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März 2007
So klappt’s auch mit’m Nachbarn
von Frauke Gimpel



Von einem Abend wie diesem hatte ich geträumt, seit ich hier eingezogen war. Während ich versuchte, meine „ein Mann lebt gegen das Chaos“ – Bude in einen Ort zu verwandeln, an dem man Frauen empfangen kann, hatte sie offenbar nicht damit gerechnet, einen romantischen Abend zu verbringen. Jedenfalls nahm sie meine Einladung zunächst nur sehr zögerlich, dann aber mit einer gewissen schüchternen Zurückhaltung an, dabei lächelte sie schon seit der Grillparty immer mal wieder in meine Richtung.
Das Aufräumen hatte zu lange gedauert und ich deshalb zu spät mit dem Essenmachen begonnen. Ein Fertiggericht aussehen zu lassen wie selbstgekocht und gleichzeitig meinen etwas verwahrlosten Dreitagebart in eine vorzeigbare Form zu bringen, gelang mir zunächst mehr schlecht als recht. Ich entschloss mich dafür, mich zuerst dem Bart zu widmen. Gepflegtes Aussehen ist alles. Aber sie hatte mich heute ohnehin schon gesehen und das Essen brauchte dringend eine helfenden Hand. Schließlich nahm ich mir doch wieder den Bart vor und just in der Sekunde hörte ich ihre Schritte vor meiner Tür.
Noch zottelig und eingedenk eines Abendessens in Plastikschalen mit Folienüberzug war ich einen Moment lang versucht, sie zu bitten, noch einmal nach Hause zu gehen. Ein großes Problem wäre das sicher nicht gewesen. Möglicherweise war das der Vorteil einer Beziehung mit der Nachbarin.
Letztendlich siegte der rudimentäre Rest meiner Höflichkeit und ich bat sie gleich herein. Ich selbst verschwand „muss noch kochen“ in der Küche und sie „schau dich ruhig um“ nahm mein Wohnzimmer unter die Lupe. An meiner CD-Sammlung gab es nichts zu meckern und so wandte sie sich meinem Bücherregal zu. „Hast du die alle gelesen?“ Ihr Tonfall war plaudernd und ich belohnte ihr Interesse mit umfassenden Informationen.
„Ja, beinahe!“ Ich war stolz auf mich und klapperte vielsagend mit ein paar Tellern, die ich dazu nicht einmal aus dem Schrank nahm. Hauptsache, sie denkt, ich könnte kochen. Frauen stehen darauf. Wegen der Geräusche entging mir ihr nächster Satz. „Was meinst du?“ Neugierig reckte ich den Kopf aus der Küchentür, in der Hand einen noch nie benutzen Pfannenschieber, hoffend, dass das überzeugend wirkte.
„Ach nichts.“ Mit einer kurzen Handbewegung streifte sie über die Buchrücken. „Nein, ehrlich. Ich würd’ gern wissen, was du dazu meintest.“ Offensichtlich hatte mein Buchgeschmack ihren Gefallen gefunden. Jetzt wollte ich es genauer wissen.
„Na gut.“ Sie zögerte. Ich mag schüchterne Frauen. „Ich sagte: Das habe ich befürchtet.“ Im Rückblick muss ich gestehen, dass ich nicht genau weiß, ob sie die Auswahl der Bücher meinte, oder die Anzahl. Wenn ich mich recht erinnere, verdeckte ihr ausgestreckter Arm das gesamte Regalfach problemlos.
Ohne mich jedoch weiter darum zu sorgen oder mir die gute Laune verderben zu lassen, verschwand ich wieder in der Küche. Zwei zusammenpassende Teller zu finden, gelang mir schon nach wenigen Minuten. Beinahe hätte ich sie jedoch wieder fallen lassen, denn gera-de als ich sie „bin sofort fertig, nur noch mal umrühren“ auf der Spüle absetzte, schnitt mir das unverkennbare Piepen der Mikrowelle das Wort ab. Sie schien es nicht bemerkt zu haben, denn sie sagte nichts dazu.

Zu zweit auf der Couch zu essen ist unbequemer, als ich mir vorgestellt hatte. Sie stocherte „und was hast du da gekocht“ ein wenig auf dem Teller herum und ich hatte den Eindruck, das Wort „gekocht“ hätte sie recht gedehnt betont.
„Hühnerfrikassee“, verkündete ich und warf mich in Kochmanier in die Brust. „Das hat meine Mutter immer gekocht.“ Ich ließ das Lob durch meine Kehle rinnen wie Öl. Sie nahm einen Löffel voll. „Hab ich noch nie gemacht!“ Eigentlich klang es fast wie „Hab ich noch nie gemocht!“, aber das kam vermutlich daher, dass die Soße noch zu heiß war, und sie sich daran die Zunge verbrannte. Darauf jedenfalls ließ ihr Gesichtsausdruck in dieser Sekunde schließen.
Der Rest des Essens verlief ein wenig schweigsamer, was einerseits daran liegen mochte, dass es uns beiden gut schmeckte, andererseits auch daran, dass ich unglaublichen Hunger hatte. Sie machte mir Appetit. Bei dieser Aussage blickte sie nur schweigend auf ihren Teller. Ich mag schĂĽchterne Frauen.
Sie ließ die Hälfte des Frikassees auf ihrem Teller kalt werden. Ich sah sie fragend an. „Nein, ich bin wirklich schon satt. Viel esse ich eigentlich nie.“ Sicherlich hätte ich mir den Seitenblick auf ihre Taille sparen sollen, aber es war nicht böse gemeint. Ich kam nicht dazu, es wirklich zu erklären. Zu Weihnachten wünsch ich mir einen Fettnapf mit Beleuchtung.
Die beste Idee des Abends hatte ich etwa zur selben Zeit. Ich öffnete eine gute Flasche Wein. Denke ich. Na, jedenfalls hat meine Mutter das Ostern gesagt. Ihre Wirkung tat sie jedenfalls.
Ein Held in Bezug auf Smalltalk war ich noch nie, aber was tut man nicht alles, um ans Ziel zu kommen. Am Ende der Flasche war ich am Ende mit meinem Latein. Also ging ich zu Stufe Zwei über. Erstaunlich erfolgreich, obwohl sich rechte Begeisterung in ihren Augen nicht finden ließ. Ich schob es auf das gedämpfte Licht und den Wein.
Jetzt stellte es sich als echter Vorteil heraus, dass wir schon auf der Couch saßen. Ich näherte mich ihr und sie „na, meinetwegen“ ging darauf ein. Alles war viel leichter, als ich es mir vorgestellt hatte, beinahe als wäre sie deshalb hier.
„Wir passen gut zusammen!“ Meine Überzeugung war echt. „Es hat große Vorteile, wenn man so dicht zusammen wohnt.“ Sie nickte. „Irgendwie schon. Ich schlaf nämlich danach gern allein.“ Ihre Schüchternheit würde sie schon ablegen.
Ich kann nicht umhin, noch einmal meine Couch zu erwähnen. Als ich am Kipphebel zog, verwandelte sie sich in Sekundenschnelle in ein gemütliches Bett. Als sie dabei nach hinten purzelte, lächelte ich sie gewinnend an. „Bin eben umwerfend.“ „Ja, genau.“ Ihre Stimme klang ein wenig müde. Ich gab mir die größte Mühe, sie aufzuwecken.
Tatsächlich gelang es mir, sie zu ein wenig Tatendrang zu animieren. Nach ein paar Minuten „Aufwärmen“, war sie sicherlich zu allem bereit. Bindungen beginnen am besten mit einem Feuerwerk. Einmal in der Wagerechten gelang mir dieses Kunststück eigentlich immer. „Also, worauf stehst du?“, hoffend, dass sie von dieser Frage nicht schockiert war.
„Fesseln“, kurz, bündig. Aber es stellte mich vor ein Problem. In Filmen haben die Betten immer monströse Kopfteile aus Holz oder Stahl. Nicht so bei einer Schlafcouch. Aber solche Angebote bekommt man nicht alle Tage und ich lief Gefahr, dass sie der Mut verließ, wenn ich zu lange zögerte. Schnell steckte ich den Kopf unter die Couch. Hinter dem Berg Schmutzwäsche konnte ich genug Metallgestänge erkennen, um meine Phantasie anzuregen.
„Wird gemacht!“, verkündete ich. Woran war geklärt. Womit aller-dings, hatte ich noch nicht bedacht. Die Erinnerung an das, was da unter meinem Bett lungerte, verhalf mir letztendlich zu einer großarti-gen Idee.
Ich fischte mein Lieblings T-Shirt heraus, das geringelte mit den langen Ärmeln. Die Mitte des T-Shirts wickelte ich einmal um das Gestänge, dann band ich ihr die Handgelenke mit den Ärmeln fest.
Langsam schien sie ihr vorheriger Mut wirklich zu verlassen. Also schritt ich zur Tat. Auch Fesselspiele wollen geübt sein. Ich hatte „als Anfänger aber verständlich“ vergessen, ihr vorher die Bluse auszuziehen. Ich finde, daran hätte sie mich erinnern können. So knöpfte ich sie nur auf und schob den BH nach oben. Ihr Blick verriet Skepsis, aber ich war nun auch davon befreit, mich mit dem Verschluss herum-zuärgern und begab mich ans Werk. Jetzt rächte sich, dass ich schon längere Zeit auf solche Verabredungen verzichtet hatte. Als ich mich „passiert mir sonst nie, glaub mir“ bei ihr entschuldigen wollte, winkte sie mit den festgebundenen Händen ab. Schon gut.
„Beim nächsten Mal“, versprach ich ihr. „Mach dir mal keine Sorgen. Ich bin ganz sicher, das passiert mir nie wieder.“ Sie gab mir Recht.
In diesem Moment war ich trotz allem doch irgendwie stolz auf mich. Ich hatte den gesamten Abend optimal gestaltet und mein Ziel erreicht, wenn auch zu frĂĽh.
„Mach mich los“, bat sie. Aber ich „weiß doch was du willst“ ließ sie noch ein wenig zappeln. Meine Knoten saßen fest und als sie nach einigen Sekunden die Augen niederschlug und die Knoten selbst lösen wollte, muss es geschehen sein. Vermutlich hat sie am falschen Ende gezogen. Jedenfalls bot ich nachher all meine Kräfte auf, ohne aber auch nur ein Handgelenk freizubekommen.
„Mach mich los“, forderte sie. Jetzt glaubte ich Angst unter der vorgeschobenen Wut zu hören. Bei dem Versuch, das T-Shirt auf einer Seite höher zu ziehen, verfing es sich mit einem unschönen Ratschen im Gestänge. Spätestens jetzt konnte sie sich gar nicht mehr befreien.
„Dann schneid es halt ab“, ich fühlte mich, als wolle sie mir etwas antun. Erst gab ich mir alle Mühe, und dann verlangte sie auch noch, dass ich mein Lieblings-T-Shirt zerschnitt. Als sie laut wurde, machte ich mir dann doch Sorgen, was die anderen Nachbarn von uns denken würden. Zähneknirschend zog ich ein Teppichmesser aus dem Regal und kniff die Augen zu, als es mit einem langen Schnitt durch jeden der beiden Ärmel zog. Es tat mir in der Seele weh. Ohne die geringste Spur von Dankbarkeit sprang sie auf, griff nach ihrer Handtasche und eilte zur Tür.
„Bleib doch!“ Sie drehte sich nicht einmal um. „Du hast bestimmt noch Hunger. Du hattest ja nur eine halbe Portion.“
„Stimmt“, sie wirbelte herum. Von ihren Handgelenken baumelten noch die geringelten Ärmelstücke. Ihre Bluse stand offen und der BH lag wie ein Deckel oberhalb ihrer Brüste.
Nach einem einzigen undeutbaren Blick, wandte sie sich wieder ab und verschwand mit den Resten meines Shirts ins Treppenhaus. Unten konnte ich grad hören, wie der Hansen mit seinem Hund nach Hause kam. Ob sie sich begegnet sind, weiß ich nicht, aber der Hansen wird’s mir sicher erzählen. Ich glaube, ich lade sie nächstes Wochenende noch mal ein, um sie dafür zu entschädigen. Morgen kaufe ich mir erst mal ein neues T-Shirt.

Letzte Aktualisierung: 26.03.2007 - 23.10 Uhr
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