FrĂĽhstĂĽck
„Der Kirschbaum blüht wieder,“ spricht er zum Teller.
„Unter dem du so gern gesessen hast.“ Er richtet sich aus seiner versunkenen Haltung auf. „Von dort konntest du auf den Weiher sehen, auf die Enten, den Jungen.“
Vorsichtig massiert er sein schmerzendes Kreuz.
„Und einmal,“ fährt er zur Kaffeetasse gerichtet fort, “einmal waren die Spatzen so zutraulich und wir konnten sie füttern.“
Er schwenkt den lauen Rest und schluckt ihn mit verzogenem Mund herunter. Sein Gesicht glättet sich wieder zu einem Lächeln, als er versonnen zur Kanne weiter spricht.
„Ein ganz frecher, so ein dicker Spatz, flog sogar auf deinen Stock und als er wieder weg flatterte, blieb da ein weißer Klecks zurück.“
Mit leisem Lachen schĂĽttelt er prĂĽfend die Kaffeekanne und schenkt sich den Rest ein.
Seine Schlucke klingen hart und mĂĽhsam. Er sinkt wieder in seinen Lehnstuhl zurĂĽck.
„Der Junge. Wie warst du vernarrt in den kleinen Kerl! Wenn er so still am Weiher saß und schweigend die Enten beobachtete, dann war’s ein guter Tag, und ein besonderer Tag, wenn er sich umdrehte und dich ansah.“
Er richtet seinen Blick auf das gerahmte Foto mit der schwarzen Eckbinde. Eine ruhige Kerzenflamme, kaum zu erkennen in dem frühen Morgenlicht, das durch die Küchengardinen fällt, gibt dem Schwarzweiß-Foto einen zarten Sepiaschimmer.
„Ach, Magda!“ er stippt mit dem rechten Zeigefinger zart auf die kräftige Nase in dem ernst blickenden Gesicht. Seine Fingerkuppen haben bereits stumpfe Höfe auf dem Glas hinterlassen.
„So einen Jungen hättest du dir gewünscht. So ein Kind und später dann so ein Enkelkind.“
Er schlägt seine mageren Arme über Kreuz und wiegt den Oberkörper leicht vor und zurück.
„Wir sind allein geblieben.“
Sein Blick ist ganz in einer inneren Ferne verloren.
Mittagessen
„Es wird nicht dick, Magda,“ spricht er in den dampfenden Topf, „einfach nicht dick, es bleibt eine Plörre.†...
Liebe Leserin, lieber Leser,
diese Geschichte gehört zu den Siegergeschichten und erscheint in unserer Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir uns nicht selbst Konkurrenz machen möchten, indem wir die Geschichte ebenfalls hier komplett veröffentlichen.
Vielen Dank!
Andreas Schröter
Letzte Aktualisierung: 30.06.2007 - 21.04 Uhr Dieser Text enthält 6581 Zeichen.