„Ruhe!“, Frau Richter klatschte in die Hände: „Seid bitte etwas leiser!“ Das Gemurmel ebbte ab und Nadira wurde noch nervöser. Bisher hatte sie nur selten einen Text im Literaturkurs vorgetragen und ihr Puls raste, als sie vor ihren Mitschülern stand.
Flüstern, Rascheln, ab und zu ein kurzer Blick in ihre Richtung und dann Frau Richters Stimme hinter ihr: „Nadira? Kann es losgehen?“
Sie nickte, obwohl sie vor Aufregung schwitzte. Deswegen klebte der Schnellhefter ein bisschen an ihren Fingern, als sie ihn aufschlug.
„Meine Geschichte zum Thema Krieg spielt in einem abgelegenem Dorf, mitten auf der Achse des Bösen.“ Nadiras Stimme zitterte ein wenig und sie musste tief durchatmen, bevor sie fortfahren konnte:
„Ya Fara
- meine Maus.
Das Mädchen erwachte, als jemand ihre Schulter berührte, und fuhr mit einem leisen Schreckenslaut hoch. „Scht, ya Fara!“ wisperte ihre Mutter. „Sei leise, meine Maus.“
Es war stockfinster. Nicht nur im Haus, auch draußen. Als wären die Häuser, Ställe und Wege, als wäre das ganze Dorf verschwunden. Alles, was sie erkennen konnte, war der Schattenriss ihrer Mutter.
„Warum ist es so dunkel?“, fragte sie bange.
Ihre Mutter antwortete nicht, während sie ihr mit kalten Händen die Kleider anzog und fürsorglich einen dicken Wollumhang um die Schultern legte.
Unwillkürlich dachte Fara an Vaters Worte: „Weil Allah nicht überall zur gleichen Zeit sein kann, hat er die Mütter erschaffen.“ Aber ihr Vater war fort. Er, und die beiden großen Brüder. ...
Liebe Leserin, lieber Leser,
diese Geschichte gehört zu den Siegergeschichten und erscheint in unserer Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir uns nicht selbst Konkurrenz machen möchten, indem wir die Geschichte ebenfalls hier komplett veröffentlichen.
Vielen Dank!
Andreas Schröter
Letzte Aktualisierung: 02.07.2006 - 18.24 Uhr Dieser Text enthält 1538 Zeichen.
