Mainhattan Moments
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Susanne Ruitenberg und Julia Breitenöder haben Geschichten geschrieben, die alle etwas mit Frankfurt zu tun haben.
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März 2006
Mächtiges (Puzzle-) Spiel
von Thomas Raster

Die Sonnenstrahlen knallen auf seinen Kopf, während er sich in der freien Luft am Bistro-Tisch gemütlich eingenistet hat. Umso heller sticht das Gelbe vom Herforder ins Auge. Jeden Nachmittag genießt Sough Dullivan sein Bierchen bei diesem Straßencafe Devorce. Normalerweise drinnen an der Theke, aber bei so einem schönen Wetter, will man doch sein Gutes tun und sich an der Frischluft festhalten.

Was kann an einem so herrlichen Tag auch passieren? Weitab vom terrorgefährdetem Amerika oder Kriegsgebiet Irak? Ein unerwarteter Unfall direkt vor seinen Augen vielleicht? Völlig ausgeschlossen. Hier an der Straße fühlt sich Dullivan bombensicher.

Mit seinen 25 Jahren, seine schlimmsten Zeiten hinter sich, braucht er sich nichtmal dem Teufel fürchten. Dass er dann aber noch ein Singledasein führt, klingt doch ein wenig paradox. Ist es denn so schwierig eine Frau anzusprechen? So schüchtern, der Sough?

Gleich ihm gegenüber sitzt doch schon die nächstmögliche Gelegenheit. Eine durchschnittlich gebaute Figur, die die Mitte Zwanziger zu präsentieren vermag. Mit ihren rot-schwarzen Haaren trinkt diese werte Dame, namens Annika Soul ihren Cappuccino während sie ihr pinkes Handy begutachtet.

Beide zu sehr mit sich beschäftigt. Sough mit seinem Herförderchen und Annika mit ihrem Handy. Selbst wenn er sie beachten würde, was würde er denn denken? Ob sie einen Freund hat? Wenn, wäre es dann schon Angst? Angst, da würde was schiefgehen? Angst, ihr Freund würde jeden Moment aus dem Nichts erscheinen?

„Einmal Zahlen, bitte.“, gibt die werte Annika der schlanken Bedienung zu erkennen. „Ja!“, tönt es leise von der blondschöpfigen Kellnerin Joanna. Mit ihrem Feingefühl fürs Kellnern schaffte sie es trotz der Wirtschaftskrise, diesen Job zu behalten. Ihre Erfahrung lässt sie umso klüger wirken und ihr Lächeln wird immer besser, besonders bei schönen Tagen, wie diesen. „1,90, bitte“, sagt sie freundlich lächelnd und legt die eben geholte Quittung auf den Tisch zu Annika.

Sie wirft noch einen Blick zu Sough und gestikuliert fragend, ob er denn noch ein Bierchen hätte. Dieser gibt mit dem Glas zu erkennen, dass er gerne noch eines annehme und nimmt sich noch die restlichen Schlücke aus dem Glas, bevor langsam die ersten Wolken versuchen die Sonne zu verstecken.

Nichts außergewöhnliches an diesem Nachmittag, wie immer. Autos fahren am Devorce vorbei, Menschen unterhalten sich zu Cappuccino, Cola oder Bier, die Bedienung flitzt zwischen Theke und Tische hin und her, naja einer Person fällt das Handy vom Tisch. Nicht weiter beachtenswert.

Bis da am späteren Tage noch zwei Gesichter in Dullivans Blickwinkel auftauchen, die ihm irgendwie beachtenswert vorkommen. Aber warum?
Zwillinge, dunkelbraunes Haar, schwarzer Ledermantel, gute Figur, das Durchschnittliche was man an Schönheiten begegnet.

Sie setzen sich an den Tisch, an dem vorher Annika gesessen hat. Sough wendet seinen Blick zum Himmel und bemerkt, dass die Wolken langsam versiegt sind und die Sonne nun wieder endlos auf seine Stirn strahlen kann. Wie von Gott gewollt kommt auch schon sein neues Glas Herforder an den Tisch. „Dankeschön.“, bedankt er sich bei der Joanna, die nun zu den neuen Zwillingsdamen geht, um deren Drink-Bestellung aufzunehmen.

Wieder blickt Sough nun zu den dunkelbraunen Geschöpfen und erinnert sich dabei an einige Elemente seiner Vergangenheit. Zum Beispiel, sein Leben in einer Beziehung oder seine Aufreisserkarriere, als er noch jung, knackig und partygeil war. Jede Nacht eine neue Frau. Nicht mehr sein Ding, seit er vernünftig geworden ist. Oder war es die eine Frau, die es ihm mal schwierig gemacht hat?

„Ach, ich könnte locker rüber und ein wenig quatschen ...“, denkt er sich und „... aber ich will nicht.“. Vielleicht doch Angst, Sough?
Er atmet kurz ein und aus, um sich dem nächsten Schluck vom Glas zu widmen. Noch während er seinen Schluck nimmt, mit den Augen zu den Zwillingsfrauen gerichtet, bemerkt er, dass sie zu ihm blicken. Er stellt das Glas wieder in Sichtweite auf den Tisch, schaut kurz auf und denkt er säße genau am Tisch, mit den Beiden.

Das Herz-Stadion bebt. Die Zwillinge scheinen fast ein Tor geschossen zu haben. Denn jetzt sitzt die Neugier und Blickkontakt baut sich langsam auf. „Na los, die kriegste doch locker.“, zwängt ihn das Teufelchen, während das Engelchen hinzufügt: „Aber nicht für das, was das Teufelchen denkt.“
Sough schüttelt den Kopf und widmet sich wieder seinem Bier. Diesmal aber ist ihm der Genuss vergangen. „Die schauen ja immer noch zu mir herüber, ...“, denkt er und weiter grübelt Dullivan „... und fangen schon an zu flüstern. Verflixt!“.

Auszeit. Die blonde Bedienung tritt ins Spielfeld ein und bedient die braunhaarigen mit bestelltem Cappuccino. Diese geben dann irgendwas zu erkennen und zeigen der Bedienung mit dem Finger auf Sough's Tisch.
„Was zum Teufel?“, denkt Dullivan sich durcheinandergewirbelt, „Was zum Teufel bereden Sie da?“. Fühlte er sich noch wie im Bunker, fühlt er sich inzwischen von irgendeiner Vergangenheit ertappt. Als hätte er langsam Angst davor, aufzufallen, da stehen die Damen auch schon auf, nehmen ihren Cappuccino in die Hände und winken Sough kurz an.

Das Spiel geht mit einem nervösen Manne und zwei selbstbewussten Spielerinnen weiter. Sie gleiten galant mit ihren Tassen auf Dullivan zu und schaffen mühelos ein bezauberndes Lächeln. Fest klammern seine Hände sich am Bier fest. Noch völlig ungewiß, wieviel Spielzeit noch zu spielen sind.

„Hi.“, klirrt es dann inzwischen. „Autsch“, dachte sich Sough dabei und bringt nur ein niedergeschlagenes „Hi.“ zurück. „Dürfen wir uns setzen?“, fragen sie.
Engelchen, Teufelchen und Dullivan attackieren mit einem „Ja, gerne“. „Moment Mal, was soll das denn?“, ärgert Sough sich in Gedanken. Seine ganzen Gedanken sind nur noch ein Puzzle und es fehlt einfach die Zeit zum puzzeln. So lange er von den Zweien betrachtet wird, wird er einfach nur noch nervöser.
Die Zwillingsdame, namens Julia greift zur Handtasche und will anscheinend etwas herauskramen. Ein Handy? Wahrscheinlich. Eine Waffe? Völlig unwahrscheinlich. Ein Portemonnaie holt sie heraus und öffnet es. Hm? Ein Polizeifoto vielleicht?

Knapp daneben ist auch kein Tor.
Ein Foto gleitet Julias Hand zu Sough rüber.
Er betrachtet es und just in dem Moment stockt ihm der Atem.
„F*ck. Wie hießen die Zwei noch gleich?“, zerspringt es Sough nach dem Betrachten des Klassenfotos.

„Na Sough, immer noch der Alte Bub?“, kichert Julias Sitznachbarin, Jana.
„Ich ... ähm nein.“, stöchert Dullivan mit seinen Worten.
„Keine Angst Junge, wir beißen nicht.“, versichert ihm die Julia und Jana fügt noch hinzu: „Genau, wir sind zwei ganz liebe Damen“. Sie kichern, während er sich inzwischen verdammt unwohl in seiner Haut fühlt. Wäre er doch besser schon in seiner Vergangenheit nicht von einer Frau zur anderen gehüpft. Ausgerechnet diesen beiden begegnet er.
„Ich ... ich meine ... was macht ihr hier?“, fragt Sough nach Antworten suchend.
„Wir trinken Cappuccino und unterhalten uns.“ , scherzte Jana gelassen „Konnten ja nicht wissen, dass wir ausgerechnet Dir begegnen Sougchen.“, fügte Julia hinzu.
„Ich meine, ähm also ich ...“, faselt Sough, inzwischen mit einem 12000-Teile-Puzzle im Hirn. „Warum so nervös?“, unterbricht ihn die Julia.

Ja warum eigentlich?

Jana setzt fort: „Machen wir dir Angst?“. „Nein nein“, schießt es aus seinen Lippen, „es ist nur ...“

„Was?“

„... ihr macht mich verrückt.“, schließt Sough den Satz keuchend ab.

Julia und Jana staunen nicht schlecht. Sowas hatten sie noch nie von ihm gehört. Sonst dachten sie damals ja immer, er verdränge seine Ängste. Aber nun hat er wohl etwas gesagt, was sehr wahrscheinlich klingt.
Sough ließ seinen Nacken ein wenig herabfallen und greift zu seinem Bier, hält es hoch und gönnt sich einen Schluck.
„Und wir dachten immer du hättest damals Angst.“, stellte Jana fragend zur Antwort und Julia bestätigte.

Sough Dullivan lächelt.

Letzte Aktualisierung: 29.06.2006 - 08.16 Uhr
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