„Fünf Uhr - Weckruf. Fünf Uhr ...“
„AUS“ Jo seufzte. War er nicht gerade erst in die Kabine gefallen? Nur einen Augenblick noch - er döste ein. „In zehn Sekunden wird eingefahren. Zehn, Neun, Acht...“
Bei Drei sprang Jo aus dem Alusarg. Die kalte Luft seines Wohncontainers traf ihn wie ein nasser Waschlappen. Voller Sehnsucht sah er der Röhre hinterher, wie sie im Boden verschwand. Aus der Wand schob sich die Nasszelle. Er quetschte sich hinein, benutzte das WC, putzte sich die Zähne und stieg in die Duschkabine. Exakt vier Minuten lang floss ein Rinnsal lauwarmen Wassers. Inzwischen war er geübt darin, nicht zuviel Shampoo zu benutzen. Als das Wasser versiegte, schaltete er den Trockenstrahl an. „Kalt!“ Jo schlang die Arme um den Körper. „Energiebudget für Arbeiter um zehn Prozent reduzieren, Sauerei!“ Die Temperatur im Container hatte erträgliche Siebzehn Grad erreicht; mehr standen ihm als männlicher Single nicht zu. Jo zog den Overall an, drehte sich um und stand mit zwei Schritten vor der Küchenwand.
„Tisch und Stuhl!“ Die Möbel wuchsen aus dem Boden. Jo drückte auf ‚Frühstück 1’ an der Konsole. Minuten später ertönte ein „Ding“.
Jo entnahm der Futterluke ein Tablett mit einer Tasse Kaffee und einem belegten Brot. Pastete. Aus Fleischnebenerzeugnissen. Er konnte das Zeug nicht mehr sehen. Wann gab es in Sektor O endlich die neue Zuteilung? Er sehnte sich danach, wieder einmal Brötchen mit Käseimitat zu essen, oder diesen leckeren Erdbeeraufstrich mit zehn Prozent Fruchtanteil.
Fünf Minuten später schob er das Tablett in die Klappe zurück.
Jo rannte zur Haltestelle der Magnetbahn. Auf der zweiten Plattform standen dicht gedrängt Menschen in blauen Overalls. „Was ist los, gibt es etwas umsonst?“
„Nee“, antwortete jemand. „Zwei von den Scheißbahnen sind ausgefallen.“
„Wie jeden Montag.“ Jo hasste Montage. Außerdem war es heute so dunkel. Er sah nach oben. Kein Wund ...
Liebe Leserin, lieber Leser,
diese Geschichte gehört zu den Siegergeschichten und erscheint in unserer Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir uns nicht selbst Konkurrenz machen möchten, indem wir die Geschichte ebenfalls hier komplett veröffentlichen.
Vielen Dank!
Andreas Schröter
Letzte Aktualisierung: 31.10.2007 - 23.35 Uhr Dieser Text enthält 10265 Zeichen.