Stef Anborg war ein Journalist mit Leib und Seele. Auf seinem Redaktionstisch stand ein schmuckloser Kondolenzrahmen mit dem Portrait seiner ermordeten Kollegin – darunter der Satz: „Wahrheit, nichts als die Wahrheit.“
Menschen, die Stef näherstanden, wussten, dass dieser Reporter den Leitspruch zu seinem Lebensinhalt und Berufsethos gemacht hatte. Seit Beas Tod ging er noch akribischer zu Werke, als man es von ihm ohnehin gewohnt war. Manche meinten, er suche die Gefahr, weil er ohne Bea nichts mehr zu verlieren hatte. Andere behaupteten sogar, Stef wolle in die Fußstapfen seiner toten Kollegin und Liebe treten, weil ihn in diesem Leben nichts mehr hielt.
Dafür sprachen auch seine Reportagethemen. Waffenhandel ehemaliger serbischer Freischärler, Auf den Spuren der Medelinmafia, Interview mit Osama ...
Vor dem Redaktionsbüro stand eine vermummte, bewaffnete Mitarbeiterin des militärischen Staatsschutzes, Abteilung Terror und innere Sicherheit. Die Elitesoldatin überprüfte jeden Besucher, der Stefs Büro betreten wollte, und die Post durchlief ein Röntgengerät bevor sie auf dem Redaktionstisch landete. Hin und wieder entpuppte sich der Inhalt als hochexplosiv.
Reporter und Bodyguard hatten sich aneinander gewöhnt – zwei Kämpfer in Sachen Pressefreiheit und Aufklärung. Abends saßen sie oft noch lange nach Dienstschluss im Büro und entwarfen Visionen einer besseren Welt. Stef nannte seinen Schutzengel Catarina – ihren echten Namen kannte er nicht – niemand durfte ihn kennen. Aus Sicherheitsgründen. Catarinas Schutzmaske ließ nur einen Blick in ihre Augen zu, ihre Stimme klang stets gedämpft. Für den Reporter wurde sie zu einem engen Freund, einem Seelsorger, dem er alles - Ängste, Wünsche und geheimsten Gedanken - erzählen konnte. Die Soldatin hörte ihm stets geduldig zu und manchmal strich sie ihm über Wange und Hand, wenn der Schmerz über Beas Verlust ihn einholte. ...
Liebe Leserin, lieber Leser,
diese Geschichte gehört zu den Siegergeschichten und erscheint in unserer Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir uns nicht selbst Konkurrenz machen möchten, indem wir die Geschichte ebenfalls hier komplett veröffentlichen.
Vielen Dank!
Andreas Schröter
Letzte Aktualisierung: 29.06.2006 - 20.39 Uhr Dieser Text enthält 1965 Zeichen.