Ganz schön bissig ...
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Februar 2004
Typisch!
von Klaus Schmeing

Nachdem es mir immer ein Anliegen war über den Menschen und seine Eigenart zu berichten, möchte ich heute Mitteilung machen über eine ganz besondere Gruppierung. Es handelt sich um Autofahrer mit Hut.
Also um den, der einen Hut während der Autofahrt trägt.
Viele Jahre habe ich recherchiert um meine Forschungsergebnisse nun der Weltöffentlichkeit präsentieren zu können.
Was wollen sie uns wohl damit sagen? Die Fahrer mit Hut.
Vielleicht „Aufgepasst! Hier bin ich! Sei auf der Hut“
...oder „auf dem Hut?“
Ich weiß es nicht. Nur eins ist mir inzwischen klar: das Verhalten eines solchen Fahrers im Straßenverkehr.
Vermutlich scheinen Hutträger zu denken, sie würden der übrigen Welt ein Mysterium sein. Irrtum!
Das Verhalten eines solchen Artgenossen liegt auf der Hand. Ist sogar so berechenbar, daß ich es auf eine mathematische Formel reduzieren konnte.
Musste mich mit ihnen immerhin lang genug auseinandersetzen. Haben sich mir im Verkehr stets dargestellt.
Teile nun die Resultate jahrelanger Forschung mit.
Meine Theorie seh ich tausendfach bestätigt: ein Autofahrer mit Hut fährt im Stadtverkehr permanent 100 Stundenkilometer, abzüglich seines eigenen Alters. Nehmen wir einen sechzigjährigen Herrn mit gepflegtem Benz und Tirolerhut zum Beispiel.
Jener fährt in der Innenstadt, mit erlaubten 50 Strundenkilometern,
glatt 40.
Allerdings auch nur dann, wenn kein Fußgänger sich dem Bordstein mehr als 1,50 Meter nähert. In jenem Fall bremst der Hutträger sofort, fährt nochmals etwa 10 Prozent langsamer. Und zwar kontinuierlich!
Es scheint ihm hierbei egal zu sein, ob sich der Stau hinter ihm durch die Gassen quält. Er wird bei seiner für ihn bestimmten Geschwindigkeit bleiben!

Huttragende Autofahrer haben oftmals die Angewohnheit die schimpfende Folgschaft hinter sich zu lassen, indem sie mit dem Heck ihres Gefährts gerade über die Ampelkreuzung fahren, wenn das Licht auf Gelb umschlägt. Auf diese Weise lässt er die bisherige Folgschaft vor der rot-beampelten Kreuzung zurück und sucht nach neuen Opfern vor denen er herfahren wird.
Auf der Autobahn scheint dem Hutfahrenden offenbar eine andere Formel zugrunde zu liegen. Dort fährt er mit den obligatorischen 100 Stundenkilometern, abzüglich des eigenen Alters, zuzüglich eines Autobahnzuschlags von 100 Prozent auf die Stadtgeschwindigkeit.
Praktisch sieht dies so aus: Ein sechzigjähriger Hutträger, der im Stadtverkehr kontinuierliche 40 fährt, auf der Autobahn eben eine Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern erreichen würde.
Dafür benutzt er die linke Spur.
Ein Siebzigjähriger führe demnach 30 in der Stadt und 60 auf der Bahn.

Selbstverständlich handelt es hierbei um eine Faustformel. Läßt sich pi mal Daumen anwenden. Immerhin kann man ja während der Fahrt schlecht einen Taschenrechner bedienen.
Diese Formel läßt sich vertiefen. Habe Jahre lang recherchiert. Bin zu folgenden Ergebnissen gekommen:
Das Fahrverhalten eines Hutträgers läßt sich modifizieren durch gewisse Anhaltspunkte, die er in verschlüsselter Form von sich preis gibt.
Demnach fährt ein Hutträger mit sauberem Wagen wesentlich langsamer als einer mit leicht Verschmutztem. Im Rahmen meiner Nachforschungen habe ich fünf Verschmutzungsgrade an den Autos hutfahrender Menschen festgestellt, die ich hier nicht detailliert wiedergeben möchte, weil ich sie bald in einem Buch zu veröffentlichen gedenke.
Zu den Eckpunkten möchte ich bekennen, ein Auto des Verschmutzungsgrades Eins ist makellos gereinigt. Innen wie Außen.
Der erheblichste Verschmutzungsgrad mit der Kennziffer Fünf hingegen, weist eine leichte Staubschicht um die Radläufe auf.
Eine weitere Modifikation findet sich im jeweiligen Wert des Wagens.
Je teurer, desto langsamer.
Demnach fährt der Hutträger eines Opels beispielsweise schneller als der eines Mercedes. Hierbei mag es sich um jeweilige Quotienten von nahezu 10 Prozent handeln.
Heißt also: Ein Mittsechziger Opelfahrer der Verschmutzungsklasse 5 führe demnach im Stadtverkehr beinahe 50 Stundenkilometer. Auf der Bahn sogar knapp über 90. Ein gepflegter Mercedes der Klasse 1 vom selben Herrn, führe etwa 30 in der Stadt und knapp über 60 auf der Bahn. Einleuchtend! Muss er doch während der Fahrt rasch herannahenden Insekten ausweichen können.
Dieses tut er übrigens nicht durch Lenkkorrekturen, sondern eher durch Bremsungen.
Nur so lassen sich Bremsmanöver erklären, die uns bislang als unnötig erschienen sind, die man aber überall bemerkt, wo Hutfahrer ihr Unwesen treiben.
Zuletzt lässt sich das Fahrverhalten von Hutträgern noch modifizieren durch die Insassen an Bord.
Meine Recherchen ergaben, daß die Menge der sich an Bord befindenden Personen ausschlaggebend ist für eine weitere Herabsenkungen des Durchschnittstempos.
Ein Hutträger mit nur einem Beifahrer fährt demnach schneller, als einer mit der gesamten Sippschaft an Bord.
Ich denke beispielsweise an eine Beifahrerin und auf der Rückbank drei schick zurecht gemachte, Knappsiebziger-Frauen auf dem Weg zum 84sten Geburtstag von Erbtante Matthilde. Allein durch die intensiven Gespräche an Bord über jene durchaus gelungene Familienfeier zuvor, wird die Aufmerksamkeit des huttragenden Siebzigjährigen soweit in Anspruch geneommen, dass er sein Durchschnittstempo nochmals um etwa 5 Prozent senken wird.
Parallel zur sinkenden Stundenkilometerzahl steigt die Anzahl an Bremsmanövern pro 10-Minuten-Intervall.
Der Hintergrund liegt auf der Hand. Man möchte heil und gesund auf jener Geburtstagsfeier einkehren. Könnte immerhin Matthildes letzte sein.

Wie in allen Lebensbereichen der Gattung Mensch unterliegt auch der Hutfahrer einer offensichtlichen Hierarchie.
Diese scheint er durch Codierungen preis zu geben.
Ein Hutfahrer unterer Schicht, quasi die Arbeiterklasse, führe demnach einen Opel der Verschmutzungsklasse 5. Er nimmt es mit der Geschwindigkeit nicht ganz so genau. Fährt auch schon mal 45, wo er sonst nur 40 fahren müsste. Was sagt uns das?
Abspaltung? Rebellion? Wer weiß!
Die Ranghöhe eines Hutfahrers steigt mit sinkender Verschmutzungsklasse und steigendem Wagenwert. Hier gilt die Regel, je sauberer und teurer umso langsamer.
Deutlich erkennbar sind die ranghöchsten Hutfahrer. Sie wohnen offenbar auf dem Land. Somit werden ihre sauberen Limousinen geehrt mit der Kennzeichnung BOR. Was mag das heißen?
Bei einem weißen Mercedes beispielsweise, ganz und gar unbefleckt, mit Kennzeichen BOR muss es sich zweifelsfrei um einen ranghöheren Hutfahrer handeln. Bezirks- oder Regionalleitung? Wer weiß!
Aber auch darüber hinaus scheint es noch Auszeichnungen zu geben.
In Form gehäkelter Rollen liegen diese meist auf der Rückbank der Fahrzeuge aus.
Mir selbst wurde erst neulich die Ehre zuteil einem solch besonders ausgezeichnetem Hutfahrer folgen zu dürfen. Ich war verblüfft wie exakt dieser sich an die für ihn bestimmte Geschwindigkeit hielt, mit all den dazugehören Bremsungen. Ferner durfte ich Zeuge sein, wie jener Herr sein Fahrzeug beinahe zum Stillstand brachte, eh er in die vollständig freie Straße rechts einbog.
Mir war schnell klar, dass zweifelsfrei schon bald eine zweite Rolle die Rückbank des Fahrzeugs verzieren wird.
Ich hoffe über das Fahrverhalten huttragender Menschen mit diesem Beitrag Aufschluss gegeben zu haben.
Möchte ich mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.
Im nächsten Beitrag werden wir uns einer anderen Gruppe widmen.
Dort geht es um das Verhalten zwanzigjähriger, meist ziegenbärtiger Kappenträger mit aufgedonnertem Golf, lauter Musik und blonder Friseuse auf dem Beifahrersitz.
© Klaus – A. Schmeing

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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