Sexlibris
Sexlibris
Wo ist die Grenze zwischen Pornografie und Erotik? Die 30 scharfen Geschichten in diesem Buch wandeln auf dem schmalen Grat.
mehr ... ] [ Verlagsprogramm ]
 SIE SIND HIER:   HOME » MITMACH-PROJEKT » SCHREIBAUFGABE » Daniel Schmidt IMPRESSUM
NEWSLETTER
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

Jetzt anmelden! ]

UNSERE TOP-SEITEN
1.) Literatur-News-Ticker
2.) Leselust
3.) Forum
4.) Mitmach-Projekt
5.) Schreib-Lust-News 6.) Ausschreibungen 7.) Wettbewerbs-Tipps
August 2007
Der Diamantring
von Daniel Schmidt

"Hast du dir alles gemerkt?"
Laetitia rollte mit den Augen. "Jimmy, du hast mir bestimmt schon hundert Mal erzählt, was ich tun muss. Zehn Uhr bin ich da. Wird schon gut gehen. Du bist schließlich ein Profi!"
Ja, ein Profi war er. Sie aber nicht. Er zog sich seine schwarzen Lederhandschuhe über und verließ das Haus. Die Tür schloss sich langsam hinter ihm, er sah nicht zurück. Er startete den Wagen und fuhr los, achtete die ganze Fahrt über penibel auf die Höchstgeschwindigkeit.
An seiner Brust spürte er das kleine Kästchen. Den Diamantring, für den er sechs Jahre im Knast verbracht hatte. Jetzt war Zahltag. Eine Million hatte ihm Bob geboten, ein Bruchteil dessen, was er wirklich wert war, trotzdem ein guter Kurs für Hehlerware.
Jim parkte den Wagen drei Straßen weiter, schlich sich heran und stellte sich zwischen ein paar Sträucher, so dass er den Eingang gut im Blick hatte. Seine Funkuhr zeigte sieben Minuten vor zehn. Warten. Eine Ewigkeit lang. Er dachte an sie. Laetitia! Was für ein Name. Sie war jung und auf eine Art und Weise schön, die jeden Mann sofort um den Finger wickelt. Er nannte sie oft Titi, eine Anspielung auf ihre vollen Brüste, und fand die Mehrdeutigkeit sehr originell. Sie lächelte immer mit einem leicht verschämten Blick, wenn er sie so rief. Süße Titi, genau sie hatte er gebraucht. Nicht fürs Bett, obwohl sie auch da eine Granate war, sondern für Bob. Für seinen Plan. Titi war seine Geheimwaffe. Ein Jammer, dass er sie hinterher beseitigen musste.
Endlich bog ihr Wagen um die Ecke. Sie stieg aus und schon öffnete sich die Tür.

Bob umarmte seine neue Errungenschaft und zog sie ins Haus, nahm ihr das kleine Jäckchen ab.
"Schön, dass du da bist, Titi!"
Er hatte sich diesen Spitznamen als Anspielung auf ihre vollen Brüste ausgedacht und weil sie so verschämt lächelte, wenn er sie so nannte.
"Ich erwarte gleich noch Jim, geh nach nebenan, ist besser, wenn er dich nicht sieht."
Und während Laetitia ins Nebenzimmer stöckelte, klingelte es an der Tür.
"Jim, komm rein. Hast du die Ware?"
"Hast du das Geld?"
Bob führte ihn ins Arbeitszimmer. Er öffnete den kleinen Aktenkoffer, der auf dem Schreibtisch lag. Jim reichte ihm das Kästchen und beide prüften kurz die Echtheit der Sachen.
"Willst du nachzählen?"
"Nein, wird schon passen."
"Gut."
Jim brachte das Geld zum Auto, verstaute es im Kofferraum.

Unterdessen kam Titi zu Bob und bemerkte den Ring in seiner Hand.
"Wow, was ist das?"
"Ein Diamantring, 19 Karat."
"Für mich?"
"Nein." Bob lachte. "Nein, leider nicht. Ich werde ihn verkaufen für zwei Millionen!"
"Kann ich ihn mal anstecken?" Ihre Augen leuchten. Bob zögerte. Sie umarmte ihn von hinten, so dass ihre Brüste sich an seinen Körper schmiegten, und hielt ihm die Hand hin.
"Ach bitte. Nur kurz."
"Na gut." Er schob ihr den Ring auf den Finger, bis er richtig saß. Das Licht der Deckenlampe brach sich in den Facetten und brachte den Diamanten zum funkeln.
"Er ist wunderschön!"
"Ja, das ist er!" sagte Bob, "Und nun gib ihn wieder her, er muss in den Safe."
Sie versuchte, ihn abzustreifen, doch es gelang nicht. Jim hatte die Größe an ihren Finger anpassen lassen. Man bekam ihn mit Mühe drauf, aber nicht wieder herunter.
"Es geht nicht!"
Bob versuchte es, ebenfalls ohne Erfolg.
"Vielleicht mit Seife?"
Bob rollte mit den Augen. "Das darf doch nicht wahr sein! Also gut, dann eben mit Seife."
Sie gingen ins Bad und seiften den Finger ein.
"Ich muss mal."
"Kneif die Beine zusammen, erst will ich den Ring!"
"Ich kanns nicht zurückhalten, wenn das Wasser läuft!"
"Dann pinkle eben, is mir doch egal! Hauptsache, wir bekommen den Ring wieder runter!"
Laetitia drehte sich um und stemmte ihre Arme in die Hüften.
"Ich werde jetzt pissen und du wirst mir nicht dabei zusehen, ist das klar?"
Bob, überwältigt von ihrem plötzlichen Ausbruch, verließ das Bad, hörte, wie es von innen verschlossen wurde.
Plötzlich drang Lärm an sein Ohr, Titi schien im Bad alles durcheinander zu werfen. Er sprang auf und pochte gegen die Tür.
"Mach die Tür auf!" schrie er und hämmerte weiter bis plötzlich Ruhe war.
"Titi?" fragte er und lauschte an der Tür

Laetitia rannte zusammen mit Jim zum Auto.
"Ging ja… einfacher… als gedacht!" Völlig außer Atem ließ sie sich in den Sitz fallen, drehte den Ring vom eingeseiften Finger und legte ihn zurück in das Kästchen, das Jim ihr entgegen hielt. Er fuhr los und hielt eine halbe Stunde später vor einem kleinen Motel.
"Bis gleich Titi!" Er drückte ihr den Zimmerschlüssel in die Hand und gab ihr einen flüchtigen Abschiedskuss.
Und während sich das Auto mit Jim im Dunkel der Nacht verlor, holte Laetitia ihr Handy aus der Tasche. Beim dritten Klingeln ging er ran.

Jim summte vor sich hin. Es lief alles bestens. Die Kleine hatte es wirklich drauf. Einen Moment lang dachte er daran, seinen Plan zu ändern, sie am Leben zu lassen. Doch er verwarf die Idee sofort wieder. Er war zu alt für so was. Er wollte sich zur Ruhe setzen und letztendlich machen Frauen doch nur Ärger. Beschwingt ließ er die Stadt hinter sich, bis er an der kleinen Kapelle des Friedhofes angekommen war. Er holte den Koffer aus der Tasche und ging hinein, schob einen Schrank beiseite und hob mit aller Kraft eine lose Bodenplatte an. Er zog das Kästchen mit dem Ring aus der Tasche, holte ihn heraus und hielt ihn gegen das durchs Fenster scheinende Mondlicht. Er stutzte. Der Stein hatte an Leuchtkraft verloren, keinerlei Brillanz. Er betrachtete ihn genauer, kratze damit über die Fensterscheibe bevor er ihn voller Wut in eine Ecke feuerte. Dieses kleine Biest hatte ihn betrogen! Nichts Gutes ahnend öffnete er den Koffer. Lauter Zeitungspapier. Er wühlte alles nach draußen, kein einziger Geldschein war mehr drin.
Jim rannte zum Auto, schlug mit der Faust aufs Dach und fuhr mit quietschenden Reifen los. Er achtete nicht mehr auf seine Geschwindigkeit, Ampeln oder Vorfahrtschilder. Er wollte Rache. So was macht man nicht ungestraft mit Jim. Erst Recht nicht du, kleine Titi.

"Bob, hier ist deine Titi." Sie flüsterte. "Hör bitte einfach nur zu. Jim hat mich entführt, ich weiß nicht, was er vor hat… Ja, der Ring ist noch da, ich bekomme ihn nicht vom Finger… Er hat mich gefesselt und wird bald zurück sein, komm schnell… Im Motel, Zimmer 31." Sie legte auf und lächelte in die Nacht. "Machs gut, Jimmy!" sagte sie leise und ging hinein.
Dreimal kurz, zweimal lang, dann öffnete sich die Tür. Ihre Freundin Katie hatte den Koffer geleert und das ganze Geld auf dem Bett verstreut.
"Komm rein. Los, leg dich aufs Bett, das ist der Wahnsinn! Eine Million!" Sie warf Geldscheine in die Luft und zog Laetitia aufs Bett.
"Ich hab dir gesagt, bei dem Typ ist was zu holen. Schade, dass ich nicht so aussehe wie du, der war bestimmt im Bett auch nicht schlecht!"
"Wer, Jimmy oder Bob?"
Katie verdrehte die Augen.
"Na Jimmy, der Schwerverbrecher!"
"Ja, er hat sich Mühe gegeben. Los jetzt, wir haben keine Zeit für so was, sie müssen bald hier sein." Laetitia holte den Ring aus ihrer Tasche.
"Schau mal!"
Katies Mund blieb vor Staunen offen stehen.
"Wow, ist der schön."
"Jimmy hat mal gesagt, mit dem Ring am Finger leuchte ich wie eine Sternschnuppe."
"Du weißt, dass Sternschnuppen schnell verglühen?"
"Ich nicht, ich werde ihn ewig tragen. Pass gut auf ihn auf, bis das hier überstanden ist!"
Gemeinsam gingen sie in Zimmer Nummer 31, Laetitia steckte sich eine weitere Ringkopie an den Finger und legte ihr Handy neben sich, bevor Katie sie an den Heizkörper fesselte.
"Bob wird zuerst hier sein. Wenn Jim kommt…"
"Ja ich weiß, du brauchst mir nicht alles dreimal zu erzählen, ich bin ja nicht blond!"
Für einen kurzen Moment funkelten sie Laetitias Augen böse an.
"So war das nicht gemeint." entschuldigte sich Katie.
"Schon gut, geh jetzt und pack das Geld und den Ring in den Koffer!"

Bobs Finger verkrampften sich im Lenkrad. Jim, der Drecksack. Gut, er hatte ihm sein Mädchen ausgespannt, aber das war ja wohl kein Grund, durchzudrehen. Schon gar nicht jetzt. Haarscharf schrammte er an einem Fahrrad vorbei, dass unvermittelt in der Dunkelheit vor ihm auftauchte. Verflucht!
Bob stürmte in das Zimmer und fand Laetitia gefesselt am Boden liegen. Er schob sie soweit zur Seite, dass er an ihre Hand ran kam und zerrte am Ring. Er schnaufte laut und Laetitia versuchte, ihr Gesicht so weit wie möglich von ihm weg zu bekommen. Der Ring löste sich und mit einem Seufzer der Erleichterung steckte Bob ihn in die Tasche. Dann setzte er sich gegenüber der Tür auf einen Stuhl, holte seine Waffe aus der Tasche und schraubte den Schalldämpfer auf.
Die nächsten Minuten war es sehr still, bis Jim die Tür öffnete und kurz darauf mit einem dumpfen Knall ins Zimmer fiel. Bob lachte auf.
"So du kleiner Hosenscheißer, du verarschst mich nicht mehr!"
Er wandte sich an Laetitia, die ihn sprachlos anstarrte.
"Leider wirst du jetzt auch gehen müssen, ich kann keine Zeugen gebrauchen. Schade, hätte was werden können mit uns."

"Waffe fallen lassen!"
Die ins Zimmer stürmenden Polizisten überwältigten Bob ohne große Probleme.
"Was ist hier passiert?"
"Er hat Jim getötet!" schluchzte Laetitia und sah Bob hinterher, der gerade in Handschellen nach draußen eskortiert wurde.
Der Inspektor durchschnitt ihre Fesseln und drückte sie tröstend an sich.
"Es ist alles gut. Ich bin ja da. Wie heißen sie?"
"Laetitia."
Er lächelte. Titi wäre ein guter Spitzname, dachte er bei sich und fand das eine witzige Idee. Er stellte ihr die üblichen Fragen und bat sie, am nächsten Tag ins Präsidium zu kommen.
"Und ich kann Sie wirklich hier allein lassen?"
"Ja, ich nehme mir ein anderes Zimmer, ich brauche jetzt einfach nur Ruhe."
"Okay, dann sehen wir uns morgen."
"Bis morgen, Inspektor."

Sie ging an der Spurensicherung vorbei eine Etage tiefer. Dreimal kurz, zweimal lang. Keine Antwort. Dreimal kurz, zweimal lang. Nichts.
"Katie?" Kein Laut von innen.
Sie drehte den Knauf, die Tür war offen. Katie und der Koffer waren weg. Auf dem Bett lag ein einzelner Geldschein, beschrieben mit blauer Schrift: 'Für dich, Sternschnuppe.'

Letzte Aktualisierung: 15.08.2007 - 09.41 Uhr
Dieser Text enthält 10073 Zeichen.

Druckversion

 LINKTIPPS: Naturwaren Diese Website wird unterstützt von:

www.mswaltrop.de
Copyright © 2006 - 2024 by Schreiblust-Verlag - Alle Rechte vorbehalten.