Burgturm im Nebel
Burgturm im Nebel
"Was mögen sich im Laufe der Jahrhunderte hier schon für Geschichten abgespielt haben?" Nun, wir beantworten Ihnen diese Frage. In diesem Buch.
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März 2004
Die Geschöpfe der Nacht
von Andreas Seiller

Das alte Wirtshaus, in dem kleinen Dorf Bradov, wirkte auf die beiden Reisenden nicht sehr einladend, aber es war die einzige Unterkunft die sie fanden.
»Wir bleiben über Nacht hier«, beschloss Kobro, der Größere der beiden Männer und stieg von seinem Pferd. Sein dunkles, schulterlanges Haar, wehte ihm leichten Herbstwind. Seine große, hagere Gestalt wirkte etwas bedrohlich, seine braunen Augen gefährlich und kalt.
Der zweite Mann, der sich aufmerksam die Gegend ansah, war Firenze. Seine blonden Haare waren kurz geschnitten, das junge Gesicht, war durch eine lange Narbe gekennzeichnet, die sich von seinem linken Mundwinkel bis kurz unter sein Auge hochzog. Seine stahlblauen Augen blickten prüfend den Tempa Hügel empor, auf dem eine dunkle Burg thronte.
»Ich spüre Gefahr«, sagte er zu seinem Freund Kobro, mit dem er schon seit einigen Jahren als Söldner von Schlachtfeld zu Schlachtfeld zog. Beide waren Söhne von Bauern und in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen.
Auf dem Schlachtfeld waren aus den Knaben nun Männer geworden – Männer, die ihre Feinde ohne Mitleid töteten, um ihr eigenes Leben zu retten.
»Lass uns etwas trinken und vielleicht wird uns auch eine Frau heute Nacht zu diensten sein«, lachte Kobro und ging voraus. Firenze folgte ihm wortlos, noch immer mit misstrauischem Blick die Gegend absuchend.
Das Wirtshaus war nur von wenigen Männern besucht, welche nun die beiden Fremden neugierig beäugten.
»Nehmt an diesem Tisch platz – es ist der Beste in meinem Wirtshaus«, wurden sie von einem dicken Mann begrüßt.
»Bring uns zu trinken und etwas warmes zu essen«, befahl Kobro mit dunkler Stimme, während er seine Waffen – ein langes Messer und eine doppelläufige Pistole auf den Tisch legte.
Firenze hatte sich auf einen Schemel gesetzt und sah sich um.
Die Blicke der anderen Männer hafteten noch immer neugierig auf ihnen.
Überall im innern der Stube hingen Knoblauchzehen, Kreuze waren auf den Wänden aufgemalt und neben der Tür stand ein breiter Balken mit dem die Tür verschlossen werden konnte. Der Boden war schmutzig, die Tische klebrig und die Fenster waren vor Staub fast blind.
Als der Wirt einen vollen Krug Bier brachte, hielt ihn Firenze am Arm fest.
»Weshalb habt ihr euer Wirtshaus mit soviel Knoblauch und mit diesen aufgemalten Kreuzen bestückt?«, wollte er wissen.
Der Wirt zuckte für einen kurzen Moment zusammen, dann stellte er das Bier auf den Tisch und begann flüsternd zu erzählen.
»Damit können wir sie abhalten, wenn sie unser Blut trinken wollen!«
Firenze spürte, das der Wirt seine Narbe genau ansah.
»Wen wollt ihr davon abhalten?«
Der Glatzköpfige sah sich etwas unsicher um.
»Die Geschöpfe der Nacht!«, hauchte er leise bevor er eilig hinter seinem Tresen verschwand.
»Bauernspinnerei«, schmunzelte Kobro und goss das schäumende Bier in zwei Krüge.
»Darauf, dass wir noch immer am Leben sind, mein Freund!«
Firenze lächelte und trank einen kleinen Schluck, während sein Begleiter den Krug in einem Zug leerte.
Plötzlich ertönte das Geläut von Glocken und noch bevor der letzte Gong verhallt war, bezahlten die anderen Gäste ihre Zeche und verließen das Wirtshaus.
Nur ein einzelner blieb auf seinem Stuhl in der Ecke sitzen und trank sein Bier weiter.
»Du musst gehen, Sorva. Hast du die Glocken nicht gehört?«, sagte der Wirt und gab ihm seinen Mantel. Doch der alte Mann blieb ruhig sitzen und trank sein Bier.
Firenze lauschte dem Gespräch der beiden Männer.
»Sorva, die Dunkelheit tritt bald ein! Du musst dich beeilen!«
Wütend warf der Angesprochene seinen Krug um und stemmte sich schwerfällig aus seinem Stuhl.
»Diese Bastarde können mir nichts anhaben. Davor haben diese Blutsauger Angst!«
Er nahm eine Kette aus seiner Jackentasche und hielt sie vor das Gesicht von Firenze.
An der Kette war ein Kreuz aus gegossenem Blei befestigt.
»Geh nun und belästige nicht meine Gäste«, schrie der Wirt aufgebracht und zog den Mann hinter sich zur Tür. Das Abendrot war bereits am Himmel zu sehen und die Geräusche auf der Strasse waren längst verstummt.
»Beeile dich, Sorva!«
Der glatzköpfige Wirt ging nach draußen, schloss die schweren Fensterläden und danach verbarrikadierte er die Tür mit dem Balken.
»Es ist spät. Ich zeige euch die Zimmer«.
Kobro leerte seinen Krug und nahm seine Waffen an sich.
Plötzlich war ein langgezogener Schrei zu hören, doch der Besitzer des Wirtshauses reagierte nicht darauf.
»Habt ihr nicht den Schrei gehört«, fragte Firenze und eilte zur Tür.
»Lasst die Tür geschlossen!«, schrie der Wirt ängstlich.
»Wenn euch euer und mein Leben lieb ist, dann bleibt hier!«
Doch Firenze war bereits auf die spärlich beleuchtete Straße geeilt und lauschte in die Dunkelheit. Vor seinen Füßen sah er etwas im Sand liegen. Es war die Kette von Sorva!
Wieder hörte er einen Schrei und sein gutes Gehör verriet ihm die Richtung aus welcher dieser kam. Ohne auf seinen Begleiter zu warten, rannte er die staubige Straße entlang, wobei er auf jeden Schatten, jede Bewegung und jeden Hinterhalt achtete.
Dann sah er wenige Meter vor sich einen leblosen Körper am Boden liegen, von dem sich ein dunkler, menschlicher Schatten löste und im Nichts verschwand.
Es war der alte Mann aus dem Wirtshaus. Seine Kehle war durchgebissen und das dampfende Blut sickerte nun dickflüssig in den Sand.
Ein leichtes Kurren ließ Firenze herumfahren. Deutlich konnte er einen großen, schwarzen Wolf erkennen, dessen Schnauze voller Blut war. Mit fletschenden Zähnen starrte er den Söldner an, der langsam sein langes Messer aus dem Gürtel zog und dem Blick des wilden Tieres dabei standhielt.
Der Wolf zog sich mit gesträubten Nackenhaaren zurück und verschwand im dichten Unterholz des angrenzenden Waldes. Dann war sein Geheul zu hören, dem sich nun weitere Wölfe anschlossen.
»Kein schöner Tod!«, sagte Kobro, nachdem er den Leichnam im Schein einer Fackel angesehen hatte.
»Ich habe schon lange nicht mehr davon gehört, dass ein einzelner Wolf einen Menschen angegriffen hat.«
Firenze verschwieg seinem Freund, was er beobachtet hatte und nahm ihm die Fackel aus der Hand. Der junge Söldner ging vor dem Leichnam in die Knie und besah sich im flackernden Schein die tödliche Wunde am Hals. Es war eine tiefe Fleischwunde die ihm sofort auffiel, aber er bemerkte auch die beiden kleinen Löcher, die oberhalb dieser klaffenden Wunde zu sehen waren und aus welchen etwas Blut floss.
»Wir bringen ihn am besten ins Wirtshaus«, sagte er und packte den Toten unter den Armen, während Kobro an den Beinen anfasste.
Die Tür des Wirtshauses war verschlossen und erst nachdem Firenze dem Wirt damit gedroht hatte, das Haus in Asche zu verwandeln, öffnete dieser.
Als er den Leichnam sah, bekreuzigte er sich mehrmals.
Die beiden Männer legten den Toten in die Wirtstube und bedeckten sein Antlitz mit einem weißen Tuch.
»Ihr habt hier recht angriffslustige Wölfe«, sagte Kobro mit zusammengekniffenen Augen, »ihr solltet diese Jagen und dann als Trophäen an die Wände hängen!«
Der Wirt saß zusammengesunken auf einem Schemel und blickte starr zu Boden.
»Sagtet ihr, dass es ein Wolf war?«, wollte er plötzlich wissen und seine Augen weiteten sich vor Schrecken. »Etwa ein großer, schwarzer Wolf?«
Firenze sah ihn prüfend an.
»Hat dieser Wolf schon mehrmals getötet?«
Der Wirt sah ängstlich zu der Leiche hinüber.
»Los! Sprich!«, forderte der junge Söldner den Glatzkopf auf.
»Es... es war der Graf. Es war Graf Draco!«
Kobro musste laut Lachen.
»Ihr gebt den Wölfen Namen? Gibt es auch noch andere Adelstitel, die ihr so bereitwillig zu vergeben habt?«
Der Wirt sackte deutlich in sich zusammen und sein Körper zitterte.
»Ihr kommt nicht aus den Karpaten. Ihr wisst nichts über den Fluch, der seit Jahrhunderten über unserem Land liegt. Graf Draco ist ein Untoter, der sich von Menschenblut ernährt und der die Gestalt von einem Wolf oder einer Fledermaus annehmen kann. Nur er alleine kann die Geschöpfe der Nacht mit seinem Biss erschaffen!«
Kobro nahm sich einen Krug vom einem der schmutzigen Tische, der noch etwas Bier enthielt. Er trank das Gebräu direkt aus diesem Behältnis, dann wandte er sich dem Glatzkopf zu.
»Es gibt keine Untoten! Macht euch nicht zum Narren! Ihr verkriecht euch hier wie ein ängstliches Weib, anstatt zu den Waffen zu greifen und diesen Wolf zu erledigen, welcher der wahre Mörder ist!«
»Ich habe vor dem Leichnam einen Schatten gesehen, der dem eines Menschen ähnlich war, welcher aber plötzlich wie im Nichts verschwand. Dann tauchte der Wolf auf«, sagte nun Firenze sachlich und blickte dabei seinen Freund an.
»Lebt dieser Graf Draco noch immer auf der Burg«, befragte er nun den zitternden Wirt.
»Niemand von uns hat sich mehr hinauf zur Burg getraut, aber es wird berichtet, dass er tagsüber in einem Sarg liegt, um die Dunkelheit darin abzuwarten. Das Sonnenlicht würde seinen Körper vernichten!«
Firenze strich sich mit seinem Zeigefinger über die lange Narbe.
»Wir sollten diesen Menschen helfen! Sie sind arme Bauern, wie es unsere Väter waren, Kobro.«
Sein langhaariger Begleiter nickte zustimmend, während er herzhaft in eine kalte Hühnerkeule biss.
»Ernähren sich von Menschenblut...pah«, schmatzte er und grinste dabei.
»Wir werden eure Untoten schon bald in die Hölle schicken, wo sie den Toten aus unseren Schlachten gesellschaft leisten werden!«

Am nächsten Morgen, nachdem die Sonne aufgegangen war und die Bewohner wieder aus ihren Häuser gekrochen kamen, warteten die beiden Söldner zusammen mit dem noch immer sehr blassen Wirt vor dessen Wirtshaus.
Frauen beklagten weinend den Tod von Sorva, während etwa zwei Dutzend Männer mit Heugabeln uns scharfen Sensen in den Händen, auf den Wirt einredeten.
»Es war Graf Draco. Der Fremde hat einen großen, schwarzen Wolf gesehen!«
»Draco... Graf Draco...«, murmelten die Bewohner und fast alle bekreuzigten sich, während andere nach dem Gebrauch des Namens verächtlich ausspukten.
Firenze schritt nach vorne.
»Wir werden euch helfen den Grafen zu vernichten!«
Die Menge sah ihn nur stumm an.
»Wie wollt ihr das tun?«, fragte einer der Älteren, dessen Haare längst ergraut waren und dessen Zähne fast vollständig fehlten.
»Mit unseren Waffen!«, sagte nun Kobro und er hielt dabei seine zweiläufige Pistole und sein langes Messer in den Händen.
Einige der Männer lachten, während andere nur ungläubig den Kopf schüttelten.
»Damit könnt ihr den Grafen nicht töten!«, meldete sich nun ein großer Mann zu Wort, der aufrecht durch die Menge schritt.
»Ihr könnt einen Untoten nur töten, indem ihr ihn mit einem Holzpflock pfählt, ihn der Sonne aussetzt oder mit einer geweihten Silberkugel erlegt!«
Firenze stand nun fast Auge in Auge dem Sprecher gegenüber.
»Wie ist euer Name?«
»Man nennt mich Jarik, den Pfähler!«
Kobro überragte die beiden Männer um gut einen Kopf, als er zu ihnen trat.
»Hast du mit diesen sonderbaren Waffen bereits einen Untoten getötet?«, wollte er wissen. Jarik lächelte, nahm einen Holzpflock aus der Tasche, der etwa so dick und lang wie der Unterarm eines alten Mannes war. Daran klebte getrocknetes Blut.
»Für jeden Untoten, der durch meinen Pflock erlöst wurde, habe ich eine Kerbe in das Holz geschnitten«, sagte er mit fester Stimme und warf ihn Kobro zu.
Der Söldner zählte neun Kerben.
»Bist du von hier?«
Jarik nahm wieder seinen Pflock und steckte diesen in seine Tasche.
»Ja. Doch ich war einige Jahre fort und habe gelernt, wie ich diese Bestien auslöschen kann, die meine Eltern und meine Schwester getötet haben!«
»Gut Jarik, wir können deine Erfahrung gut einsetzen!«, sagte Firenze und reichte ihm die Hand. »Wer von euch wird uns helfen den Grafen zu töten?«
Die Menge wich einen Schritt zurück und blieb stumm.
»Seid ihr Männer oder seid ihr Weiber?«rief Kobro ärgerlich,
»es ist euer Dorf, nicht unseres! Also, wer von Euch wird uns begleiten«, fragte er nochmals, doch noch immer meldete sich niemand.
Der Langhaarige spuckte auf den Boden.
»Lass uns nicht unsere Zeit mit diesen erbärmlichen Feiglingen vergeuden«, rief er seinem Begleiter zu und verließ wütend die Bauern, die mit gesenkten Köpfen vor dem Wirtshaus standen.
»Gut. Lass uns gehen Jarik!«
»Wartet!«, rief eine jugendliche Stimme.
»Ich werde euch begleiten! Ich bin nicht feige!«
Die beiden Männer sahen in das sommersprossige Gesicht eines kleinen Jungen, der nicht älter als zehn Jahre war und der in seinen Händen einen angespitzten Ast hielt.
»Nein, du bist nicht feige, aber du bist noch zu jung! Deine Zeit wird kommen!«, lächelte Firenze dem Knaben zu.
»Doch nun lasst uns gehen. Wenn der Graf wirklich das Licht scheut, dann greifen wir ihn bei Tage an!«

Jarik hatte alles in seinem Haus, was die Männer für den Kampf gegen die Untoten benötigten. Nachdem jeder von ihnen mit mehreren Pflöcken, jeweils einer zweiläufigen Pistole und mehreren silbernen Kugeln ausgestattet war, begann der Aufstieg des Tampa Hügels auf dem die Burg des Grafen Draco stand.
Ein kalter Nordwind begleitete die Männer, während sie vorsichtig durch den Wald liefen, dessen hohen Baumwipfel sich im Wind neigten.
Firenze hatte die Spur eines großen Wolfes ausgemacht und nun folgten sie dieser durch den Blätterwald, dessen Baumwuchs immer dichter und undurchdringlicher wurde.
»Ich habe bisher noch kein Tier gesehen«, sagte Firenze und folgte weiter den Spuren des Wolfes, die deutlich auf dem feuchten Waldboden zu sehen waren. Plötzlich aber endete die Spur und der Söldner blieb überrascht stehen.
»Seht her!«, sagte er nur und deutete dabei zu Boden.
Jarik und Kobro, sahen etwas unglaubliches.
Die Wolfsspuren endeten, stattdessen waren nun aber ganz deutlich die Abdrücke menschlicher Füße im Sand zu erkennen.
»Er hat sich wirklich von einem Tier in einen Menschen verwandelt«, stellte Kobro ungläubig fest. Der Griff um sein langes Messer wurde fester.
»Dort ist die Burg«, sagte Jarik und zeigte in eine Richtung.
Die Söldner, sahen die halbzerfallene Burg auf der Spitze des Hügels, deren Schatten von der Sonne tief ins Tal geworfen wurden. Die Weinberge waren lange nicht mehr bewirtschaftet worden und auch sonst glich die Umgebung eher einem verlassenen Schlachtfeld.
»Dort ist der Eingang in den Weinkeller«, flüsterte Jarik.
»In dessen Kühle und Dunkelheit, werden sie ihre Ruhestätten aufgebaut haben. Seid aber achtsam!«
Die Männer trennten sich.
Firenze blickte wachsam auf die Burg, beobachtete die noch übrig gebliebenen Zinnen, spähte zu den herausgebrochenen Fenstern hoch, konnte aber keine Gefahr erkennen.
Dann sah er Jarik, der sich um das zerfallene Gebäude schlich und nun vor dem Kellereingang angelangt war. Er gab das Zeichen, dass sie ihm nun folgen sollten.
»Der Graf scheint mir sehr unvorsichtig zu sein – aber vielleicht ist es auch eine Falle!«
So leise wie möglich öffnete Jarik mit vorgehaltener Pistole die schwere Holztür, die dennoch knarrende Geräusche von sich gab.
Ein kühler Luftstrom erreichte die drei Männer und der Geruch von Moder und Fäulnis verbreitete sich.
»Hier stinkt es wie auf einem Friedhof«, sagte Kobro und spuckte auf den Boden.
Firenze sah die ausgetretenen Steinstufen, die in die Tiefe führten und dann in der Dunkelheit verschwanden. Er nahm eine Fackel und zündete diese an. Langsam stieg er die feuchten Stufen hinab; der kühle Luftstrom lies die Flamme der Fackel tanzen. Wassertropfen lösten sich von der Decke und fielen zu Boden.
»Sie sind hier«, sagte Jarik und er tauschte seine Pistole gegen einen Pflock.
»Sie werden schlafen. Wenn wir uns beeilen, dann können wir sie alle vernichten!«
Die Männer liefen durch einige Gänge und bald darauf fanden Sie einen Raum, der einer großen Gruft glich. Wohl ein Dutzend Steinsärge standen darin.
Jarik lief zu dem Ersten und machte sich an der schweren Steinplatte zu schaffen.
»Los Kobro, hilf mir!«
Der langhaarige Söldner packte mit an und wenige Augenblicke später, sahen sie in das blasse Gesicht eines jungen Mannes.
Jarik, setzte seinen Holzpflock über dem Herzen des Untoten an und stieß mit aller Kraft zu. Blut spritze und mit weit geöffneten Augen entrang dem Untoten ein lauter Schrei, bei welchem er spitze Eckzähne entblößte. Sekunden später zerfiel seine menschliche Hülle zu Staub.
Kobro und Firenze standen regungslos da, während der Pfähler direkt zum nächsten Steinsarg lief.
»Los, wir haben keine Zeit!«, rief er den beiden Söldnern zu.
»Pfählt die Biester!«
Kobro löste sich als erster aus seiner Starre und lief zu einem der Särge.
Firenze schluckte schwer. Er konnte es noch immer nicht fassen, was er da gesehen hatte.
»Los Firenze!«
Wieder ertönte der gurgelnde Schrei eines Untoten, durch dessen Herz der Holzpflock getrieben wurde.
Firenze stand vor einem Sarg und mit zitternden Händen schob er den Deckel beiseite. Erstarrt blickte er hinein und wich einen Schritt zurück.
»Mein Gott«, stammelte er nur. Eine blonde Frau mit ebenmäßigem Gesicht lag darin. Sie schien friedlich zu schlafen. Selten hatte er ein so hübsches Wesen gesehen.
»Firenze, du musst ihn Pfählen!«, schrie Jarik.
»Es... es ist eine Frau.«, stotterte dieser leise. Wieder ertönte ein Schrei.
Kobro hatte eines der Wesen erlöst.
Firenze blickte wieder auf die Untote, deren Augen nun plötzlich offen waren und ihn fixierten.
Der Söldner wich etwas zurück.
»Jarik«, schrie er dem Pfähler zu.
Dieser eilte sofort zu ihm und blieb ebenfalls erstarrt vor dem Sarg stehen.
»Fenja«.
In dem Sarg vor ihm lag seine Schwester, die noch immer so aussah, wie an dem Tag, als sie verschwunden war.
Jarik trat einen Schritt nach vorne, er blickte in das blasse Gesicht von Fenja, die sich nun langsam in ihrem Sarg erhob.
Dann stieß er zu. Das Blut schoss aus ihrer Brust und sie zerfiel zu Staub.
Jarik sank zu Boden.
Kobro hatte Spaß an der neuen Methode des Tötens gefunden und er pfählte einen Untoten nach dem anderen.
»Das hat Spaß gemacht«, lächelte er, als er zu seinen Freunden trat. Blut klebte in seinem Gesicht. »Was hat er«, fragte er Firenze und sah dabei auf Jarik der am Boden saß.
»Es... es war seine Schwester. Fenja lag in diesem Sarg. Er... er hat sie erlöst!«
Plötzlich schlug die Tür des Weinkellers laut zu und ein seltsames Fiepen durchflutete den Raum.
»Was ist das«, fragte Kobro und sah sich um. Ein fliegender, kleiner Schatten war an der Wand zu sehen, der sich nun vergrößerte und die Form eines Menschen mit Flügeln annahm.
»Was habt ihr getan?!«, ertönte eine zornige Stimme die sich in den Räumen fortpflanzte.
»Meine Kinder...meine Geschöpfe der Nacht...«
Der Mann trat aus der Dunkelheit nach vorne.
Er war groß, seine Augen waren fast schwarz, seine dunklen Haare fielen ihm über die Schultern. Er trug einen schwarzen Seidenumhang und darunter ein weißes Hemd.
Jarik richtete seine Waffe auf ihn.
»Du wirst der Nächste sein, Graf Draco!«
Ein dunkles Lachen erklang aus der Kehle des Grafen und er zerschlug einen der Steinsärge mit nur einem einzigen Hieb seiner Faust.
»Ihr seid nicht stark genug. Aber ihr könntet meine Weggefährten werden. Ihr bekommt meine Stärke und existiert ewig weiter!«
»Nein!«, Jarik hob seine Waffe an und schoß.
Doch der Graf war schneller als die Kugeln.
»Ihr wollt spielen?«, rief er plötzlich aus einer ganz anderen Ecke des Raumes und löste sich wieder aus dem Schatten. »Ich werde euch zu meinen Untertanen machen!«
Wieder war er verschwunden und Firenze spürte einen kurzen Lufthauch,
dann sah er wie Jarik durch die Luft geschleudert wurde und schwer gegen die Wand stürzte.
Firenze versuchte die Nerven zu behalten, er sah sich um, während er nun auch den Schrei von Kobro hörte. Der Söldner faste in seine Tasche und erspürte die Kette die er vor dem Wirtshaus gefunden hatte. Schnell zog er diese heraus und hielt sie vor sich.
Keine Sekunde zu früh. Er verspürte wieder den Luftzug, hörte ein kurzes Stöhnen, dann sah er den Grafen, wie er sich schützend die Hand vor das Gesicht hielt.
»Ein Kruzifix. Du willst mich mit einem kleinen Kruzifix besiegen, du Narr?«
Firenze hatte die Fackel vom Boden aufgehoben, ging einige Schritte zur Seite. Er hielt die Flamme an ein altes Seil, welches sofort brannte.
»Nein, damit!«
Der Graf sah zum Seil, im gleichen Augenblick zeriss dieses und eine Luke an der Decke schlug auf und gab, da das Dach zerfallen war, so den Weg für das Sonnenlicht frei.
Graf Dracos schrie auf. Firenze nahm seine, mit den zwei Silberkugeln beladene Pistole und drückte ab. Zwei Schüsse erklangen und übertönten das Klagelied des Untoten, dessen Körper nun in der Sonne zerfloss.

»Wir haben eine Schlacht gewonnen, meine Freunde«, lächelte Jarik den beiden Söldnern zu. »Doch es gibt noch weitere Schlösser und Burgen in den Karpaten, die von Unrat befreit werden müssen!«
Firenze ließ seine Waffe zu Boden fallen, dann nahm er seinen Pflock und schnitt eine tiefe Kerbe hinein.

»Lasst uns den Kampf gegen das Böse aufnehmen!«, sagte er leise.

© by Andreas Seiller Wolfgasse 19 67377 Gommersheim Email: aseiller@web.de Tel: 06327 / 97 555 6

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