MĂ€xchen spĂŒrte es in seinen Barthaaren. Irgendetwas war anders heute. Er trollte sich aus seinem Katzenkörbchen, schlich in den Flur und sah zur EingangstĂŒr. Wo Gesa nur blieb? MĂ€xchen wollte an der TĂŒr warten, doch die Fliesen waren zu kalt, zu hart fĂŒr seine watteweichen Tatzen. Er spitzte die Ohren. Was war das fĂŒr ein Geschrei?
MĂ€xchen hatte nie eine Chance, ein Max zu werden. Er zĂ€hlte inzwischen zehn Lenze, doch sein Frauchen behandelte ihn immer noch wie ein Neugeborenes. Das war auf der einen Seite sehr angenehm. Sein Futter war allererste Sahne. Sonntags bekam er Tartar und sonst gab`s das Fresserchen aus diesen schimmernden Golddosen. Einfach delikatös! Er empfand es als urgemĂŒtlich, am Abend mit Gesa im Sessel zu sitzen, von ihren Chips zu knabbern und zuzuhören, wie es im Fernseher quietschte und knallte. Das Allerschönste war jedoch, neben seinem Frauchen einzuschlafen. Sein Platz war unter ihrer Bettdecke. Dort kuschelte er sich an ihre FĂŒĂe und biss hin und wieder aus lauter Ăbermut zĂ€rtlich in ihren groĂen Zeh.
Doch wenn sie mit ihm sprach, als hĂ€tte er nicht alle Sinne beisammen, dann wĂŒnschte er sich, ein erwachsener, schlanker Kater zu sein. Davon war er allerdings weit entfernt.
MĂ€xchen eilte zurĂŒck ins Wohnzimmer, sprang auf die Sessellehne und von dort auf die Fensterbank. Das Fenster hatte keine Gardinen. So konnte er direkt auf die StellplĂ€tze und die nĂ€chste HĂ€userzeile blicken. Dort stand Gesas Taxi. Er entdeckte sie, zusammen mit Achim, diesem nervigen Typen. Beide fuchtelten mit den Armen. Als dann Achim seinen Arm hob und direkt auf ihn zeigte, fĂŒhlte MĂ€xchen sich ertappt. Er sprang auf den Teppichboden, schlich geduckt zu seinem Schlafplatz und rollte sich zusammen. Hatte er es etwa zu doll getrieben?
Kurze Zeit spĂ€ter klimperten die HaustĂŒrschlĂŒssel. Dazwischen mischte sich ein Schluchzen, das ihn zutiefst berĂŒhrte. Es dauerte eine Weile, bis Gesa die TĂŒr geöffnet hatte. Sie kam allein. MĂ€xchen stellte sich schlafend und wartete ab. Er hörte die Wahltasten des Telefons piepen. Kurz danach sprach Gesa.
âDu ScheiĂkater!â
MĂ€xchen zuckte zusammen.
Mit einem Latschen in der Hand kam Gesa ins Wohnzimmer gestĂŒrmt und zielte in seine Richtung. MĂ€xchen schaffte es gerade noch, sich aus seinem Körbchen zu wuchten und hinter die BadezimmertĂŒr zu verschwinden, da sauste es schon kometengleich durch die Luft und landete mit einem Klatsch an der Badezimmerwand. MĂ€xchen hockte sich ins Katzenklo. Er war verwirrt, scharrte die Streu auseinander. So hatte er sein Frauchen noch nie erlebt. Plötzlich stand Gesa im Bad und schmiss das Katzenkörbchen in die Wanne.
Sie zeigte drohend darauf und schrie fĂŒrchterlich.
Was hĂ€tte er denn tun sollen? Seine Versorgerin und Kuschelpartnerin widerstandslos diesem dahergelaufenen Typen ĂŒberlassen? Das war nun doch zu viel verlangt.
Vor einigen Monaten hielt Achim Gesa seine neuen Mokassins unter die Nase. Als die zwei dann engumschlungen ins Schlafzimmer schlenderten, schmiss Gesa MĂ€xchen kurzerhand hinaus. Das war nun wirklich zu viel. Anfangs kuschelte MĂ€xchen schnurrend an den Lederschuhen, die Achim im Flur sorgsam einreihte und fĂŒhlte, wie angenehm weich diese waren, aber dann ĂŒberkam ihn doch ein heftiger Schmerz. Rausgeschmissen hatten sie ihn. Da ihm der Weg zu seinem Klo zu weit war, erledigte er sein kleines GeschĂ€ft eben in einem dieser Schuhe. Na und? Achim war sauer am nĂ€chsten Morgen, schnupperte in der Luft herum, wĂ€hrend der Kater durch den TĂŒrrahmen blickte. Achim nahm den Schuh hoch und wollte ihn auf den Kater werfen, doch da mischte Gesa sich ein. Sie nahm MĂ€xchen auf den Arm und streichelte ihn:
âMein armer Kater. Musstest ganz allein schlafen.â Sie strich ihm ĂŒbers Fell und er schnurrte wohlig. Achim bekam einen Schreikrampf und knallte mit den TĂŒren.
Dann war da noch die Sache mit der Walnussschale. Gesa und Achim knackten im Wohnzimmer NĂŒsse. Immer, wenn MĂ€xchen an Gesas Beinen herumstrich, zappelte sie und schimpfte:
âNun geh doch mal. Ab ins Körbchen.â
MĂ€xchen wartete ab. Er wusste, dass Achim des Nachts zum Klo ging, also schnappte er sich ein paar spitze Walnussschalen und platzierte sie vor der BadezimmertĂŒr.
Als das Katerchen dann einen höllischen Schrei hörte, nickte er zufrieden ein.
WĂ€hrend MĂ€xchen ĂŒber seine Untaten nachdachte, klingelte es. Carolin stand vor der TĂŒr. Sie war ganz nett, doch andauernd versuchte sie ihn zu erziehen. Was ging sie es an, wie er mit seiner Gesa hier lebte? Und dann diese ekligen Leckerli, die sie ihm hin und wieder zusteckte. Mager und trocken wie ein Furz.
MÀxchen Àugte aus dem dunklen Bad in den Flur. Er sah, wie Gesa und Carolin sich umarmten. Seine Versorgerin hatte sich gerade beruhigt, doch jetzt begann sie wieder zu schluchzen. Carolin legte tröstend ihren Arm um Gesa und beide verschwanden ins Wohnzimmer. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
MÀxchen schlief im Bad ein. Plötzlich packten ihn zwei HÀnde und steckten ihn in diesen kalten TragebehÀlter. Gesa wollte ihn streicheln, aber MÀxchen lieà es sich nicht gefallen und fuhr seine Krallen aus. Ihm schwante Böses. Carolin trug ihn aus dem Haus und nahm ihn einfach mit.
Er verbrachte Wochen auf dem Lande bei Carolin. Das Leben dort war anfangs viel zu anstrengend und ungewohnt fĂŒr einen verwöhnten Stadtkater. Zuerst durfte er noch in Carolins Wohnzimmer ĂŒbernachten, aber als er sich eingewöhnt hatte, scheuchte sie ihn nach drauĂen. Dort suchte er sich ein SchlafplĂ€tzchen auf dem Carport. Futter gab`s nicht mehr aus den Golddöschen. MĂ€xchen musste sich MĂ€use fangen und wenn er GlĂŒck hatte, fand er in seinem NĂ€pfchen Trockenfutter, trockenes Trockenfutter. An Chips vor dem Fernseher war nicht im Entferntesten zu denken. Carolin hatte gar keinen Fernseher und Chips erst recht nicht. Sie lebte gesund.
Nach einiger Zeit fĂŒhlte sich MĂ€xchen so richtig fit. Er hatte abgenommen, doch plagte ihn das Heimweh nach seiner Gesa. Dann endlich nahm ihn seine Pflegemutter auf den Arm und setzte ihn vor dem Tragekorb ab. MĂ€xchen spĂŒrte: jetzt geht es zurĂŒck nach Hause. Er blinzelte Carolin mit seinen kugelrunden Augen an uns stolzierte maunzend hinein.
Was war er glĂŒcklich, seine Gesa wieder zu sehen. Er schnurrte wie eine NĂ€hmaschine, als sie sein Fell kraulte. Als er Achim in die Wohnung kommen sah, blinzelte er skeptisch.
MĂ€xchen war jetzt oft drauĂen unterwegs. Er genoss es, vom Dachfirst den Vollmond zu begrĂŒĂen und eine ganze Schar von Katzendamen anzulocken. Inzwischen war es ihm recht, dass Achim sich des Nachts um Gesa kĂŒmmerte. MĂ€xchen beobachtete, wie Gesa immer runder wurde und nach einer Weile ein kleines, weiches Wesen in der Wiege lag. Er war erleichtert. Endlich hatte Gesa ein anderes Kuscheltier gefunden und MĂ€xchen war endlich zum Max geworden.