Unsere Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print bietet die neun besten Geschichten eines jeden Quartals aus unserem Mitmachprojekt. Dazu Kolumnen, Infos, Reportagen und ...
âOh, wie langweilig es hier istâ, beschwert sich Rocky, âich will was erleben und nicht nur den ganzen Tag in der Sonne sitzen, Rotwein schlĂŒrfen und KĂ€se schlemmenâ, verkĂŒndet er seinen Freunden. Und schon ist er auf und davon. Er will zum Hafen
âIch suche mir ein Schiff â denkt er bei sich und schwört: âIch werde die kĂŒhnsten Abenteuer erleben!â
Am Kay angekommen sieht er gerade wie ein Schiff mit Proviant beladen wird. Die MĂ€nner tragen schwere SĂ€cke und rollen FĂ€sser in den Rupf des Schiffes. Auch einige Kisten werden verladen. In einer dieser Kisten ist ein kleines Loch, gerade groĂ genug, dass Rocky hineinschlĂŒpfen kann.
So wird Rocky ein Seefahrer. Jeden Tag gibt es etwas Aufregendes und vor allem ist genug zu essen da. Nach einigen Monaten gehen die VorrĂ€te langsam zu Ende und Rocky muss sich in die KombĂŒse wagen, um noch etwas zu bekommen. Es ist eine laue Sommernacht und alle TĂŒren stehen weit offen. Vorsichtig schleichr er zwischen Tellern und Bechern Richtung Herd, wo ein groĂer Kessel steht. âOh wie lecker!â, sagt Rocky zu sich und kletterte die Kelle entlang in den Kessel. Er schlĂ€gt sich den Bauch voll, dass er sich kaum noch bewegen kann. Die Kelle senkt sich schon verdĂ€chtig nach unten. Da plötzlich tauchen zwei Augen ĂŒber dem Kesselrand auf. So schnell ihn seine Beine tragen können, rennt er davon. Schnell hinter das Regal mit Pfannen und Töpfen. Doch das Regal wird aus der Halterung gerissen und da fliegt ein Messer genau auf ihn zu. Autsch, es tifft genau den Schwanz von Rocky. Der Smutje klatscht zufrieden in die HĂ€nde. Doch staunt er nicht schlecht, als die Maus trotzdem flieht und die Jagd weiter geht. Alles fliegt wild durcheinander. John hat inzwischen die TĂŒr geschlossen, um eine Flucht zu verhindern. Da wird sie wieder aufgerissen und Rocky, mit nur noch einem Stummel von Schwanz, entwischt.
Der KapitĂ€n steht breitbeinig in der TĂŒr: "Was ist denn hier los?" fragt er barsch.
"Eine Maus, KĂ€ptn, eine Maus! Ich hab sie fast gehabt!â, keuchte der Koch völlig aus der Puste, âMachen sie schnell die TĂŒr zu, sonst haut das Biest noch ab!" Der SeebĂ€r schliesst die TĂŒr, doch Rocky ist schon hinaus. Er hört noch, wie sie eine Weile gemeinsam suchen.
"Ich glaub, ihr habt zu viel Rum getrunken, hier ist nicht die kleinste Maus zu finden. Sieh zu, dass wieder Ordnung hier reinkommt und deine Ration Rum wird bis auf Weiteres halbiert!â beschlieĂt KĂ€pten Bown und geht hinaus. Der Koch stampfte mit dem FuĂ auf den Boden: "Dieses Mistvieh, wo hat es sich nur verkrochen? Ich krieg dich schon noch und dann Gnade dir Gott!"
Rocky entschlieĂt sich dem KapitĂ€n in die KajĂŒte zu folgen und hofft, dort eine neue Bleibe zu finden. Ein paar Essensreste könnte er da bestimmt abstauben. FĂŒr die MannschaftsrĂ€ume schien die Gefahr entdeckt zu werden zu groĂ. Wer weiĂ schon, was sie dann mit mir machen wĂŒrden. Nicht auszudenken diese herzlose Bande. Dann doch lieber die KajĂŒte von Mr Bown. Er suchte sich eine ruhige Ecke unter der Koje. Das Stroh aus der Matratze ist hervorragend geeignet fĂŒr ein gemĂŒtliches Lager. So abenteuerlich hatte sich Rocky den Ausflug in die KombĂŒse nicht vorgestellt. Um eine halbe SchwanzeslĂ€nge war er nun kĂŒrzer, aber er ist noch am Leben, nur das zĂ€hlt.
Am nĂ€chsten Abend beschlieĂt Rocky die KajĂŒte des EinĂ€ugigen zu erkunden. Der Mond scheint durch das Bullauge und wirft ein fahles Licht auf die Möbel. In der Koje schnarcht es bereits. Also auf zu neuen Abenteuern! Vielleicht hat der KapitĂ€n noch etwas von seinem Abendessen auf dem Tisch ĂŒbrig gelassen? Flink klettert die Maus hinauf und tatsĂ€chlich, ein Holztablett mit frischem Obst. Feierlich lĂ€Ăt sie sich zu einem Schmaus nieder. Ein paar Rollen Pergament, die nach Tinte riechen und ein seltsames GerĂ€t aus Messing liegen noch auf dem Tisch. Da, ein Fass mit Tinte und einer Feder. Und was ist da in dem Becher drin? Einladend liegen einige BĂŒcher auf dem Tisch und Rocky kann wie auf einer Treppe den Becher erreichen. Er genehmigt sich einen krĂ€ftigen Schluck dieses leckeren GetrĂ€nks. Doch es hat fatale Nebenwirkungen. Ăber den Tisch torkelnd stöĂt er an das Tintenfass und ein groĂer Spritzer landete neben ihm auf der Karte. Mit dem Schwanz tunkt er unbemerkt in den Tintentropfen und hinterlĂ€Ăt einen langen Stich. Dann plumpst er vom Tisch und schleppte sich in sein Versteck.
Am nĂ€chsten Tag, die Sonne steht schon hoch am Himmel. Mister Bown hatte gerade sein Mittagessen beendet und beugte sich ĂŒber die Karten. Er stellte den Teller auf den Boden und breitete das Pergament vollstĂ€ndig aus.
"Wie kommt denn der Stich hierher?", fragte er sich laut. âIch hab doch gar nichts eingezeichnet", denkt er und kratzt sich hinterm Ohr.
"Und dieser Klecks?" fragt er sich weiter âseltsam?â
Doch er hat eine Idee. Wenn das nun unser neues Ziel ist? Wir haben lange keine Beute mehr gemacht. Die Mannschaft langweilt sich zu Tode und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie anfangen zu meutern. Ich muss ihnen etwas bieten. Er beschlieĂt kurzer Hand, Kurs auf den Tintenklecks zu nehme und vielleicht wĂŒrde er wirklich GlĂŒck haben und sie stieĂen tatsĂ€chlich auf ein Schiff.
Um es genau zu sagen, auf ein Handelsschiff, vollbeladen mit allem was das Piratenherz begeht, auf dem Weg nach Europa. Es gibt ein Gemetzel und Geschrei. Kanonenkugeln donnern und SĂ€bel rasseln. Die Piraten plĂŒndern und versenken den Rest. So reiche Beute hob die Stimmung der Mannschaft und es wurde gefeiert. Der KapitĂ€n kann sein GlĂŒck immer noch nicht fassen. Ein Klecks auf der Karte hatte ihnen so viel Erfolg beschert. Noch hielt der EinĂ€ugige sein Geheimnis fĂŒr sich. Aber schon in der kommenden Nacht nahm das Schicksal erneut seinen Lauf.
Rockymaus macht erneut seine nĂ€chtliche Runde ĂŒber den Tisch. Auch diesmal liegt eine Karten auf dem Tisch und es passierte das Gleiche wie damals beim Ersten Mal. Auch hinterlĂ€Ăt er wieder einen Strich auf dem Papier.
Als Mr Bown am nÀchsten Morgen erwacht, traut er seinem Auge kaum. Sollte das ihr nÀchstes Ziel sein? Er will es erneut versuchen und setzt die Segel und steuert auf das neue Ziel.
âDas kann doch nicht sein, ich glaub das einfach nicht!â, geht es ihm durch den Kopf, als er einen Dreimaster durch sein Fernrohr erblickt. Sie ĂŒberfallen auch dieses Schiff und machen reichlich Beute.
In der Nacht kommt Rocky abermals aus seinem gemĂŒtlichem Lager und das gleiche Spiel, wie beim letzten Mal beginnt. Nur hat Rocky nicht gemerkt, das in der Koje keiner schnarcht. Denn der KĂ€pten hat sich auf die Lauer gelegt. FĂŒr Rocky gibt es in dieser Nacht reichlich zu essen und natĂŒrlich Rum. Dabei bemerkt er nicht mal, wie ein Licht aufflackert und ein Menschenauge ihn beobachtet.
Rocky hat schon einen mĂ€chtigen Rausch, als er die Augen wahrnimmt. Er versucht zu fliehen, doch seine Beine wollen nicht mehr so richtig. Heute hing sein Schwanz, oder das was noch davon ĂŒbrig ist im Rotwein und er hinterlĂ€sst erneut eine Spur auf der Karte, nur in Rot. Er rollt sich vom Tisch und landete genau in der tellergroĂen Hand. Rocky bekommt nicht mehr mit, was dann mit ihm geschied.
Als er am nÀchsten Tag erwacht findet er sich in einen alten Lappen gewickelt in einem VogelkÀfig. Was ist passiert? Er konnte sich nicht mehr erinnern. Da hörte er eine Stimme:
"Da, seht nur, sie zappelt noch, ich glaube sie wacht auf."
"Ja, schaut nur, sie macht die Augen auf."
"Das ist also unser geheimnisvoller Freund, dem wir unsere reiche Beute verdanken." krÀchzt einer aus der anderen Richtung.
"Ja, ein Prachtkerl. Er hat ĂŒbrigens schon unserer neues Ziel eingezeichnet."
"TatsÀchlich, da seht euch das an. Da bin ich ja gespannt. Wenn das so weiter geht, sollten wir unsere Beute auf einer Insel sammeln und uns zur Ruhe setzen."
"Gute Idee, ich kenn da ein schönes Versteck."
Rocky nimmt mehrere MÀnner um den KÀfig herum war. Was ist nur geschehen und was haben sie mit ihm vor? Doch da in dem KÀfig genug zu Essen ist, macht er sich nicht weiter Sorgen. Als auch das nÀchste Ziel ein Erfolg ist, wird Rocky ein Held. Doch auch Helden haben Feinde.
Es passierte an einem Nachmittag. Der Smutje wollte die Essensreste und das Geschirr holen, und natĂŒrlich eine Blick auf den groĂen Helden werfen. Er rĂ€umte alles auf ein Tablett und dann ging er zu dem KĂ€fig. Plötzlich stĂŒrzte er wie ein Adler auf den KĂ€fig. âDu kleine miese Ratte, jetzt hab ich dich. Na warte, ich krieg dich." Er fummelte an dem Draht, der den KĂ€fig verschloss. Rocky bekam es mit der Angst zu tun. Doch John gelang es nicht, ihn aufzubekommen und er fluchte vor sich hin. Die Maus rannte wild an den Gittern entlang.
Ja, er hatte es geschafft. Er griff mit seiner Hand nach der Maus, doch die biss krĂ€ftig zu. John schrie auf: âDu Mistviehâ fluchte er. Da steht plötzlich wie aus heiterem Himmel jemand in der TĂŒr und fĂŒllt sie gĂ€nzlich aus. âHab ich dich erwischt!" donnert es durch den Raum.
"HĂ€, was, erwischt? KĂ€ptn, das ist die kleine miese Ratte, die mir meine KĂŒche verwĂŒstet hat, sehen sie nur, sie hat nur noch einen ganz kurzen Schwanz." versucht er sich zu verteidigen und zeigt auf den KĂ€fig, doch der ist bereits leer.
âWo ist sie?â, herrscht er den Koch an. Rocky ist inzwischen unter die Koje geflĂŒchtet.
Mr Bown schnappt sich John, der schreit: "Lassen sie mich los, das ist doch nur,..."
âDu Idiot, das war unser GlĂŒcksbringer, ihm verdanken wir unsere fette Beute!â
âNein, das glaub ich nicht.â sagt John unglĂ€ubig und schĂŒttelt den Kopf.
KĂ€pten Bown hĂ€lt den Smutje immer noch fest. âIch setz dich auf eine einsame Insel und dort kannst du verrotten!â Dies sagt er nicht nur so, sondern tut es auch.
Der Tod Johns ist jedoch noch nicht beschlossen. Irgendwie hat er es geschafft von dieser gottverlassenen Insel runter zu kommen und in seine Heimat zurĂŒck zu kehren. Er wils sich rĂ€chen und beschliesst PiratenjĂ€ger zu werden. Aber wer weiĂ schon, wann die Piraten wieder zuschlagen? Welches Schiff wĂŒrden sie aussuchen? Es gab nur eine Chance. Er mussten sie in ihrem Versteck ĂŒberrumpeln.
John kannte ja das Versteck, also erwartete er, bis das Piratenschiff im Hafen der Schatzinsel anlegte. Als das Schiff vor Anker ging, wurden alle Piraten gefangen. Nur KÀptn Bown wollte nicht am Galgen landen und kÀmpfte bis er von einem SÀbel durchbohrt wurde und starb.
Rocky, die Piratenmaus lieĂ es sich auf der Schatzinsel gut gehen und grĂŒndete eine Familie und oft erzĂ€hlt er noch von seinem Abenteuer auf dem Meer.
Mich@ela Kux (Dez. 2003)
Letzte Aktualisierung: 28.06.2006 - 16.01 Uhr Dieser Text enthält 10600 Zeichen.