Honigfalter
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April 2005
Die Scheidung
von Thom Delißen

Er tritt, aus den langen Reihen des Maisfeldes heraus, auf die Mitte des Feldweges, dessen Ende als Strich am Horizont verschwindet.
Ungeduldig, eher zornig, streicht er sich die blonden Strähnen der Pflanzen aus seinen schwarzen Haaren, blickt hinter sich.
Die Reihen der Stadthäuser, die wie eine Beule dort, jetzt schon weit entfernt, zu sehen sind, scheinen ganz wie er, ebenso nervös zu pulsieren, scheinen mit Energie geladen, dumpf und feist zu wabern.
Er wendet nun den Kopf nach vorn, es kommt ihm vor, wie eine verzerrte Bewegung in der Zeit. Seine Füße beginnen den Körper samt zementenem Schädel in Richtung aufgehender Sonne zu tragen.
Und da ist die Wut.
Er fühlt sie in sich wie ein lebendiges, wachsendes Wesen, fühlt wie sie Platz, Raum, Geist beansprucht.
Wie sich Druck aufbaut; ja, wie sich Druck aufbaut, der sämtliche Poren seines Lebens zu durchdringen sucht.
Doch ist es nicht nur Wut, die da lüstern lodert; Nein; auch die Angst macht ihren Anspruch geltend, sucht ihr Sein in immer größrem Maße zu vertreten und zu marken.
Der Mann mit den schwarzen Kraushaaren schluckt schwer, der gedankenmetallen, schwere Ring um seine Brust scheint noch enger zu werden.
Was ist da noch?
Das Atmen fällt schwer.
Da ist das Wissen.
Jedoch das Wissen, die Ahnung nur von den Zusammenhängen, trägt nicht nur sein Scherflein bei, sondern; ja, ist die Ursache der Beengung. Der Quell, aus dem sich diese Qualle aus Wut, Verzweiflung und Angst nährt, die sie wachsen lässt, ihr ungeheure Kraft und Energie verleiht.
Und da wachsen heraus aus Unverständnis Hass und auch der Neid, nie gesäte Samen apokalyptischer Gedanken tragen reiche Frucht im blähenden, wölbenden Nichts des stöhnenden Warum.
Eine menschengroße, menschengleiche Seifenblase, gefüllt mit giftiger Galle, doch die Hülle unverletzlich, noch und immer?
Der Mann, schwer kämpft er jetzt mit seinem Atem, ist wohl in der Ohnmacht Nähe, doch scheint ein Sturm in seinem Leib ihn stets nach vorn zu treiben, in’s fahle Licht des Ungewissen.
Ideenprall gefüllt, dem Bersten nah sein Hirn, mit ihm sein ganzer Körper, der Oberkörper möchte schier zerplatzen.
Verzweifelt suchen die Gedanken letzte Wege, möchten auf den Grund der Dinge sehen. Und haben sie ihn denn erblickt, den Boden, so stürzen sie in dieses körperlose Nichts, das jede Frage, dass das Leben ist, die Macht der Welten.
Und dies fühlt der Mann in sich, merkt, wie er sich füllt, in Geist und körperlicher Not, wie sie sich dehnt, die Pein des Wissens um die Relationen.
Die Zeit verfliegt, ungezählte Stunden geht er schon auf dieser Straße, diesem Weg.
Er ist nicht mehr nur Fleisch und Blut, er ist aufgesparter Atem aller Zweifel, ist Springflut seiner Emotionen, Feuersbrunst des Baumes der Erkenntnis.
Die Spannung innert seines Körpers wird zum schwarzen Schmetterling, durchdringt ihn völlig, versucht zu fliehen, verlangt all jene Kräfte, die er geben kann.
Er keucht, kann nur noch keuchen.
Die Beine tragen weiter.
Dort sind die Berge.
Steil klimmt der Weg nach oben, endlich.
Die Steine hier, die Felsen, Symbol der Schluchten dieses Lebens.
Der Weg wird schmaler.
Kalt wird nun die Luft, doch Erlösung kann auch sie nicht sein, Befreiung von der innr’en Pein, dem Gewicht, das dort in seiner tiefsten Seele, immer drängender nach einem Ausweg sucht.
Weiter, hinein in diese frühen, grauen Nebel, fort aus diesem düstren Tal; hinauf an’s Licht der Bergeshöhe.
Dort steht der Mann dann endlich, nach allzu langer Zeit, das Gipfelkreuz für ihn der Wirbel der Unendlichkeit.
Vor seinen Augen liegt die Erde, die Natur, das Leben.
Stehen Gesellschaft, Krieg und Gold.
Faulen die Leichen aller Krieger.
Stinkt und ätzt das Gift des Wollens.
Und er sieht es, wahrlich; Ja, er kann es fühlen und erkennen, blickt das Netz der Dinge.
Und alles Aufgestaute, jede Regung seines Ichs, die Tonnenschwere, Meeresgleiche Kraft, die ihn zu zerreißen drohte, schickt sich nun an, der Wirklichkeit gerecht zu werden.
Er atmet tief, nun füllen sich die Lungen, die Hände hebt er hoch zum Himmel, zu der roten Sonne, das Gesicht ein einzges Atemholen, die Augen weit, Pupillen wie im Rausch.
Er denkt in sich das Vakuum quellen.
Der Brustkorb weitet sich, den Fuß ein Stück nach vorn, nur festen Halt auf dieser Erde.
Und dann, in ohnmächtiger Wildheit, beginnt es selbst sich Kund zu tun.
Wie aus dem Urstrom allen Wesens, in ungehemmter Ganzheit werden Materie und Gedanke Eins, entsteht ein Wirbel voller Energie, der weder Gut noch Böse ist, noch existiert, noch auch das Gegenteil davon.
Ein Schrei, alt wie die Seele aller Wesen dieser Welt dringt aus seiner Kehle, wahrhaftig weltumspannend, verschlingt die graue Stille diesen Tages.
Es ist wie tausend Pauken und Trompeten, das Crescendo im Finale, der Klang hallt über alle Wälder, übers ganze Land, den Erdenball.
In diesem Ruf liegt die Befreiung, er sprengt die rostgen Ketten der Hyänen, zerreißt das feuchte Spinnennetzgewebe des Gesellschaftsdenkens.
Mit ungeahnter Kraft und Stärke, so glockenklar und hell, so überall hindurch und doch davor.
Der Schrei, diese vollkommene Erlösung, ist soviel mehr als nur ein Wort, ist Ewigkeit, ist alles was man Göttlich nennt und löst die Pein des Lebens in sich selbst:

"Ich liebe Dich!"

Weit hallt das Echo in das Weltenall.

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