Burgturm im Nebel
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"Was mögen sich im Laufe der Jahrhunderte hier schon für Geschichten abgespielt haben?" Nun, wir beantworten Ihnen diese Frage. In diesem Buch.
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Thema: Affäre | September 2008
E-Mail Verkehr
von Peter H. Boeckling

Es ist ein kalter Novembertag als mich Lindi Lee anschreibt. Ich bin wieder einmal in einem der „Netzwerke“ unterwegs, mit dem Ziel internationale Kontakte zu schließen.

Lindi mailt in höflichem Englisch: „Lass uns doch bitte Kontakt schließen, wer weiß wozu es einmal gut sein kann.“ Ich bestätige den Kontakt einige Tage später mit dem Kommentar: „Danke für die Anfrage, ich bestätige gerne den Kontakt. Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit eines Treffens, denn ich habe häufiger in Toronto zu tun.“

Lindi kommt aus Toronto, das sehe ich sofort und sie ist asiatischer Herkunft, nicht ungewöhnlich für Kanadier. Und vor allen Dingen ist Lindi nicht „unflott“, denke ich mir und die schönen Erinnerungen an meine Zeit, in der ich in Thailand lebte, flackern wieder auf.

Ich selbst, Paul Pauli komme aus Hamburg und bin kühler und trockener Norddeutscher.

Während ich noch in Erinnerungen schwelge, erhalte ich schon ein weiteres Mail von Lindi Lee mit der Antwort: „Ja, sehr gerne können wir uns zu einem Kaffee in Toronto verabreden. Bitte gebe mir doch Bescheid, wenn du das nächste Mal wieder in der Stadt bist.“

Sie ist also online, denke ich. Das geht aber schnell, nicht nur mit dem Kontakt, sondern auch mit dem Email-Verkehr. An diesem Abend mailen wir hin und her und ich teile ihr mit, dass ich Anfang Dezember nach Toronto reise und sie auf eine Tasse Kaffee „einplanen“ kann.

So schön, so gut und wir sind bereits in aktiver Kommunikation, in der virtuellen Welt. Ich denke, dass wir beide zu diesem Zeitpunkt keine Vorstellung davon haben, wohin uns diese virtuelle Reise führt, aber es wird eine intensive und sehr persönliche Kommunikation, die uns trotz räumlicher Distanz sehr nahe bringt, nahe im virtuellen und geschützten Raum, noch nicht in der realen Welt der Sinne.

Lindi und ich mailen in den nächsten Tagen sehr viel, anfangs aber eher belanglos, denn wir befinden uns erst in der „Kennenlernphase“ und da ist es sicherer nur allgemeine Kommunikation zu betreiben.

Lindi Lee schreibt weiter
Ich mag deine Mails gerne lesen und ich bin so froh, dass wir das gleiche Niveau der Kommunikation haben. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schwierig es ist, dies zu erreichen. Ich bin so froh, dass wir dies können. Wir haben uns bis heute noch nicht getroffen, aber wir werden es bald sicher tun. Ich denke, es wird eher nicht Hamburg werden, wahrscheinlicher ist Toronto.

Ich möchte dir heute etwas über mich schreiben. Ich möchte ganz ehrlich mit dir sein und dir sagen, dass ich manchmal ganz schön eigensinnig und stur sein kann. Das passiert aber nur dann, wenn man den falschen „Knopf“ bei mir drückt. Meine Mutter sagte mir immer, dass ich niemals jemanden finden würde, der mich heiratet. Sie meinte, dass meine Persönlichkeit von einem Mann nicht geschätzt würde. Aber das war nur ihre Meinung und was kümmert es mich. Die Menschen, die mich gut kennen, schätzen mich. Aber mach dir keine Sorgen….ich bin eigentlich ganz nett.

Lieber Paul, ich weiß, dass du in den verschiedenen Teilen der Welt gewesen bist, im Ausland gelebt und gearbeitet hast, genau so wie ich. Dies ist nicht der einzige Grund, warum ich denke, dass ich dir noch viel mehr über mich erzählen möchte. Gleichzeitig interessieren mich deine Erlebnisse und Erfahrungen. Ich denke, dass wir beide Menschen mit Werten sind und die sind in dieser Welt sehr schwer zu finden. Denn meistens zählt nur das Geld und wir verlieren unsere Werte. Was für eine Verschwendung!

Mit der Zeit erfährst du noch viel mehr über mich und du kannst einschätzen, was ich für ein Mensch bin. Du wirst auch erfahren, wie ich mit Freundschaft, Heirat, Intimität, Arbeit und vielem mehr umgehe. Es gibt so vieles, was ich dir aus meinem Leben mitteilen möchte, meine Beziehung zu Männern, was mich interessiert, meine Stärken und Schwächen, meine Ängste und Wünsche. Ich fühle, dass ich dir alles erzählen kann, ohne das du mich je verurteilst. Wie kann es sein, dass man sich mit dem Einen verbunden fühlt und mit dem Anderen nicht? Dies ist wirklich profund. Du bist nicht nur ein guter Zuhörer, sondern ein ganz toller Gesprächspartner. Lass mich eine Metapher nutzen, um unsere Kommunikation zu beschreiben. Es ist so, als werfen wir Steine in einen Teich und wir lauschen dem Geräusch des Wassers.

Ein sehr persönliches Mail, denke ich und eine sehr offene Kommunikation. Ich bin überrascht und interessiert noch viel mehr zu erfahren. Was meint sie denn wohl mit Freundschaft, Heirat und Intimität? Eine außergewöhnliche Aufzählung, was verbirgt sich dahinter? Ich möchte es gerne in Erfahrung bringen. Ich schreibe ihr, dass ich ihre Art und Weise sehr schätze, ihre Offenheit und ihren Wunsch so vieles mit mir austauschen zu wollen. Ich mag ihre Emails und ich freue mich jeden Tag auf sie, um zu erfahren wie es weiter geht, wie es weiter geht im Leben von Lindi Lee.

Es liegt nun ein ganzer Tag ohne Kommunikation vor uns, ein seltsames Gefühl. Eine gewisse Leere macht sich bemerkbar, seltsam irgendwie. Entwickelt sich eventuell eine erste Abhängigkeit? Aber um welche Abhängigkeit geht es? Ist es die intensive Kommunikation, oder ist es bereits mehr? Haben sich bereits Gefühle entwickelt, Gefühle für wen und was? Wir sind beide real noch nicht existent und leben nur im virtuellen Raum. Wie können sich Gefühle entwickeln? Haben wir schon eine Art Affäre? Wenn Lindi morgen wieder online ist, ist alles wie zuvor.

Spannende Tage liegen vor uns
Was soll ich dir heute schreiben, lieber Paul?
Ich denke, ich könnte dir alles schreiben und du bestätigst mich darin, dies wirklich zu tun. Es ist schön mit dir zu schreiben, ohne die Angst zu haben, du könntest mich verurteilen für das, was ich schreibe. Schreiben ist meine liebste Art der Kommunikation, schon seit ich ein Kind war. Ich mag ganz besonders meine Vorstellungskraft, die mir Flügel zum Fliegen gibt, manchmal weiter als die Realität. Ich bin sehr sensibel für Musik und Geräusche. Meine Gefühle können mich überwältigen, das kann beängstigend sein, speziell dann, wenn man mit den Gefühlen völlig falsch liegt. Es kann ein Gefühlswirrwarr entstehen, weshalb ich immer versuche cool zu bleiben und Dinge nicht zu nahe an mich heranzulassen.

Mach dir keine Sorge, über das, was ich gerade sage, aber meine Sensibilität kann mir schon manches Mal die Stimmung verderben und ich mag meine Sensibilität nie anderen Menschen zeigen. Paul, ich denke wir haben viel Vertrauen in unserer Kommunikation. Ich hoffe, dass dies zu einer tiefen und langen Freundschaft führt, die wir aufrecht erhalten können. Ich freue mich auch darüber, dass wir uns über einfache tägliche Dinge des Lebens unterhalten können. Ich mag das. Und ich mag unsere Kommunikation, weil sie keine Einbahnstraße ist, sondern zweigleisig läuft. Das gefällt mir sehr gut. Und ich mag natürlich Dich. Weißt du, einige Menschen nutzen Freundschaft, um das zu erreichen, was sie haben möchten. Sie haben klare Ziele vor Augen, weshalb sie eine Freundschaft in eine bestimmte Richtung drängen, nämlich genau dorthin, wohin sie sie haben wollen. Aber mit dir passiert dies nicht, mit dir kann ich eine Freundschaft, ja auch eine Affäre haben, ohne mich drängen zu lassen. Ich könnte mich in Dich verlieben. Überrascht dich das jetzt? Habe keine Zweifel. Ich will Dich und es ist jetzt wirklich an der Zeit sich zu treffen.

Meine liebe Lindi, ja, du hast mich überrascht, sehr sogar, aber es ist eine wunderschöne Überraschung und ich so froh, dass wir uns gefunden haben. Ja, ich will Dich auch und freue mich so sehr auf dich. Unsere Kommunikation ist einmalig, so vertrauensvoll und offen. Ich hätte nie geglaubt, dass so etwas im Internet möglich ist. Also mach` dir bitte keine Sorgen und schreib mir immer weiter, ich möchte dich besser kennenlernen, dich verstehen, dich lieben. Sei bitte auch nicht besorgt darüber, dass ich dich nicht mehr treffen möchte, im Gegenteil, ich möchte dich unbedingt sehen, ich muß dich sehen. Also, hier ist meine klare Ansage:

Ja, ich will dich treffen.
Ja, ich möchte dich kennen lernen.
Ja, ich möchte deine Geschichten hören.
Ja, ich möchte unsere Freundschaft und Liebe.
Nein, ich habe keine Zweifel.

Wie wir uns treffen
Unser Treffen in Toronto naht. Ich freue mich, es dauert nicht mehr lange. Ich bin gespannt und ich denke, dass wir haben bereits zu diesem Zeitpunkt eine tolle Freundschaft entwickelt haben und ich bin voller Erwartung, wie es weiter geht. Auf jeden Fall kann ich es nicht erwarten dich endlich zu sehen, dich in meine Arme zu schließen, dich zu küssen und….es wird fantastisch. Ich sehne mich seit Beginn unserer Freundschaft danach. Liebste Lindi, es wird überwältigend.

Paul, darling, ich bin nicht überrascht über all unsere Gemeinsamkeiten und über die Zuneigung, die wir beide für einander haben. Eine gute Freundschaft, mit einer tiefen inneren Beziehung, kann ein Leben lang halten. Und ich hoffe, dass wir beide dies erreichen können. Ich denke ebenso, dass wir diese Freundschaft über die Distanz und Zeit erhalten werden. Ich mag unsere Gefühle für einander.

So mein lieber Paul, hier sind meine Instruktionen, wenn wir uns treffen. Du schreibst mir bitte eine SMS, wenn du in Toronto ankommst. Danach schreibst du mir eine weitere SMS wenn du im Zug sitzt und dann noch eine, wenn du in der Stadt angekommen bist. Wenn du dann mein Büro erreicht hast, rufe mich bitte auf dem Handy an und dann sage ich dir alles weitere. Ich werde in meinem Büro für dich da sein, nur für dich.

Das sind klare Anweisungen, denke ich mir. Die lassen keine Fragen offen. Sie wird für mich und nur für mich da sein. Es wird wundervoll. Ein Prickeln geht durch meinen Körper und es ist wie ein erstes „date“ vor vielen, vielen Jahren in meiner Jugend.

Letzte Aktualisierung: 21.09.2008 - 11.40 Uhr
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