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April 2006
Was gibt es denn heute?
von Jutta Beer

Die Frage taucht regelmäßig auf, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme.



Der Kühlschrank ist voll, der Vorratsschrank ebenso, im Regal steht eine ganze Reihe Kochbücher. Was soll ich kochen?



In meiner Kindheit gab es montags oft Schweinebraten. Ich habe ihn wegen der goldbraunen Kruste gerne angeschaut, aber gemocht habe ich ihn nicht. Besonders eklig fand ich als Beilage das süße oder Bayrisch Kraut, wie meine Oma es nannte. Neben dem Geschmack, der mir zuwider war, stachen mir die Kümmelkörner in den Gaumen und verströmten dauerhaft ihren ungeliebten Geschmack, wenn sie zwischen den Zähnen stecken blieben.



Dienstags liebte ich gegrillte Leber. Besonders die Schaumkrönchen aus Butter mit den grünen Majoransprengeln obenauf. Noch etwas Salz darüber gestreut und ich hätte fast vergessen von den selbstgemachten Pommes frites zu nehmen. Manchmal hatten wir auch saure Leber, die mochte ich weniger, weil glasige Zwiebeln in der Sauce schwammen. Diese süßlich schmeckenden Würfelchen waren leider auch in den Bratkartoffeln, die dazu auf den Tisch kamen.



Was kochte meine Mutter denn mittwochs, überlegte ich. Kartoffelgemüse mit Spiegelei, oder serbische Bohnensuppe? Die Suppe mochte ich. Sie war schwierig zu schöpfen, denn ich wollte viel Speck, aber wenig Bohnen und grünen Paprika im Teller haben. Den fand ich bitter und schwer verdaulich. Beim Kartoffelgemüse bevorzugte ich die Variante mit Bratwurst als Beilage. Die knusprige Haut der Bratwurst hatte einen feinen Karamellgeschmack, während mit einem Spiegelei sich das flüssige Eigelb mit der roten Sauce des Gemüses zu einem seltsamen Gemenge mit metallischem Geschmack mischte.



Donnerstag. Gab es da Spaghetti mit Tomatensauce? Meine Mutter hatte ein Rezept von einem Restaurantkoch, auf das sie sehr stolz war. Es war als hätte man Italien in einem Teller. Die schlanken Nudeln gaben das Oregano-Basilikum Aroma der Sauce großzügig an den Gaumen weiter. Am liebsten hätte ich mit der Soße den Mund gespült, so wie man es mit Mundwasser macht – ohne ausspucken natürlich. Bei meiner Freundin war ich nur einmal zum Spaghetti mit Tomatensauce essen. Ihre Mutter bereitete eine weiße Mehlsauce zu, in die sie zum Schluss einfach Tomatenmark drückte. Diese blassrote Sauce klebte die Nudeln zusammen, dass man sie zwar gut in den Mund bekam, aber nicht durch den Rachen.



Am Freitag kamen fast immer süße Mittagsgerichte auf den Tisch: Dampfnudeln – ich hoffte immer auf eine dicke süße Kruste am Topfboden, Reisauflauf mit Aprikosenkompott – lecker- oder mit Apfelmus – hoffentlich ohne Stückchen drin. Der Höhepunkt waren Waffeln mit Heidelbeerkompott. Der Duft vom Waffelbacken, die goldbraune Farbe, die Herzform, die feine Puderzuckerwolke, die aufstob, wenn man in die Waffeln biss. Und das dunkelviolettrote Heidelbeerkompott. Die Beeren waren vom einwecken zu Klumpen zusammengeklebt, die sich im Mund wieder in viele aromatische Beerchen lösten. Vorsichtig schöpfte ich etwas Saft in die Vertiefungen der Waffeln und schaffte so immer wieder neue Muster, die ich dann mit Genuss verspeiste.



Samstags gab es im Winter Nudelsuppe mit Rindfleisch und im Sommer Pellkartoffeln mit Quark. Wenn man sich die Nudelsuppe zu schnell in den Mund schob, spritze die heiße fettige Brühe ins Gesicht. Die Pellkartoffeln waren bequemer zum Essen. Ich nahm zu einer Kartoffel ein großes Stück Butter, viel Salz und wenig Quark. Er würgte mich manchmal. Die Kunst bestand darin, den Quark so auf die Kartoffel zu häufen, dass es wie eine große Menge aussah, aber dennoch nicht viel war. Auf diese Weise waren auch meine Eltern am Tisch zufrieden.



Am Sonntag war bei gutem Wetter ein schnelles Essen auf dem Tisch oder ein aufwendiges bei schlechtem Wetter. Die schnellen waren entweder Steaks oder Kotelett Robert in einer Sauce mit Senf und Zwiebeln. Hier versuchte ich wieder so zu schöpfen, dass sich keine Zwiebeln erwischte. Die Anregungen für die besonderen Essen holte meine Mutter sich manchmal aus dem Simmelroman „Es muss nicht immer Kaviar sein“. Ich glaube das Rezept für das Filet Wellington war aus diesem Schmöker. Das mochte ich wirklich gerne. Knuspriger Blätterteig, würzige Pilze, zartes Fleisch. Hier gab es nichts zum aussortieren.



Und heute? Was bringe ich auf den Tisch? Linsen in Kokossauce, halbrohen Thunfisch, Thai Curry, Heilbutt mit Vanillesalz, Basilikum- Nocken? Meine Tochter zeigt wenig Begeisterung für meine Kreationen. An was wird sie sich mit einem wohligem Gefühl im Magen erinnern, wo sie nichts wirklich mag?



Nein, ganz so ist es nicht. Jede zweite Woche kocht mein Mann: Spaghetti mit Tomatensauce, Wiener Schnitzel, Kartoffelgratin, Nudelauflauf, Pfannkuchen, Kartoffelsuppe mit Würstchen.



Ich hab´s! Heute mache ich Hackbraten mit Kartoffelsalat: ich möchte auch eine Tradition begründen.

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