Das alte Buch Mamsell
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Peggy Wehmeier zeigt in diesem Buch, dass Märchen für kleine und große Leute interessant sein können - und dass sich auch schwere Inhalte wie der Tod für Kinder verstehbar machen lassen.
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April 2007
Untergetaucht
von Angelika Schröder

War das ein Tag! Erst die systematische - systematische? chaotische Suche wäre richtiger formuliert -nach den ganzen Badeutensilien. Als wir uns dann in die Badesachen vom letzten Jahr gequetscht hatten, waren wir nahe daran, unseren Strandurlaub zugunsten einer Bergwanderung zu stornieren. Aber die Kniebundhosen waren auch passformmäßig nicht so prickelnd. Also haben wir unser Konto ruhig noch ein bisschen mehr belastet und sind eingetaucht in die Glitzerwelt des neuen Konsumtempels in der Innenstadt. Den mürrischen Hund hinter uns herzerrend, hangelten wir uns von Stockwerk zu Stockwerk und fanden endlich in einer kleinen Boutique das Gewünschte.
Tja, Kleider machen Leute, selbst wenn die Stoffmenge der Bademode gerade mal reichen würde, um ein Stullenpaket für die Schule einzuwickeln. Dafür war der Preis horrend, aber, man muss ja am Strand zeigen, dass auch ein gutsituiertes Ehepaar nicht den Charme von X&Y tragen muss.
Zum Schluss wurde noch die Taucherausrüstung verstaut, der Oma sämtliche Schlüssel und Telefonnummern übergeben, dem Hund ein Leckerli zugeworfen, dann ging es endlich los – mit dem undefinierbaren Geräusch im Kofferraum.
Also eintauchen in die Tiefen der Kutsche, die momentan tieflag wie die flache Schüssel mit dem Pferd im Wappen. Wer hat die große Büchse mit den Murmeln hier hingetan und den Deckel vergessen?
Nach einer weiteren Verzögerung von fast zwei Stunden bei zweimaligem Aus- und wieder einpacken des Kofferraumes, konnten wir endlich hineintauchen - in den Stau auf der Autobahn.
Belegte Brote, heißer Kaffee und ein paar aufmunternde Sprüche zwischen den Stauteilnehmern bestärkte uns in dem Gefühl, den richtigen Abreisetag gewählt zu haben, Millionen Stauer können nicht irren!
Rimini – Ri-mi-ni! Das klingt doch besser als Ost-See. Das Hotel war leidlich, die Bedienung freundlich, bedingt freundlich, wenn man in der ohnehin kleinen Lobby vor der Rezeption einen Berg Wäsche zusammensuchen muss, nachdem der viel zu pralle Koffer seinen Widerstand aufgab und die Schlösser sprengte. Aber das focht uns nicht an, wir nahmen’s gelassen, rafften die Plünnen zusammen und richteten uns in unserem Zimmer ein.
Der erste Weg führte uns zum Strand. Zwei Personen, Zwei Klappstühle, ein ebensolcher Tisch und ein großer Sonnenschirm vervollkommneten die Ausstattung, viele Blicke folgten uns, den noch weißen Neuankömmlingen. Das Gekicher galt hauptsächlich der Taucherausrüstung, vielmehr der Brille mit dem Schnorchel, die der Herr des Hauses wegen fehlender weiterer Hände aufgesetzt hatte. Als er dann wegen der eingeschränkten Sicht über einen achtlos hingeworfenen Ball stolperte und sich der Länge nach in den heißen Sand packte, war dem Gelächter Tür und Tor geöffnet. Am liebsten wäre ich in das nächste Sandloch getaucht – peinlich!
Die Beschwerde des distinguierten Herren auf dem rosa gestreiften Liegestuhl fiel moderat aus, denn die beiden Flossen hatten ihn nur ganz sanft an der Schulter gestreift.

Wir ließen uns etwas abseits nieder, was bei der Fülle am Strand nicht eben einfach war. Langsam kamen mir Zweifel, ob die Ostsee nicht doch ein bisschen besser klingen würde als Rimini. Aber die Daheimgebliebenen erfreuten sich eher an Ansichtskarten aus Bella Italia denn aus Mecklenburg-Vorpommern. Ist auch etwas für das eigene Ego.
Endlich kehrte Ruhe ein, mein leicht – sehr leicht - vorgebräunter Körper war appetitlich eingeölt und wurde der Sonne preisgegeben. Er zog sich umständlich die Taucherausrüstung an, schlüpfte in die Flossen, spuckte gekonnt in die Taucherbrille und setzte sie auf. Der Schnorchel wurde ebenfalls wieder befestigt. Haben Sie schon mal eine aufrechte Salami in einem Taucheranzug aus Neopren in zartlila mit schwarz gesehen? Ein „pfundiger“ Anblick, ich drehte mich auf den Bauch, um nicht loszulachen. Daher sah ich nicht den gekonnten Abgang des Herrn des Hauses, als er, von vielen hämischen Blicken verfolgt, im Meer versank und abtauchte.
Als ich nach fast zwei Stunden, nach mehrmaligem Wenden paniert, nach ihm Ausschau hielt, war er nicht zu sehen. Ausdauer hat er ja, das muss man ihm lassen.
Ich setzte mich auf, hielt die Hand schützend über die Augen und suchte den Horizont ab. Außer einer großen Badeplattform sah ich nichts. Wirklich nichts? Ich ging näher ans Wasser und fokussierte meine Augen genau auf die Plattform. Was ich sah, fand nicht meinen ganzen Gefallen. Am Rand saß eine Wasserstoffblondine. Ihre hervorstechendsten Eigenschaften waren zwei wohlplatzierte Silikonkissen der Marke Körbchen E. Wie geht man so eigentlich aufrecht? Das woltle der Herr des Hauses wohl auch gerade testen, denn er saß neben dem Chirurgiewunder und seine Augen hüpften fast übers Geländer. Als ich näher schwamm, konnte ich sehen, welche Mühe es machen musste, den Bauch trotz der Neoprenhaut kunstvoll einzuziehen. Er tauchte mit den seinen Augen fast komplett in den Ausschnitt der Rimini-Barbie. Ich tauchte um die Plattform herum, stieg vorsichtig auf und näherte mich leichten Schrittes meiner angetrauten Hälfte. Blondie girrte irgendwelche dummen Sprüche mit einem heiseren Lispeln in sein Ohr, er lieh ihr dasselbe voll und ganz, bemerkte mich nicht. Ich zog ihn mit einem schnellen Griff von hinten von ihr weg und schubste ihn ins Wasser. Das Blondchen war zu verblüfft, um PIEP zu sagen, außerdem würde ihr das Aufstehen schwer fallen. Wir schwammen zurück, er war ganz zerknirscht, entschuldigte sich mit einem hübschen Silberkettchen und einem gediegenen Abendessen in einer der zahlreichen Tavernen.

Der Rest des Urlaubes tauchten wir nur noch zu Zweit unter und der Urlaub wurde dann doch noch ganz schön. Die Taucherausrüstung hatte er dann verkauft und vollbusige Blondinen und andere feminine Versuchungen waren gestrichen.
Im nächsten Jahr fahren wir in den Harz zum Wandern.

Letzte Aktualisierung: 05.04.2007 - 09.59 Uhr
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