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November 2005
Sündhaft schön
von Jutta Federkeil

Mara kam nur noch selten hier herauf. Die Stufen zum Dachzimmer, welches früher das Arbeitzimmer ihres verstorbenen Mannes gewesen war, wurden für sie immer beschwerlicher. Sie spürte ihr zunehmendes Alter.
Mara ließ sich auf dem alten Schaukelstuhl nieder. Ihr Blick fiel auf das Bild an der Wand.
Vor über dreißig Jahren hatte sie es für Max malen lassen. Voller Stolz hatte er es aufgehängt und noch heute hörte sie seine Worte:
„Mein Gott Mara, du siehst sündhaft schön aus.“
Bei diesen Worten hatte sie damals verlegen die Augen niedergeschlagen. Sie hätte Max in diesem Moment nicht anschauen können.
Das Bild zeigte sie auf einem breiten Diwan liegend. Braune Locken umrahmten ihr Antlitz und lagen wie ein Fächer auf den nackten Schultern, die vollen Lippen waren leicht geöffnet - die dunklen Augen funkelten verführerisch und geheimnisvoll.
Ein weinrotes Seidentuch bedeckte hauchzart ihren Körper und regte die Fantasie an. Das Bildnis strahlte Sinnlichkeit aus.
Heute war Mara eine alte Frau. Sie hatte nur noch wenig Ähnlichkeit mit der Gestalt auf dem Bild. Dabei war sie früher überzeugt gewesen, sie sei mit ihren vierzig Jahren schon alt.
Das Gemälde - und alles was damit zusammenhing - hatte sie oft bis in ihre Träume verfolgt.
Mara wippte mit dem Stuhl auf und ab - ließ ihren Gedanken freien Lauf. Wie ein Vorhang, der sich vor ihren Augen aufzog, kehrte die Erinnerung an jene Zeit zurück.
Sie sah die junge Malerin Julie vor sich. Julie, die dieses Werk schuf, stammte aus Paris und studierte Kunst. Mara hatte sie auf einer Studentenfete ihres Sohnes Sven kennen gelernt. Julie war eine attraktive, charmante Frau Anfang dreißig und sprach gutes Deutsch mit einem unverkennbaren weichen, französischen Akzent.
Sven meinte: „Mama du solltest dich von ihr malen lassen. Julie hat echt was drauf. Sie wird sicher einmal berühmt.“
Julie lächelte sie an und sagte: „Sie sind wunderschön Mara, ich würde Sie gerne malen. Kommen Sie doch in mein Atelier, ich zeige Ihnen meine Bilder.“
Einige Tage später besuchte sie die Malerin und war begeistert von ihren Arbeiten.
Da Max fünfzigster Geburtstag bevorstand, nahm sie die Anregung ihres Sohnes auf, sich malen zu lassen.
Zu Anfang hatte Mara ein wenig Scheu davor sich vor der Malerin auszuziehen. Doch Julie schaffte es mit lockeren Worten, ihr die Scham zu nehmen. Sie drapierte ein Seidentuch um ihren Körper, was ihr das Gefühl gab, nicht vollkommen nackt zu sein.
Langsam entwickelte sich zwischen den Frauen eine besondere Vertrautheit.
Immer stärker spürte Mara, dass sie mehr als nur freundschaftliche Gefühle für Julie empfand.
Wenn sie lächelte ging für Mara die Sonne auf und in ihr wuchs die Sehnsucht Julie zu berühren. Julie besaß eine gehörige Portion Temperament. Sie war klug und äußerst sensibel - eine Frau, die Mara mehr und mehr in ihren Bann zog.
Sie genoss ihre Gegenwart und fühlte sich wieder jung
Häufig schossen Mara bei den Sitzungen, während sie so still wie möglich dalag, verrückte Gedanken durch den Kopf. Sie ruhte auf dem breiten Kanapee, schaute Julie beim Malen zu und träumte vor sich hin. Was wäre wenn sie jünger wäre und nicht verheiratet? Sie spürte, wie ihr Atem knapp wurde und ihr Herz zu rasen begann.
Allein der Klang von Julies Stimme ließ sie innerlich vibrieren.
Mara verstand sich selbst nicht. Sie fieberte den Malstunden wie ein Teenager entgegen, obwohl sie wusste, dass es Wahnsinn war:
Julie war eine Frau, Mara liebte ihren Mann Max und doch versetzte die Französin sie in Verwirrung.
Sie hoffte, dass Julie nicht bemerkte, welchen Aufruhr sie in ihrem Herzen verursachte. Diese Gefühle, die sie für diese Frau hegte und die sie aus dem Gleichgewicht brachten, waren nicht gut für ihr Seelenleben. Es konnte - es durfte nicht sein, was da mit ihr geschah. Es war einfach paradox und nicht normal.
Es wurde Zeit, dass das Bild fertig wurde. Auch wenn es sie schmerzen würde – aber danach gäbe es für sie keinen Grund mehr, zu der Malerin zu gehen. Auf der einen Seite sehnte sie diesen Tag herbei, andererseits empfand sie auch Angst vor dem letzten Tag.
Mara hatte das Bild noch nicht gesehen. Julie hatte ihr erklärt, dass sie abergläubisch sei – dass sie nie ein Bild zeigen würde, ehe sie nicht den letzten Strich gesetzt hätte.
Dann kam der Tag, an dem Mara das Bild abholen durfte. Als sie klingelte, öffnete Julie die Tür und strahlte sie an: „Komm Mara, heute ist es soweit.“ Julie stellte sich hinter sie, hielt ihr die Augen zu und schob sie ins Atelier.
Julies Nähe und Berührung lösten prickelnde Schauer in Mara aus, tief sog sie den Duft ihres Parfums ein.
Als Julie die Hände wegnahm, verschlug es Mara die Sprache. Es war wie ein Schock. Julie hatte ein Meisterwerk vollbracht. Sie konnte kaum glauben, dass sie diese schöne, erotische Frau auf dem Gemälde sein sollte.
Erwartungsvoll schaute Julie sie an und etwas ängstlich fragte sie:„ Mon Dieu, Mara ...was ist ...wie findest du es?“
„Du, es ist wunderschön Julie, es ist einmalig ...aber ... das bin nicht ich“, stammelte Mara.
„Doch Chérie. Genau so siehst du aus - nein was sage ich, du bist noch viel schöner als auf diesem Bild.“ Sie nahm Mara zärtlich in ihre Arme. Julie küsste sie, streichelte mit ihren weichen Lippen Maras Augenlider, zeichnete feuchte Spuren ihren Hals entlang. Spielerisch erforschte Julie mit ihrer Zunge jeden Winkel ihres Mundes.
Maras Verstand schien wie ausgelöscht. Sie ließ sich treiben, nichts außer ihr und Julie existierte mehr.
Julies zierliche Hände schienen überall zu sein und entfachten ein Feuer, das sie zu verbrennen drohte. Unendlich langsam streifte Julie ihr die Kleider vom Leib und führte sie zu dem Diwan. Ihre Hände wanderten sacht über Maras Körper, mit ihren zarten Fingerspitzen berührte sie ihre Brustwarzen und malte federleichte Kreise auf Maras Haut.
Tief in Mara erwachte gewaltig und lustvoll das Verlangen nach Julie und es nahm kein Ende.
Überwältigt von den eigenen Gefühlen erwiderte Mara die Liebkosungen, mit einer Leidenschaft, die sie selbst niemals für möglich gehalten hätte. Mara ließ sich fallen. Ihr nackter Körper glühte unter Julies Händen.
Sie sog Julies Atem ein und erschauerte vor Wonne und Lust. Es war ihr, als flöge sie gemeinsam mit Julie empor zu den Sternen.
Genau in dem Moment kehrte Mara aus ihrer Erinnerung in die Wirklichkeit zurück. Mittlerweile war es dunkel in dem Dachzimmer geworden. Von ihrem Schaukelstuhl aus konnte sie nur noch schemenhaft die Umrisse des Bildes erkennen.
Bis heute war ihr nicht klar, wie sie damals nach ihrem Sternenflug, wieder nach Hause zu Max gekommen war.
Sie hatte Julie danach nie wieder getroffen. Doch Mara blieb die Erinnerung an sie, immer wieder ausgelöst durch das Bildnis an der Wand. Schwerfällig stand Mara auf, schlurfte zu dem Bild und streichelte zärtlich über die Signatur – Julie.

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