Dingerchen und andere bittere Köstlichkeiten
Dingerchen und andere bittere Köstlichkeiten
In diesem Buch präsentiert sich die erfahrene Dortmunder Autorinnengruppe Undpunkt mit kleinen gemeinen und bitterbösen Geschichten.
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August 2006
Meine große Liebe
von Marcus Watolla


Seit jeher gehörte meine große Liebe der Musik. Schon als Kind liebte ich den Rock n´ Roll, Band wie U2 oder Simple Minds waren ein ultimatives Muss.
Meine Eltern waren nie die reichsten und umso mehr war ich erfreut, als ich mit zehn Jahren meine erste Gitarre unter dem Weihnachtsbaum fand. Ich übte jeden Tag, wollte genauso gut werden wie meine Idole, die ich als Poster in meinem kleinen Zimmer an der Wand hängen hatte. Ja, ich übte wirklich jeden Tag. Mit Richie, dem Nachbarsjungen, gründete ich meine erste Band – da war ich zwölf. Wir hatten zwar Schwierigkeiten, einen Schlagzeuger zu finden, doch auch dieses Problem regelte sich. Richie war ein Könner am Bass. Mit ihm schrieb ich dann meinen ersten Song. Ein naiver Text, drei Akkorde.
Wir liebten den Rock.
Unser erster Auftritt war ein Fiasko. Heute erinnere ich mich mit einem Schmunzeln daran zurück. Damals war es die Katastrophe für uns. Wir spielten im Jugendtreff in der City. Trafen keinen Ton, unser Sänger verrutschte ständig in den Strophen. Wir wurden auf das erbärmlichste ausgepfiffen.
Doch wir warfen es nicht hin.
Wollten unsere Liebe nicht aufgeben.
Hielten uns daran fest, wie Ertrinkende an einem rettenden Floß. Es bedeutete uns alles, mehr als die Schule, mehr als alles andere. Wir übten jeden Tag im Keller, bei Richie. Wir machten weiter, ersehnten den großen Durchbruch, träumten von Auftritten auf den Bühnen der Welt.
Und wir wurden besser.
Mit vierzehn dann unser großer Auftritt. Wir spielten in der Schulaula und ließen den Saal rocken. Ein voller Erfolg. Die Menge war außer Rand und Band.
Das beflügelte uns noch mehr.
Ich war süchtig nach dem Gefühl, auf der Bühne zu stehen, war süchtig nach dem Applaus und dem Jubeln. Ich wollte nichts anderes. So traten wir auf verschiedenen Events auf. Bald schon spielten wir eigene Lieder, selbst komponierte Stücke, die beim Publikum einschlugen wie Bomben.
Wir wurden immer besser.
Mit achtzehn dann der erste Plattenvertrag.
Wir waren so stolz und glaubten, die Welt sei unser.
Die Platte war sofort ein Hit und wir landeten in den Charts. Von da an gab es kein Zurück mehr. Frauen. Geld. Erfolg.
Richie sagte in diesen Tagen zu mir: „Uns gehört die Welt.“
Ja, wir liebten den Rock n´ Roll.
Die Tournee war ebenso gesegnet, wir spielten in den großen Hallen der Nation, bejubelt, begeistert. Wir veröffentlichten drei Singles mit Höchstplatzierungen.
Doch jedem Erfolg eilt seine Kehrseite nach. Ich fand Richie eines Abends in seinem Hotelzimmer. Er war vollgepumpt mit Drogen.
„Du Idiot“, schrie ich panisch und rüttelte an ihm.
Mühsam öffnete er die Augen.
„Uns gehört die Welt“, flüsterte er noch.
Dann starb er.
Still und ohne großes Aufsehen.
Es ging durch alle Medien. Wir wurden zur Skandalband. Die Nachrichten zerrissen uns als Drogenband und die Presse machte uns fertig. Wir gaben unsere große Liebe nicht auf. Veröffentlichten noch ein Album, ohne Richie war es allerdings kein Gewinn. Er fehlte einfach.
Heute spielen wir nur noch auf kleinen Events.
Der Ruhm von einst ist wie ein Schimmer in der Dunkelheit. Er ist kaum noch zu erahnen, aber er war da. Ich liebe noch immer die Musik, so wie am ersten Tag. Meine große Liebe. Und ich werde sie auch nie aufgeben. Denn sie ist ein Teil von mir.

Letzte Aktualisierung: 23.08.2006 - 12.21 Uhr
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