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Februar 2004
Typisch ...
von Pia Schweizer

Typisch Schweizerisch. Uhren, Käse, Präzision. Genauigkeit, kann man
auch dazu sagen. Geld, Banken, Kühe.
Alpen.

Schweizer? oder Menschen. Im Ausland sollte man keine Schweizer
treffen, meinte einmal ein Chef von mir.
Er hatte sich damals so geschämt, Schweizer zu sein. Widerlich, wie
sich Exemplare von Schweizern im Ausland
aufführen können. Grossspurig, laut. Das soll also jetzt typisch
schweizerisch sein? Man könnte auch sagen: typisch
Mensch. Er meint vielleicht, unbeobachtet zu sein, und könnte sich
jetzt alles leisten zu tun, was sich in ihm aufgestaut
hatte. Wichtig sein, einmal wichtig, anders als sonst. Gross und mit
dickem Portemonnaie. Aber die Rechnung ist ihm
nicht aufgegangen, fast das halbe Wohnquartier dieses Schweizers war
zur gleichen Zeit dort in den Ferien,
an dem spanischen Sonnenstrand. Man ging nebeneinander vorbei und
grüsste sich vorsichtig. Typisch, ausgerechnet
in den Ferien musste man auch noch diesen Leuten begegnen.

Am Strand spielten die Schweizer Jassen. Ganze nachmittage unter dem
Sonnendeck. Braungebrannt waren sie davon,
bereits am dritten Tag.

********

Abends wurde dann zum Teil zusammengesessen. In der Käse-
Stube 'Schweizer-Heimat'. Und das im Ausland. Ich musste schmunzeln.
Allerdings, je älter ich werde, je mehr beginne ich das Suchen von
Heimat zu verstehen. Ist das typisch? Wahrscheinlich, nehme ich mal
an.
In der Jugend alles Bekannte oft verurteilend, suche ich jetzt das
Bekannte, da die Welt oft genug wenig Halt bieten kann. Wurzeln sind
gefragt im Lauf der Zeit, die einen festhalten, wenn sich vieles in
Fragmente aufzulösen droht, inklusive einem selbst schier, noch fast
während
der Lebenszeit.
Ist es typisch, ein Gesichtsloser zu werden, in der heutigen Zeit?
Viele teilen dieses Schicksal, glaube ich. Die Gesichtslosen, die
keine Stimme haben können, um ihre Meinung zu sagen. Sie müssten
sich fürchten. Und viele fürchten sich auch. Sie haben Hunger und
Durst. Aber es gibt einen Hunger und einen Durst, der noch grösser
ist als der leibliche Hunger und Durst. Auch das soll typisch sein,
wie viele Bücher zu berichten wissen.
Aber diese vielen Gedanken, wenn sie mich nicht ganz erfüllen, habe
ich es nicht ganz durchfühlt? Etwas ganz machen oder gar nicht, sagt
man. Sagt man das wirklich? Ja, ist das typisch? Ein Beispiel zu
nehmen. Entweder ist man typisch schweizerisch oder eben nicht.
Entweder mag man Vanilleeis oder eben nicht. Ich glaube, mit vielen
Dingen ist es so. Zum Beispiel, dass sie die Menschen in ihren
Meinungen ganz auseinandertreiben und entzweien können. Sogar Kriege
hat es deswegen gegeben. Aber auch das soll typisch sein.

Und was wenn es nicht mehr genug von leiblichen Gütern hat? Typisch
doch, dass Menschen ihre Aufgabe darin verstehen, vor allem zu sich
selbst zu schauen, so wie in Argentinien. Es bleibt gleich viel
weniger Energie, Zeit und Kraft übrig, um dem nächsten, um sich dem
Nächsten zuzuwenden. Elend als Folge. Ist auch das typisch? Ich
meinerseits glaube schon. Denn ich glaube nicht, dass das
Sozialwesen in unserer heutigen Zeit so sehr verschlechtert, weil
der Mensch so viel schlechter wird, nur vielleicht deshalb, weil
weniger Reichtum, einen grösseren Kampf darum unter uns verursachen
kann und es deswegen ungemütlicher wird.


Ein Thema möchte ich keinesfalls vergessen zu erwähnen, das wäre das
Thema des Verkaufens und der Kunden. Kunden, die sich von
Schmusekätzen in fauchende Monstermiezen verwandeln im Handumdrehen,
wenn sie nicht das kriegen was sie wollen. Wie war ich ins staunen
geraten, wissen Sie, als ich einmal im Gesundheitsproduktehandel als
Beraterin tätig gewesen war. Eine grosse Famile ist es, dachte ich
mir, nein, eher erträumte ich mir, es sei eine grosse Familie, die
an mich denkt und sie liegen auf meinen Produkten welche ich ihnen
nach Hause bringen durfte gegen Geld. Ich war zufrieden, dass die
Kunden gesünder wurden auf den Matten, die Kunden waren freundlich,
fast wie immergruen, nur immerfreundlich.
Ganz wenige Ausnahmen zeigten mir dann noch die Kehrseite, weil sie
nicht kriegten was sie sich erwünschten, dabei hatten sie ihre Sache
längst erhalten und ich konnte nicht nein sagen, verwandelten sie
sich in unzufriedene fast bösartige Kunden, die mich zu beschimpfen
begannen. Ich traute meinen Augen nicht, blieb schier mit offenem
Mund vor ihnen stehen und konnte meinen eingeschlagenen Kurs nicht
ändern, von einer Minute auf die andere. Ich bediente also diese
Kunden trotzdem, wie versprochen, weiterhin unter ihren
Beschimpfungen einem inneren Programm von mir folgend. Das
freundliche Gesicht der anderen Kunden, wie oft war es wohl ganz
einfach Maske gewesen und ich hatte es mit Zuneigung und
Freundlichkeit, vielleicht sogar Freundschaft verwechselt und mir
etwas erträumt. Aber ist es wohl nicht einfach typisch, dass man
sich gerne schöne Dinge erträumen möchte? Noch heute geschieht es
mir, dass wenn mich jemand fragt: wie geht es Ihnen? und sie schauen
mich etwas zu lieb an, dass ich doch tatsächlich meine, sie
interessierten sich wirklich für mich, bis ich dann an ihrer
Ungeduld ihre wahre Absicht erkennen kann und etwas peinlich berührt
bin, dass ich mir wiederum etwas erträumte, was gar nicht dawar.
Nein, das Geschäftsleben hat nun wirklich nicht mehr soviel damit zu
tun, dass man es dazu benutzen sollte, auch noch menschliche
Bedürfnisse zu befriedigen. Dabei ist es doch typisch Mensch, wenn
man das versuchen würde, denn der Mensch funktioniert doch auf
dieser Basis seiner menschlichen Bedürfnisse.

Woher kommt denn bloss das Wort typisch? Vielleicht von Typen, von
einteilen aller Dinge in Untersorten? Katalogisieren, numerieren,
wie viele Dinge sind benennt worden mit vielen mehr oder wenigen
phantasievollen Namen. Eine Ordnung im Chaos zu schaffen versuchen,
um sich besser zurechtzufinden. Der Ueberblick über ein ganzes
verhilft einem doch tatsächlich ein besseres, weil beruhigendes
Gefühl. Also mir ging es so. Typisch, man möchte sich beruhigt
wissen!

Letzte Aktualisierung: 00.00.0000 - 00.00 Uhr
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