Futter für die Bestie
Futter für die Bestie
Gruselig geht's in unserer Horror-Geschichten-
Anthologie zu. Auf Gewalt- und Blutorgien haben wir allerdings verzichtet. Manche Geschichten sind sogar witzig.
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Januar 2004
Mein bester Freund
von Hans M. Doè

»Hallo!«
»Ja, hier Telefonseelsorge 177. Mein Name ist Eva. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Nun ja, ich weiß nicht ob ich hier richtig bin?«
»Lieber Herr, was liegt Ihnen am Herzen? Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Es geht um meinen besten Freund.«
»Was ist mir Ihm?«
»Er wird alt.«
»Das werden wir doch alle, lieber Herr.«
»Ja schon, aber er läst es mich richtig spüren.«
»Hört er mit?«
»Natürlich hört er mit.«
»Wie alt ist den Ihr Freund?«
»Er ist genauso alt wie ich.«
»Und wie alt sind Sie?«
»Dreiundvierzig.«
»Es ist doch schön wenn man einen guten Freund hat. Aber ich schlage Ihnen vor, mir die Probleme mit Ihrem Freund zu erzählen, sofern auch er damit einverstanden ist.«
»Natürlich ist er das. Ich habe das bereits mit ihm abgeklärt. ...Nun ... Ich war mit ihm in Tunesien.
Und er ist nur mitgekommen, weil ich ihn nicht allein lassen wollte. Er machte soviel mit in letzter Zeit.
Seit letztem Jahr kann er die linke Hand und den rechten Fuß nicht so bewegen wie er will, und er war verdammt sauer. Er hätte sich ins Krankenhaus legen können. Die Pflege wäre gut, auch wenn seine Zipperleins trotzdem nicht aufhören würden. ... Gut, sagte ich, du kommst mit mir zur Erholung nach Tunesien, und zwar nach Nabuel.
Und dort sind die Touristen, und uns allen geht es gut.
Und dann waren wir da.
Jeden Tag führte ich ihn aus.
Oberkörper frei durfte er sein, was er auch gerne war.
Langsam und heimlich wurde er ganz braun. Na ja, die Sonne.
Wenn ich es hätte können mit ihm, wäre ich gerne mit ihm geschwommen im Meer, vor dem Frühstück. Danach würden wir uns einen Kaffee nehmen und ein Spiegelei und etwas Gebäck, dass ist unser Frühstück.
Zu Mittag machten wir uns die Sonne noch heißer; damit es nicht heißt, wir waren umsonst in Tunesien.
Wir schalteten die Klimaanlage ein. Seinem heißen Körperschweiß wurde es kalt.
Heiß und kalt, heiß und kalt.
Ich bekomme ein Bier, er die kalte Klimaanlage.
Nach drei Tagen ist er krank.
Hätte ich das gewusst, ich wäre nicht mit ihm hier hergekommen. Nein Niemals.
Seine Nase rinnt.
Jeden Morgen rann seine Nase.
Womit hatte ich das verdient?
Draußen war der helle tunesische Tag, und er rotzte das Zimmer voll.
Manchmal zu Hause spielt er Verrückt, doch das ging dort nicht.
Zu schön war das Wetter und zu wenig Schweinebraten und,
nun ja, etwas wenig Alkohol ... da kann der mieseste Körper keinen Schwächeanfall kriegen.
Nach fünf Tagen war es vorbei mit der rinnenden Nase.
Wir beide sind doch kein Schwein mit feuchtem Rüssel!
Aber er ist ein kleines Ferkel. Alles nimmt er, was er kriegt.
Boucha ist ein grauslicher Feigenschnaps, selbst davor scheut er nicht zurück, und manchmal kann er davon nicht genug bekommen.
Fisch, Fleisch, Eier, Gemüse, Bananen, Melonen – ich brauche es nur in Reichweite legen: und er frisst es.
Kaffe, Tee, Milch, Bier, Schnaps – und er säuft es.
Wenn ich ihn zur Rede stelle schlürft und schmatzt er nur vor sich hin, statt zu antworten. Und die Hilde aus Berlin hatte er auch für eine Nacht mit aufs Zimmer genommen, und mit ihr Dinge gemacht, die sie besser mit ihrem Mann machen sollte, wenn ihre drei Kinder schlafen.
Gut, sie war eine gutaussehende Frau, und welcher Mann hätte die von ihr heiß vorgeschlagene Fleischeslust so einfach ablehnen können.
Am nächsten Tag hatte er ein schlechtes Gewissen, und er war gekränkt. Denn Hilde, die ja verheiratet war, und mit ihrem Mann und ihren Kindern am Nachbartisch saß und Frühstückte, hatte ihn weder gegrüßt noch eines Blickes gewürdigt.
Zur Strafe hab ich ihm einen Sonnenbrand verpasst.
Zwei Stunden musste er bewegungslos am Strand, im Sand, im Strandsand liegen.
Wenn der Kerl zu aufmüpfig wird, muss ich ihn züchtigen.
Noch hab ich es in der Hand.
Noch bestimme ich, wann Schluss ist mit Badespaß und Urlaub.
Das Ticket war bereits gekauft, weiteres Geld kriegte er nicht, also musste er zurück mit mir.
Eine Woche blieben wir aber noch dort; aber nur, damit er sich nicht zu Hause den Wanst voll schlagen konnte mit Schweinsbraten, Gulasch mit Knödel, Schnitzel mit Pommes.
Da werde ich noch ganz andere Seiten aufziehen, habe ich mir gedacht, wenn er glaubt er könne mich papierln!
Yoga-Ãœbungen statt Schweinebraten!
Gymnastik statt Verhackertbrote!
Hometrainer treten statt Fernsehen.
Sauna statt Sex.
Österreich statt Tunesien!
Der Kerl ist schon dreiundvierzig, hat schon schlimmen Schaden genommen, aber so tun, als wäre er dreiundzwanzig, der Lümmel!
Nichts da; nach einer Woche hatten wir gepackt.
Zurück in die kalte Gegend, Zitronentee und lange Unterhosen anziehen!
Was sein muss, muss sein.
Aber damit nicht genug, dachte ich mir; zu Hause wird er bei einem Gymnastikclub angemeldet; die dreiundzwanzig werden ihm schon vergehen.
Wenn er aufmüpfig wird, schicke ich ihn zu einem Bastelkurs.
Oder zur Hochschule, zu einem Anfängerkurs für Bauernmalerei.
Bleibt dann noch ein Rest von Aufmüpfigkeit, dann nehmen wir Schoppenhauer und Goethe durch, Seite für Seite, besonders den Faust.
Wir werden schon sehen.
Jetzt lacht er noch; aber er soll’s nur abwarten.
Da bin ich schon mit ganz anderen Kerlen fertiggeworden.
Da hab ich meine ganz eigenen Methoden.
Vielleicht sollte ich ihn überhaupt auf das makrobiotische Ernährungssystem umstellen, wer weiß?
Dann gibt es nur mehr 0,0% Fett in Tara. Sie wissen schon dieses Pro Bio Jogurt, wo die Luft fetthaltiger ist als der Inhalt im Becher.
Oder ich gebe ihn zu den Zeugen Jehovas, und er kann sich beim Gemeindeamt eine Hausecke mieten, für 8 Stunden am Tag, drei Mal die Woche. Oder er dreht jeden Tag um einen Häuserblock seine Runden und erschreckt mit seiner Offenbarung die Bewohner.
Ach, ich denke, da gibt es viele Möglichkeiten für so einen wie ihn. Da finde ich schon meine Mittel und Wege, keine Sorge ... Fräulein Eva?«
»Ja?«
»Warten Sie bitte einen Moment, Fräulein Eva, er möchte etwas von mir...
...Du willst ein Bier, jetzt? ... Nein, nein! ... Und einen Cognac? ... Kommt nicht in Frage ... Nur einen kleinen – mit Cola? ... Das kennen wir, mit einem kleinen fängt es an.
Wegen deiner Zipperleins? Das hört dann auf? So – das hört dann auf? ... Das werden wir ja sehen, gleich werden wir das sehen ... Und wehe, das stimmt nicht ... Gut, einen Cognac mit Cola, in einer Woche sieht alles ganz anders aus. Warts ab mein Freund, was dann passiert ... Andere Seiten warten schon darauf, aufgezogen zu werden ... Wirst schon sehen ... Nächste Woche legen wir uns als erstes ins Krankenhaus und ich lass dich wieder durchchecken.
... Man muss auf seinen Körper hören hat der Arzt gesagt. Aber ab jetzt wirst du auf mich hören, mein lieber Körper ... dir werd ich’s zeigen mein Freund. ... In einer Woche dann...



© 01. 2004 by Hans Maria Doè







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