Die Tasche fällt von der Schulter, die Schuhe fliegen in eine Ecke, der Mantel landet in hohem Bogen auf der Ablage. Mäxchen blickt mich verwundert an. „Fahr du mal fünf Stunden ununterbrochen Taxi, dann würdest du auch schauen, dass du schnell auf dein Kisterl kommst“, rufe ich und verschwinde am Klo. So kurz vor Weihnachten gibt es kaum eine Pause zwischen den Fuhren, besonders viele unangenehme Leute sind unterwegs. `Fahren Sie doch besser hier, das ist viel kürzer.´ Aber gerne, der Kunde ist schließlich König. Die Baustelle nach fünfzig Metern habe ich freilich verschwiegen. Wieder ein paar Euro mehr verdient.
Erleichtert komme ich aus dem WC und stolpere beinahe über meinen orange-getigerten Kater. Nur drei seiner Pfoten und seine Schwanzspitze sind weiß. Als Maine Coon Kater ähnelt er einem Luchs und wir haben viel Spaß, wenn er wieder einmal meine Gäste durch seine Größe erschreckt. Im Moment hat er allerdings nur ein Interesse - Futter - und fordert es mit lautem Gemaunze ein. Schon gut, ich bin auch ziemlich hungrig. Ab in die Küche, da zaubern wir uns etwas Leckeres. Doch so weit kommen wir nicht, mein Handy meldet sich.
Musik von den Dire Straits als Klingelton ist großartig, aber wenn man das Handy nicht findet, kann auch das nerven. Schnell durchwühle ich Handtasche und Mantel - nichts. Zuletzt finde ich es unter der Garderobe. „Wer stört?“ frage ich genervt. „Ist ja eine freundliche Begrüßung. Hast wohl einen miserablen Tag gehabt?“ bemerkt meine Freundin Carolin messerscharf. „Dagegen lässt sich was machen! Ich war gerade auf dem Markt und habe die Hände voll mit leckeren Sachen. Paul ist heute Abend auf einer Konferenz und ich habe Lust auf einen Frauenabend. Was hältst du davon, wenn ich uns eine Kleinigkeit koche?“ Klar, dass ich dieses Angebot nicht ausschlagen kann, noch dazu, da Carolin eine hervorragende Köchin ist.
Trotzdem eile ich in die Küche, um Mäxchens Hunger zu besänftigen - die Krallen drücken seinen Unmut zu deutlich aus. Zufrieden stürzt er sich auf das Futter. Ich beseitige mit ein paar Handgriffen das gröbste Chaos. Dann tausche ich noch schnell die Jean gegen ein bequemes Kleid, als es schon an der Türe läutet. „Du bist ja heute wieder geflogen!“ meine ich halb vorwurfsvoll. „Irgendwann wirst du noch ordentlich zahlen müssen.“ Carolin grüßt mich mit Küsschen. „Hast du vergessen - ich komme nicht von zu Hause. Der Markt ist doch viel näher“, zieht sie ein übertriebenes Schnoferl. Nein, ich habe es nicht vergessen, das war schon eingerechnet - aber wozu reden, sie hört sowieso nicht auf mich.
„Jedes Mal wenn ich zu dir komme, platze ich vor Neid über die neue Wohnung. Die offene Küche mit der Bar, das Riesenwohnzimmer und der Blick aus den großen Fenstern. Ein Loft war schon immer mein Traum. Und dass du hier gleich zwei Ebenen unterbringst - toll!“ schwärmt meine Freundin. „Na ja, ist alles nur fast perfekt“, seufze ich, daran denkend, dass ich mit 39 Jahren seit kurzem wieder mal solo bin. „Ach was, vergiss Achim für heute Abend. Der hat dich gar nicht verdient. Hör auf, ihm nachzutrauern. Mach uns lieber einen deiner traumhaften Cocktails, ich fange mit dem Kochen an“, ist ihre Reaktion und schon ist mein Anflug von Selbstmitleid dahin. Während wir putzen und schneiden, brutzeln und kochen, beginnen wir über unseren Tag zu erzählen. Als wir uns zum Essen setzen, sind wir schon in eine lustige Unterhaltung vertieft.
Wir lassen uns die Vorspeise auf der Zunge zergehen und übertrumpfen uns gegenseitig mit Anekdoten aus unserem Berufsalltag. Ich habe so viele skurrile Menschen kennen gelernt, ich könnte Bücher mit deren Geschichten füllen. Einigen ist es unangenehm, wenn es im Taxi so ruhig ist, die fangen zu plaudern an. Andere unterhalten sich ganz ungeniert vor mir über ihre Privatangelegenheiten. Was ich an Liebeleien und Streitereien, linken Touren und Lügen erlebt habe! Da war zum Beispiel ein Manager aus Liverpool, den ich vom Flughafen zum Hotel bringen sollte. Er hat meine Englischkenntnisse unterschätzt und sich bei seinem Handygespräch rücksichtslos über die Gepflogenheiten der Vorstandsetage ausgelassen. Eine Löwengrube muss das reinste Paradies dagegen sein.
Carolin hat als Journalistin einer großen Tageszeitung ebensoviel beizutragen. In ihrem Fachgebiet Innenpolitik fehlt es nicht an Hinterlist, Kriecherei und Einflussnahme. Es wundert mich immer wieder, dass Journalisten bei ihren Interviews den guten Ton bewahren. Soviel Selbstbeherrschung nach offensichtlich falschen, ignoranten oder aussagearmen Antworten nötigt mir einigen Respekt ab. Bei meinem losen Mundwerk hätte ich längst den Job verloren. Carolin ist wesentlich diplomatischer.
Wir holen Hauptspeise und Wein zum Tisch, da fällt mein Blick auf das Haus gegenüber. „Sieh nur - jetzt kann ich dir endlich diesen Windhund zeigen. Dort drüben im zweiten Stock. Die drei nebeneinanderliegenden Fenster. Da wohnt die Frau im Rollstuhl mit ihrem Mann - ich habe dir schon ein paar Mal von ihnen erzählt“, mache ich Carolin aufmerksam. „Ach ja, du hast ihn im Verdacht, seine Frau nach Strich und Faden zu betrügen“, meint sie ironisch. Sie findet meine Fantasie etwas blühend und macht sich gerne darüber lustig. „Ich bin mir ganz sicher“, erwidere ich. „Warte nur, du kannst dich von seinem unehrlichen Getue heute selbst überzeugen.“
Immer wieder sehen wir in die gegenüberliegende Wohnung. Der Mann scharwenzelt um seine Frau herum, bedient sie hinten und vorne und gibt sich äußerst liebevoll. Gemeinsam richten sie sich in der Küche das Essen, wobei er das Kochen übernimmt. Seine Frau deckt den Tisch und danach lassen sie es sich schmecken. Da das noch einige Zeit dauern kann, holen wir uns den Nachtisch und machen es uns auf der Couch bequem. Das Licht dimmen wir ein wenig, damit wir auf unserem Beobachtungsposten nicht so gut gesehen werden. Irgendwie ist das wie meine geliebten Fernsehkrimis, nur besser - ultralive, wenn auch ohne Ton.
Mäxchen, der auch seinen Anteil am Abendessen abbekommen hat, gesellt sich zu uns und fordert seine täglichen Streicheleinheiten ein. Er legt sich quer über Carolin, woraufhin sie ächzt und protestiert: „Ich habe gerade eine Riesenportion Tagliatelle gegessen, willst du, dass sie wieder raufkommen?“ Doch der Kater lässt sich um keinen Millimeter bewegen, was Carolin mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nimmt. Wenigstens einmal hat er sich ein anderes Opfer gefunden!
Carolin wird ein wenig ungeduldig, aber ich lasse sie nicht gehen: „Ich kann dir genau sagen, was er jetzt machen wird. Zuerst trägt er das Geschirr in die Küche, dann bereitet er ein Glas warme Milch. Schließlich holt er eine Tablette aus seiner Hosentasche und löst sie umständlich in der Milch auf.“ Es geschieht so, wie ich es vorhergesagt hatte. „Ich bin mir sicher, er betäubt seine Frau jeden Abend mit einem starken Schlafmittel, damit er ungestört das Haus verlassen kann. Ich muss ihm unbedingt einmal folgen, wenn er weggeht, und sehen, was er so treibt, während seine arme und hilflose Frau alleine ist“, ereifere ich mich.
„Aber Gesa, du schaust einfach zu viele Krimis“, erwidert meine Freundin. „Im normalen Leben laufen die Dinge - trotz der vielen komischen Leute, die wir kennen lernen - doch meist einfacher ab.“ Stimmt schon, vor dem Einschlafen sehe ich gerne einen spannenden Film aus meiner Videosammlung, aber da ist auch noch meine Menschenkenntnis. So leicht kann Carolin mich nicht vom Gegenteil überzeugen. Inzwischen hat der Verdächtige seiner Frau die Milch zusammen mit einem Buch ins Wohnzimmer gebracht. Aber sie lässt sie lange unberührt stehen.
„Na siehst du Gesa, da passiert heute gar nichts mehr!“ beharrt Carolin auf ihrer Meinung. „Und bei mir wohl auch nicht. Morgen ist ein anstrengender Tag und nach dem Essen bin ich ziemlich müde. Wenigstens habe ich vom Wein nur genippt, da kann ich noch beruhigt heim fahren.“ `Wenn du nur nicht so rast´ will ich schon sagen, halte mich aber zurück, um nicht einen Streit vom Zaun zu brechen und meine nur: „Schade, ich hätte dir gerne bewiesen, dass ich mit meinem Verdacht richtig liege. Aber ich verspüre auch eine gewisse Bettschwere. Ich werde mich mit einem Video zurückziehen.“ Wir müssen lachen, Carolin nimmt ihre Tasche und ist schon aus der Tür.
„Na Mäxchen, sind wir wieder alleine. Gehen wir auch ins Körbchen?“ streiche ich ihm über das Fell. Aber für heute hat das eigensinnige Tier genug und mit einem unwilligen Pfauchen zieht er sich auf seinen Lieblingsplatz zurück. Ich gehe ins Bad und mache mich fürs Bett fertig. Während ich, nur mit Unterwäsche bekleidet, die Zahnbürste im Mund, aus dem Badezimmer komme, sehe ich, wie der Mann von gegenüber die Wohnung verlässt. Das ist meine Gelegenheit!
Mit einem Mal bin ich wieder putzmunter, renne ins Bad, spucke ins Waschbecken und suche hektisch nach meinem Kleid. Um keine Zeit zu verlieren werfe ich mir nur den Mantel über, schnappe die Tasche und schlage mit einem lauten Krachen die Wohnungstür hinter mir zu. Auf den Lift warte ich gar nicht, sondern rase die Stiegen hinunter. Atemlos renne ich aus dem Haus und bremse mich unauffällig ein, als der Mann aus dem Nachbarhaus kommt. Ich folge ihm, bis er bei einer Bushaltestelle stehen bleibt.
Ich laufe zu meinem Taxi. Klar, dass ich keinen Fahrschein habe und durch einen Fahrscheinkontrollor will ich meine Verfolgung nicht behindern lassen. Ich fahre zurück zur Station und sehe den Mann in den Bus einsteigen. Jetzt muss ich nur noch hinterherfahren und nicht verpassen, wo er aussteigt. Ich bin gespannt, was für ein nächtliches Geheimnis ich enthüllen werde. Betrügt er seine Frau mit einer jungen Blondine, die ihn auch noch ausnimmt? Geht er jeden Abend ins Casino und verspielt das Erbe seiner Frau? Oder führt er eine zwielichtige Bar, wo sich die Verbrecher der Umgebung treffen? Endlich steigt er aus, nun wird die Wahrheit ans Licht kommen.
Ich parke halb auf der Bushaltestelle und nehme die Verfolgung auf. Nach zwei Kreuzungen biegt der Mann nach rechts ab und ich muss mich beeilen, um ihn nicht zu verlieren. Ich luge vorsichtig ums Eck und - nichts! Nein, nein, das darf nicht sein! Er kann sich nicht in Luft auflösen. Ganz ruhig und logisch vorgehen. Allzu viele Eingänge gibt es ja nicht, in denen er verschwunden sein kann. Etwas weiter vorne leuchtet ein Schild. Natürlich - in dem Lokal trifft er sich mit seiner Geliebten. Ich trete in den verrauchten Gastraum und werde kurz unsicher. Der Verdächtige ist nicht zu sehen, aber er kann nirgends anders hingegangen sein. Ich mache eine Runde, als würde ich jemand suchen, mit dem ich verabredet bin. Am besten ich lasse mich zunächst unauffällig an der Bar nieder, durch die großen Spiegel kann ich alles in Ruhe beobachten.
Ich bestelle mir ein Bitter Lemon, da spricht mich ein gutaussehender Typ in Lederhose und Krawatte an: „Möchtest du nicht deinen Mantel ablegen?“ Fast wäre ich versucht gewesen, seiner Aufforderung zu folgen! „Nein, nein, danke“, wehre ich ab. „Ich bleibe nicht lange.“ „Eigentlich schade“, erwidert er, aber ich gehe auf seinen Annäherungsversuch nicht ein. Sehr beharrlich ist er glücklicherweise nicht, denn er wendet sich schon seiner anderen Nachbarin zu. Sollte ich beleidigt sein?
Das Lokal macht einen seltsamen Eindruck. Die meisten Tische sind nur mit einer Person besetzt, Pärchen gibt es eher wenige. Während meine Augen von einem Tisch zum anderen wandern - irgendwo muss der Gesuchte ja sein - spricht mich der nächste Mann an: „Du suchst doch sicher mich?“ Ich lächle gezwungen über diesen müden Scherz. „Kann ich dir ein Getränk spendieren?“ „Nein danke, ich trinke nur noch aus. Bin eigentlich schon am gehen“, hoffe ich, mich mit meiner lächerlichen Erklärung aus der Affäre zu ziehen. „Zu schade, aber vielleicht kommst du ja mal wieder. Dann bis demnächst“, gibt auch dieser potenzielle Verehrer allzu schnell auf und geht zu einer alleine sitzenden Frau an den Tisch. Na das scheint ja ein erfolgreicher Abend zu werden. Mein Beobachtungsobjekt ist spurlos verschwunden und die Männer finden es nicht mehr wert, etwas mehr Energie für eine Frau an den Tag zu legen!
Ich spiele mit den Zündern, die mir der Kellner hergelegt hat, und nehme einen langen Schluck. Dabei fällt mein Blick auf den Namen des Lokals: Sweetheart - der Singletreff. Verdammt, da hätte ich aber auch früher draufkommen können. Das muss ich sofort Carolin erzählen und schon tippe ich ihre Nummer ein. „Bist du noch zu retten?“ motzt sie mich an. „Ich habe schon fast geschlafen!“ „Darauf kann ich leider keine Rücksicht nehmen. Ich habe die Verfolgung des Verdächtigen aufgenommen und bin ihm bis in eine Singlebar gefolgt. Ich hab ja gewusst, er betrügt seine Frau. Komm her und überzeug dich selbst.“
Carolin gibt ihren Widerstand rasch auf und macht sich auf den Weg. Nicht einmal meine Bitte um Hose und T-Shirt hat sie kommentiert. Inzwischen suche ich mit den Augen weiterhin unauffällig den Raum ab. Es ist schwer, jemanden zu finden, wenn die Gäste immer wieder den Tisch wechseln. Gleichzeitig versuche ich, nicht noch weitere Annäherungsversuche zu provozieren und klammere mich an mein Getränk. Mir kommen langsam Zweifel, als ich eine Hand auf der Schulter spüre. `Nicht schon wieder´, denke ich und drehe mich unwillig, aber trotzdem freundlich lächelnd um. „So, so,“ meint daraufhin Carolin. „Du lächelst also jeden an, der dir auf die Schulter greift. Und ich dachte, du brauchst unbedingt Hilfe, um dich der lästigen Verehrer zu erwehren!“ Ich will protestieren, aber sie lässt mich gar nicht zu Wort kommen: „Du bist wirklich verrückt. Das kostet dich mindestens eine Essenseinladung, wenn ich mir hier die Nacht um die Ohren schlage.“ Dabei drückt sie mir das Sackerl mit dem Gewand in die Hand.
Bevor ich ihr gestehe, dass ich nicht weiß, wo der Betrüger sitzt, gehe ich lieber aufs WC, um mir etwas anzuziehen. Immerhin haben wir annähernd die gleiche Kleidergröße! Allerdings dürfte sie mir die engsten Sachen mitgebracht haben, die sie zu Hause hatte. Na gut, die kleine Boshaftigkeit hat sie sich verdient. Ich zwänge mich also mit Mühe in die Hose. Am Weg zur Bar werde ich beinahe von einer Tür getroffen, die neben mir aufschwingt. Während ein Kellner mit Tellern heraushastet, fällt mein Blick auf eine Küchenhilfe. Ich kann es kaum glauben, es ist tatsächlich der Gesuchte. Mehrmals schwingt die Küchentür hin und her, während ich wie erstarrt stehen bleibe. Erst als der von mir Verdächtigte den Kopf hebt und in meine Richtung blickt, flüchte ich zu Carolin.
Ohne lange zu diskutieren, bezahle ich unsere Getränke. Ich ignoriere die hinaufgezogenen Augenbrauen meiner Freundin und ziehe sie mit zum Ausgang. Was müssen meine `Verehrer´ von mir denken, dass ich sie so rüde abgewiesen habe und dann mit der erstbesten Frau verschwinde, die mich anspricht? Wenn die Situation nicht so peinlich wäre, wäre sie sicherlich komisch. Vor der Türe hält mich Carolin an: „Jetzt sag schon! Was ist los auf einmal?“ Zerknirscht beichte ich ihr, wie sehr ich mich in dem Mann getäuscht habe, und sie kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Auf meinen Blick hin unterdrückt sie es, lauthals loszulachen. Sie legt den Arm um mich und meint: „Ich kenne ja mittlerweile dein ausgeprägtes Vorstellungsvermögen! Zumindest hast du deine Vermutung überprüft, bevor du jemanden rebellisch gemacht hast. Und jetzt, nachdem sich dein Nachbar einfach nur als fürsorglicher Partner herausgestellt hat, der nachts arbeiten geht, um untertags für seine Frau zu sorgen, können wir schlafen gehen und die ganze Sache vergessen.“
Hinter den Scheibenwischern meines Taxis steckt ein Strafzettel - der Abend war ja noch nicht schlimm genug! Trotzdem bleibe ich noch eine Weile im Fahrzeug sitzen, bevor ich nach Hause fahre. Wie konnte ich mich zu so unsinnigen Schlussfolgerungen verleiten lassen. Ich schwöre mir hoch und heilig, die nächsten vier Wochen keinen Krimi mehr anzusehen. Plötzlich klopft jemand an meine Scheibe. Als kleine Buße mache ich diese letzte Fahrt des Abends - noch dazu gratis. Der junge Mann hat das unberechtigterweise auf seinen umwerfenden Charme zurückgeführt, aber egal. Jetzt will ich nur noch nach Hause.
Ich schließe die Tür auf, nichts regt sich in meiner Wohnung. Mäxchen hat wahrscheinlich nicht einmal bemerkt, dass ich weg war. Und wirklich finde ich ihn tief schlafend auf meinem Fernsehfauteuil, wo er sonst nicht liegen darf. Ich schließe die Jalousien, um nicht an meine Niederlage erinnert zu werden. Danach steige ich zu meinem Schlafbereich hinauf und lege mich ins Bett. Automatisch will ich zur Fernbedienung greifen, die am Nachtkastl liegt. „Gesa Wohlrath,“ bin ich streng zu mir, „denk an dein Versprechen. Dreh einfach das Licht ab und schlafe!“
Aber ich wälze mich unruhig von einer Seite auf die andere. Schließlich setze ich mich auf. Ich habe doch sonst keine Einschlafprobleme und das schlechte Gewissen hat sich auch schon ein wenig beruhigt. Ich bleibe einige Minuten ruhig sitzen. Dann wandert meine Hand ganz beiläufig zur Fernbedienung und spielt versonnen damit. Ich denke an die verzwickten Handlungsfäden, mit denen der letzte Film so spannend gewoben war. Aber ich kann mich partout nicht an das Ende erinnern. Bin ich etwa eingeschlafen dabei? Ich brauche nur eine kleine Erinnerungshilfe. Ich drücke auf den Einschaltknopf.
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