Der Tod hockte auf dem Rücksitz und beobachtete Luisas Freude: Kleine rosa Perlen, die in ihrem Herz umhertollten. Sie sang lauthals zur Musik aus dem Radio. Ihr Freund fuhr im Takt Schlangenlinien, bis Luisa lachend gegen ihn plumste. Mit geschlossenen Augen drückte sie ihm einen Kuss halb auf die Wange, halb auf die Lippen.
Der Felsbrocken lag direkt hinter einer Kurve. Beim Versuch auszuweichen, glitt das Auto von der Fahrbahn und überschlug sich. Hoch aufgerichtet wartete der Tod, bereit zuzuschlagen. Gerade, als er die Sense niedersausen lassen wollte, öffnete Luisa die Augen und schaute ihn lächelnd an. Gebannt starrte er in ihr Gesicht, das sich nun vor Schmerz verzerrte. Nein - Er konnte Luisa nicht mitnehmen.
***
Weißes Leinen bedeckte ihren Körper. Blasse Wangen, blutleere Lippen. Es war das erste Mal, dass Laetitius einen Menschen genauer betrachtete. Regungslos lag sie da. Als sie die Augen aufschlug, zuckte sie zusammen.
Mühsam kroch die Stimme aus ihrer Kehle: "Wer sind Sie?"
Laetitius blickte sich um. Hatte jemand das Zimmer betreten? Nein. Sie konnte ihn sehen! Ihn, den Tod!
"Ich heiße Laetitius, das bedeutet 'die Freude'."
"Gehen Sie fort, Sie machen mir Angst!", krächzte Luisa.
Ihre Augen waren dunkel, fast ohne Widerschein. Sie hafteten auf ihm. Ein steter Blick, die Wimpern unbewegt.
Laetitius rührte sich nicht. Luisa drückte auf ein kleines Gerät, das neben ihrer Hand lag. Kurz darauf kam eine Krankenschwester.
"Sagen Sie dem Mann dort, dass er gehen soll", bat Luisa.
Mit einem Seufzen huschte Laetitius aus dem Zimmer und verließ ihre Dimensionen.
***
Er brauchte Ruhe. Ein Bad in seinen Kraftquellen würde ihm gut tun. Über dem wabernden Nebelsee lag ein blauer Schimmer. Aber Laetitius konnte sich nicht darin auflösen.
"Luisa", flüsterte er. Was für Augen!
Auf den schwarzen Ebenen über ihm schimmerten die Quellen anderer Tode. Der v ...
Liebe Leserin, lieber Leser,
diese Geschichte gehört zu den Siegergeschichten und erscheint in unserer Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir uns nicht selbst Konkurrenz machen möchten, indem wir die Geschichte ebenfalls hier komplett veröffentlichen.
Vielen Dank!
Andreas Schröter
Letzte Aktualisierung: 31.07.2006 - 21.54 Uhr Dieser Text enthält 8929 Zeichen.