Madrigal für einen Mörder
Madrigal für einen Mörder
Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
mehr ... ] [ Verlagsprogramm ]
 SIE SIND HIER:   HOME » MITMACH-PROJEKT » SCHREIBAUFGABE » Kathi Schmid-Siegel IMPRESSUM
NEWSLETTER
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

Jetzt anmelden! ]

UNSERE TOP-SEITEN
1.) Literatur-News-Ticker
2.) Leselust
3.) Forum
4.) Mitmach-Projekt
5.) Schreib-Lust-News 6.) Ausschreibungen 7.) Wettbewerbs-Tipps
Januar 2008
Die Tücken eines Recorders
von Kathi Schmid-Siegel

Diese Geschichte ist eine jener wenigen, die wirklich passiert sind. Sie handelt von Moritz, meinem Bruder. Eigentlich ist es gemein, dass ich sie niederschreibe, denn mein Bruder kommt daran nicht sonderlich gut weg, aber da ich ein Pseudonym verwende und auch seinen Namen geändert habe, wird wohl niemand die Geschehnisse mit ihm in Verbindung bringen.
Es passierte an einem Montagabend im Dezember. Meine Eltern waren zu einer Weihnachtsfeier gegangen und hatten Moritz und mich alleine gelassen. Da Montag im ORF ein Krimiabend war – an dem es CSI Miami und Law & Order spielte – hatten sie vorher den DVD-Recorder auf ‚Rec‘ gestellt. (Man kann getrost sagen, dass wir eine krimiverrückte Familie sind.)
Ich musste an diesem Abend noch einmal weg. Da bei uns das Wohnzimmer –des großen Fernsehers wegen – sehr begehrt ist, sagte ich meinem Bruder, bevor ich ging, bescheid, dass es nun frei sei. Er wollte sich Sister Act II ansehen.
Am nächsten Tag hatte ich Schularbeit. Als ich gegen zwei nach Hause kam, war ich vollkommen geschlaucht. Ich nahm mein Mittagessen und knotzte mich vor den Fernseher. CSI hatte ich am Vortag schon zu Ende gesehen, also wollte ich mir „Law & Order“ reinziehen. Doch nach fünf Minuten brach die Aufnahme ab und man sah statt des Krimis wie jemand durch die Sender scrollte, auf der Suche nach einem Bestimmten (bei uns hatte sich noch nie jemand die Mühe gemacht, einmal die über tausend Sender zu ordnen).
-Moritz, ich mag dich nicht!- rief ich in Richtung seines Zimmers.
-Nein, ich hasse dich!- schrie ich als er nicht antwortete.
Er erschien im Wohnzimmer.
-Du hast gesagt, ich kann fernsehen!-
-Ja, habe ich! Aber ich will das jetzt sehen! Ich brauch unbedingt einen Krimi und ich habe schon alle Folgen Navi CIS durch!-
-Pech!- sagte er mit einem schadenfrohen Grinsen und verschwand. Geschwister halt.
Da ich zu faul war, umzuschalten, beobachtete ich einfach weiter, wie mein Bruder die Sender durch-ging. Dann blieb er stehen. Ich musste grinsen. „Playboy TV“. Man konnte sehen, wie Moritz am Vortag gezögert hatte, dann aber den Jugendschutzcode eintippte. Aber er tippte falsch. Er hatte ihn wohl vergessen, denn unsere Eltern hatten ihn uns schon vor längerem mitgeteilt. Eine Nachricht erschien am Bildschirm „Code dreimal falsch eingegeben. Sender für 10 Minuten gesperrt!“. ‚Glück gehabt‘, dachte ich mir.
Eigentlich hätte ich meinem Bruder am Liebsten mitgeteilt, was er anscheinend vergessen hatte. (Ich nahm das an, weil er nicht versucht hatte, mich davon abzuhalten, die Aufnahme anzuschauen.) Aber ich wollte Moritz dabei ins Gesicht sehen und war immer noch zu faul mich zu bewegen. Also wartete ich.
Inzwischen hatte mein Bruder anscheinend Sister Act gefunden. Es lief aber noch nicht sonderlich lang, bevor Werbung kam und mein Bruder begann, herum zu zappen. Das tat er immer und es konnte mich wahnsinnig machen. Diesmal aber nicht, denn sehr schnell landete er wieder bei Sender Nummer 643: „Playboy TV“. Mein Grinsen wurde umso breiter. Ich musste diese Aufnahme unbedingt auf Band haben! Aber es wurde noch besser. Moritz gab abermals den Code ein, diesmal den richtigen. Ich hatte freien Blick auf eine, vollkommen unbekleidete, 90-60-90 Tussi.
Sie können sich wahrscheinlich vorstellen, was für einen Spaß es mir machte, all das nachher meinem Bruder zu erzählen. Seinen Gesichtsausdruck werde ich so schnell nicht vergessen. Meine Eltern hatten fast noch mehr Spaß an der Geschichte. Dabei war es nicht die Tatsache, dass Moritz sich einen Erotikkanal angesehen hatte – das war ja für einen Jungen von sechzehn Jahren nichts Außergewöhnliches –, die uns amüsierte, sondern es war seine Blödheit, sich dabei aufnehmen zu lassen! Das Band habe ich übrigens immer noch.

Letzte Aktualisierung: 22.01.2008 - 09.25 Uhr
Dieser Text enthält 3787 Zeichen.

Druckversion

 LINKTIPPS: Naturwaren Diese Website wird unterstützt von:

www.mswaltrop.de
Copyright © 2006 - 2024 by Schreiblust-Verlag - Alle Rechte vorbehalten.