Klein und verwackelt. So bezeichnete sich Samira. Manchmal, wenn sie das Gefühl hatte, etwas besser dazustehen in der Welt, nannte sie sich „klein und grün“.
Sie ist meine beste Freundin seit dem Kindergarten. Schon damals war sie anders, was sie zum beliebten Opfer machte. Ich beschützte sie, wann immer es möglich war und schlug mich sogar für sie.
Mitten auf ihrer Nasenspitze saß ein Muttermal. Das linke Schulterblatt stand hervor wie ein Flügel. Samiras Arme reichten fast bis zu den Knien, die Oberschenkel waren zu kurz geraten. Ihr Haar, stumpfbraun und struppig, schimmerte im Sonnenlicht grünlich.
Oberflächlich betrachtet, lebte sie von nichts. Im Nichts. Unter dem Existenzminimum. Ihr Halbtagsgehalt als Buchhalterin in einem kleinen Zuckerlgeschäft langte gerade für Miete und Heizung. Und das mit über vierzig. Ich war empört darüber, aber auch beeindruckt, denn Samiras ethisches Bewusstsein stand der Verbesserung ihrer Lebensumstände im Wege. Sie war nicht käuflich und das war ihre Crux. Es hätte so einfach sein können, einen gewissen Wohlstand zu erreichen oder wenigstens ihre Verpackung zu ändern, in der ein hochgradig gebildetes Wesen steckte. Ein kleiner Hexenzauber und schon ... aber sie weigerte sich strikt ...
Liebe Leserin, lieber Leser,
diese Geschichte gehört zu den Siegergeschichten und erscheint in unserer Literaturzeitschrift Schreib-Lust Print. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir uns nicht selbst Konkurrenz machen möchten, indem wir die Geschichte ebenfalls hier komplett veröffentlichen.
Vielen Dank!
Andreas Schröter
Letzte Aktualisierung: 30.11.2008 - 21.30 Uhr Dieser Text enthält 6474 Zeichen.