliche Umarmung. Legt sacht, aber doch fordernd ihre Arme um meinen Hals. So als wolle sie mir damit sagen: „Du bist meins!„
Fühl mich Daheim, wenn der Hauch ihres Parfüms mich umfliegt.

Rita sagt immer, das sie gar keine feste Beziehung will. Ist ihr genau recht so, wie es ist. Ich sei ihre Muse, meint sie ganz oft. Würde einen neuen Akzent in ihrem Leben setzen.
Sie inspiriert mich. Fühl mich kraftvoll durch sie. Hab Kribbeln im Bauch und Kraft in den Armen.
Geh ich durch die Innenstadt, denk ich andere Menschen sehen mir an wie es mir geht. Hab den Eindruck, übe eine gewisse Ausstrahlung auf sie aus. Fühl mich beobachtet von all denen. Als seien sie von mir erstaunt.
Hab das mal Rita erzählt. Sie sagt, es ginge ihr genau so. Hat sich ein sommerliches Kleid gekauft in dieser Laune. Ist damit durch die Stadt stolziert. Hat es allen gezeigt. Steht ihr auch gut, dieses Kleid. Betont ihre Waden, da wo es endet.

Diese Frau, und diese einzelnen Tage mit ihr, beflügeln mich. Geht mir alles leicht von der Hand. Beruflich bin ich oben auf. Hab letzten Monat einen großen Vertrag abgeschlossen. Ging direkt um einen sechsstelligen Betrag. Mein Chef hat nicht schlecht gestaunt. Die Provision konnte sich sehen lassen.
Hab einen Teil davon zurück gelegt. Werde in Urlaub fliegen mit Rita.
Fliegen gemeinsam an die Costa Brava. Ist schon gebucht: Geht los in vier Wochen.
Mensch, hat sie sich gefreut als ich ihr das Ticket gab.
Höre noch heut ihre Stimme: "Laue Sommerluft! Weißer Strand. Nur du und ich. Lieben uns im Sand. Nur der Mond schaut uns zu!"

Ich habe kein Foto von ihr dabei. Tut mir sehr leid, würde ich sie doch so gern bei mir tragen wenn ich zu Hause bin.
Hab aber etwas Anderes dafür. Sie hat mir eine Kette geschenkt. Ein kleines Amulett daran. "Ein Talisman", wie sie sagt.
Trage es ständig um den Hals. Trage es im Herzen. Denke immer zu an sie.

Neulich war ich bei ihren Eltern auf dem Hof. Bin vorgestellt worden als "ein Bekannter". Wie gesagt ist Rita Single durch Überzeugung. Wird sich daher hüten ihren Eltern einen potentiellen Schwiegersohn zu präsentieren.
Ihre Eltern sind nett. Liebe Leute fortgeschrittenen Alters. Sehr gastfreundlich. Haben gemeinsam zwei Flaschen Wein leer gemacht. Richtig amüsant wurde es dann, als der Vater zur Gitarre griff.
Hat mich abends auf der Terrasse gefragt, ob ich seine Tochter nicht überzeugen könne vielleicht doch eine feste Beziehung einzugehen.
Ist der Meinung, es täte ihr gut.
Hab ihn gefragt, weshalb er der Meinung sei. Daraufhin bekam ich die Antwort, es hätte mal einen Mann an ihrer Seite gegeben. Drei Jahre lang und sehr intensiv. Vor geplanter Hochzeit jedoch hätte sich heraus gestellt, er hat die ganze Zeit über was mit einer Anderen gehabt. Darauf hin hat sie die Hochzeit abgesagt. Sei seither verschlossen, wenn es um feste Beziehung geht.
Sei schwer verletzt, innerlich. Hätte einen Stachel im Kreuz, wie er es nannte.
Ging mir nicht gut, als ich das so gehört hab.
Bin in darauffolgender Zeit in der Heimat geblieben. Kam nicht her.
Schließlich zog mich die Sehnsucht dann doch zurück nach Schneizlreuth.
War ein stürmischer Empfang.
Umarmungen, Blicke und Küsse - die ganze Nacht.
Ich sehe es vor mir, als sei es gerade geschehen.
Liegen beide zufrieden im Bett. Ich rauche eine Zigarette, sehe an die Decke. Sie liegt nackt neben mir. Auf die Seite gedreht. Sieht mich an.
Ich frage: "Willst du wirklich ungebunden sein?"
"Natürlich!" kommt es von ihr.
"Na, das hörte sich vor einer halben Stunde noch ganz anders an!"
"Wieso? Ich hab doch gar nichts gesagt."
"Gesagt hast du nichts! Aber die Laute, die du von dir gegeben hast, sprachen eindeutig dafür das du mehr willst. Das du es öfter willst!"
Lachend, einwenig ertappt wirkend, haut sie mir ein Kissen um die Ohren: "Du spinnst!"
Es entsteht eine wilde Kissenschlacht. Wir kugeln uns durch das Weich des Bettes. Plumpsen schließlich an einer Seite hinab. Reiben uns die Köpfe, da wo wir sie uns gestoßen haben. Nehmen uns den Wein. Trinken ihn direkt aus der Flasche heraus.

Ich weiß: Hört sich alles sehr langwierig an, bedenkt man doch die Tatsache das Rita erst vier Wochen bei ihren Eltern wohnt. Aber unsere Beziehung ist sehr intensiv. Ist verdammt viel passiert in der kurzen Zeit.

Mit Rita bin ich wieder vierzehn. Wie ein Teenager fühl ich mich. So unbeschwert. Sie sagt das Selbe von sich. Genoss jede Sekunde zu zweit. Hand in Hand durch das Städtchen. In lauer Sommerluft im Biergarten. Turtelnd und kuschelnd wie ein festes Paar.
Umso schwerer jedes mal der Abschied.

Bin jetzt zur Zeit wieder bei mir zu Haus.
Packe meine Koffer. Fahre gleich wieder los nach Schneizlreuth.
Das Hotel ist gebucht. Rita informiert.
Die Fahrt wird nicht lang sein. Die Strecke ist mir inzwischen gut bekannt.
Heut Abend bereits liegen wir wieder einander im Arm.
Offiziell bin ich natürlich, wie immer, dienstlich unterwegs.
Hab ich meiner Frau so gesagt.
Für sie wurde unsere Ehe zur Alltäglichkeit.
Hinterfragt das alles nicht mehr.
Ist so normal für sie, das ich bei ihr bin.
Meine Frau versteht mich schon lange nicht mehr.
Darum hab ich ihr auch gesagt, will in vier Wochen allein in den Urlaub.
Erzähle ihr von Rita nichts.
Denke, sie würde das alles auch gar nicht verstehen.

(c) Klaus - A. Schmeing

Letzte Aktualisierung: 27.06.2006 - 10.41 Uhr
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