'paar Schoten - Geschichten aus'm Pott
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Das Ruhrgebiet ist etwas besonderes, weil zwischen Dortmund und Duisburg, zwischen Marl und Witten ganz besondere Menschen leben. Wir haben diesem Geist nachgespürt.
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August 2005
Liebeswahn und Todesangst
von Dagmar Hospes

Pia befand sich auf der Rückfahrt vom Bahnhof zur Taxizentrale für die sie arbeitete. Für heute war ihr Arbeitstag zu Ende, aber sie wusste genau, dass heute noch nicht alles vorbei war. Bis spät in die Nacht hinein hatte sie gearbeitet. In ihrem Taxi fühlt sie sich sicher, auch in der Nacht, aber sobald sie ihre Wohnung betrat und sie das blinken ihres Anrufbeantworters sah, wäre sie am liebsten davon gelaufen.

Erst seit kurzem hatte sie sich von Kai getrennt, aber er ließ ihr keine Ruhe. Immer wieder tauchte er vor ihrem Haus auf. Immer wieder belästigte er sie mit Anrufen. Schon in der Beziehung lief einiges nicht gut. Kai war egoistisch und Pia konnte ihm einfach nichts recht machen. Vor einem halben Jahr hatte sie ihn schon einmal hinausgeworfen, aber er hatte so lange gebettelt, bis sie sich auf einen zweiten Versuch mit ihm eingelassen hatte. Sie hätte es besser wissen müssen, aber auch sie hatte gehofft das es noch einmal klappen könnte.
Sonja, ihre Freundin, hatte ihr von Anfang an gesagt, dass sie die Finger von ihm lassen soll. Als sie nun die Wohnungstür aufschloss, kam ihr ihre Katze entgegen gelaufen. Sie hatte sie vor einem Jahr zu sich geholt. Pia liebte Tiere über alles, Kai dagegen hielt nicht all zu viel von Tieren. Dazu kam, dass er eine Katzenallergie hatte. Nicht sehr schlimm, aber es reichte aus.
Plötzlich läutete das Telefon. Pia zuckte zusammen, erst nach kurzem zögern nahm sie den Hörer ab..
„Schülke hier.“
„Warum nimmst du denn nicht ab?", sagte Sonja.
„Hallo Sonja, ich bin gerade erst herein gekommen,“ log sie die Freundin an. Eigentlich hatte sie wieder damit gerechnet einen dieser schrecklichen Anrufen von Kai zu bekommen. Davon wollte sie Sonja nichts sagen.
„Was machst du? Ich bin zu müde um noch was zu kochen und mein Gefrierfach ist auch leer. Was hältst du davon, wenn wir zum Griechen gehen?“
Pia schwieg. Seit der Trennung von Kai ging sie abends, wenn es dunkel war nicht mehr alleine auf die Straße, und wenn sie zum Griechen wollten, dann musste sie einige Straßen durch die Dunkelheit gehen. Sonja wusste das.
„Ich hohl dich auch ab“, vernahm sie am anderem Ende der Leitung Sonjas Stimme.
„Danke Sonja, das ist wirklich nett von dir, aber es ist spät geworden. Wie hältst du das eigentlich durch, dein Shop als Krankenschwester ist doch auch kein Zuckerschlecken? Vielleicht verschieben wir das aufs Wochenende, sagte Pia, dann sieht mein Kontostand auch wieder etwas besser aus.“ Pia verabschiedete sich von Sonja.
„So Mulle,“ sagte Pia zu ihrer Katze, jetzt haben wir den Abend für uns. Pia ging in die Küche. Aus ihrer Abstellkammer holte sie für Mulle etwas Futter. Schnurrend schlich sie um ihre Beine herum.
„Ja, du bekommst jetzt etwas ganz Feines. So etwas Gutes bekommt nicht mal dein Frauchen.“ Pia musste lachen. Sie holte sich eine Lasagne aus dem Kühlfach und schob sie in ihre Mikrowelle. Sie kochte genau so ungern wie Sonja, an den Wochenenden gingen sie meistens gemeinsam essen. Pia ging hinüber ans Fenster, um die Jalousie herunter zu lassen. Und da stand er wieder. Kai!
Er lächelte zu ihr hin auf. In der Hand hielt er sein Handy. Kurz darauf läutete ihr Telefon. Dann sprang ihr Anrufbeantworter an.

„Hallo Pia, ich gebe dich nicht so ohne weiteres auf, dass weißt du ganz genau. Wir gehören doch zusammen, gib uns eine Chance.“ Dann legte er auf.
So ging das jetzt seit Wochen.
Pia fühlte sich nicht wohl, was sollte sie machen? Würden ihre Nächte jetzt immer so sein? Wie automatisch wählte sie Sonjas Nummer.
„Sonja, bitte kommst du zu mir, Kai hat wieder angerufen.“

Tröstend legte Sonja ihren Arm um die Freundin.
„Komm, ich hab uns eine Flasche Rotwein mitgebraucht, danach kannst du bestimmt besser schlafen.“
Sonja öffnete die Flasche und holte zwei Gläser.
„Pia, du musst zur Polizei gehen.“ Pia sah Sonja fragend an.
„Wieso, es ist doch nichts passiert, man wird mich auslachen?“
„Hast du denn noch nie von Stalking gehört?“
„Nein, was ist das?“
„Kai ist ein Stalker, er wird dich nie in Ruhe lassen, er fühlt sich in seiner Eitelkeit gekränkt. Du hast ihm den Laufpass gegeben und das kann er nicht akzeptieren. Es gibt Fälle, da sind die Männer durchgedreht und haben die Freundin ermordet. Ich will dir ja keine Angst einjagen, aber du musst zur Polizei. Sie werden Kai verbieten sich in deiner Nähe aufzuhalten.“ Pia sah Sonja entsetzt an.
„Aber du glaubst doch nicht das er mir etwas antun würde?“
„Ich weiß es nicht Pia. Du solltest trotzdem Vorsichtsmaßnahmen treffen.“
„Und wie sehen die deiner Meinung nach aus?“
„Lass dein Türschloss auswechseln.“
„Kai hat keinen Schlüssel mehr.“ Sonja ließ es dabei bewenden, außerdem wollte sie nach Hause. Sie war müde.
Die kommenden Tage schlichen nur so dahin. Pia sehnte das Wochenende herbei, an dem sie ausnahmsweise mal keinen Dienst hatte.
Als sie am nächstem Tag die Taxizentrale betrat, winkte ihr Kai zu.
„Pia, Kai hat gefragt ob du an diesem Wochenende frei hast. Er wollte sich dann auch frei nehmen. Ich hab ihm gesagt das du frei hast, aber warum kannst du ihm das Abends nicht selber sagen?“, fragte Paul.
„Weil wir schon seit Wochen getrennt leben Paul, ich wollte es hier bloß niemandem sagen.“
„Dann hätte ich ihm jetzt wohl besser keine Auskunft geben sollen?“
Paul entschuldigte sich, aber gleichzeitig sah er sie beleidigt an.
„Du kannst ja nichts dafür, ich hätte dir wenigstens was sagen können.“
„Ja, dass hättest du, seit wann haben wir denn Geheimnisse? .“

Pia war wütend auf sich selbst. Jetzt hatte Kai auch noch herausgefunden, dass sie an diesem Wochenende frei hatte. So ein Mist. Wenigstens Paul hätte sie sich anvertrauen können. Das hatte er nicht verdient.
Pia hatte heute viele Fahrten gehabt. Müde schloss sie ihre Wohnungstür auf. Vorher hatte sich noch schnell im Supermarkt an der Ecke einige Fertigmenüs besorgt, damit sie versorgt war.
Jetzt wollte sie ein heißes Bad nehmen. Dabei könnte sie sich mit einem guten Buch sicher etwas entspannen.
„Mulle, wo bist du denn?“ Pia stutzte. Wo war denn die Katze? Sie wurde sonst immer sofort begrüßt. „Mulle? .“ Pia lief in die Küche, aber auch da war die Katze nicht. Da sah Pia das die Badezimmertür offen stand.
„So da hast du dich also verkrochen“, sagte Pia.
Sie betrat das Badezimmer und blieb wie erstart im Türrahmen stehen, dann schrie sie.
Sie hielt sich die Hand vor den Mund, lief in die Küche, um sich dort zu übergeben. Mulle lag aufgeschlitzt in der Wanne, an die Fliesen war ein riesiger Zettel geklebt auf dem stand.

Pass gut auf dich auf, damit es dir nicht auch einmal so ergeht.

Wie war Kai in die Wohnung gekommen? Er hatte doch keinen Schlüssel mehr.
Als Pia sich beruhigt hatte, stieg eine unbändige Wut in ihr auf. Er hatte nicht das Recht ihre Katze zu töten. Sollte er doch nur kommen, auch wenn sie noch so große Angst hatte. Pia rief Sonja an.
„Nun musst du aber die Polizei anrufen Pia“, sagte Sonja.
„Das ist eine Morddrohung. Es müssen Fotos gemacht werden. Außerdem musst du noch heute dein Türschloss austauschen lassen.“
Pia reagierte nicht, sie überlegte wie sie sich weiterhin verhalten sollte.
„Ja, mach du das,“ sagte sie kurz angebunden zu Sonja.
Sonja beschloss zu handeln, also rief sie die Polizei. Die Polizisten waren schnell bei ihnen.
„Sie sind die Freundin von Frau Schülke?“
„Ja, ich heiße Sonja Berger. Inzwischen hab ich auch schon bei einer Schlüsselfirma angerufen, die noch heute Abend das Türschloss auswechseln wird.“
„Das haben sie richtig gemacht“, sagte der Polizeibeamte.
„Wir haben jetzt Fotos gemacht. Die Katze werden wir mitnehmen, dass ist im Moment alles was wir tun können. Melden sie sich morgen noch mal bei mir.“
Dann verabschiedeten sich die Polizisten. Wenige Minuten später kamen zwei Männer um das Türschloss auszuwechseln. Sonja verbrachte die Nacht bei Pia.
Nach einigen Tagen ging es Pia wieder besser. Sie vermisste Mulle sehr. Da sie noch so gerne die Aussicht von ihrer Wohnung, auf den gegenüberliegenden Park genoss, beschloss Pia doch sich Vorhänge anzuschaffen. Gleich morgen wollte sie mit Sonja losziehen, um sich etwas Schönes auszusuchen. Oder sollte sie vielleicht besser gleich umziehen? Nein, sie würde bestimmt nicht davon laufen. Kai würde bald aufgeben und dann würden die Nächte wieder ruhiger werden.
In der kommenden Woche arbeitet Pia sehr lange. Sie machte Überstunden. Sie wollte so spät wie möglich zurück in ihre Wohnung. Am liebsten hätte sie auch noch alle Nachtfahrten übernommen.. Nur um ja nicht zurück in die Wohnung zu müssen, aber Paul ließ das nicht zu. Kai hatte auf ihren Anrufbeantworter viele unschönen Nachrichten hinterlassen. Zuletzt hatte sie die Nachrichten nur noch gelöscht.
Pia hätte sie alle abhören sollen, dann hätte sie jetzt gewusst, dass sie diese Nacht vielleicht nicht überleben würde.
Sonja hatte zufällig beobachtet wie Kai ein Waffengeschäft verlassen hatte. Sie musste Pia warnen, gleich danach hatte sie ihr eine Nachricht auf ihren Anrufbeantworter gesprochen.
Sonja war bereits zu spät zum Dienst erschienen. Deshalb war ihr nicht mehr ausreichend Zeit geblieben, um Pia in der Taxizentrale aufzusuchen, sie rief sofort bei der Polizei an. Nun hoffte sie inständig, dass sie ihre Freundin lebend wiedersehen würden.

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