Der himmelblaue Schmengeling
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Märchen | Januar 2009
Die Verwandlung von Brüderlein und Schwesterlein
von Claudia Stoiser

Es begab sich vor langer, langer Zeit, dass ein Bruder und seine Schwester – Brüderlein und Schwesterlein – von ihrer bösen Stiefmutter, der Königin, die zugleich eine gemeine Hexe war, verstoßen wurden. Die beiden liefen weit fort und kamen in einen, von der Stiefmutter verwunschenen Wald. Sie wussten, dass sie keine Beeren von den Sträuchern und keine Früchte der Bäume essen und kein Wasser der Bächlein trinken durften. Teils aus Neugier, was geschehen würde, teils wegen quälenden Hungers, fischte Brüderlein, trotz aller Warnungen und Einwände Schwesterleins, eine Forelle aus einem Flüsslein, briet und verspeiste sie. Dazu trank es einen großen Schluck reines, jedoch vergiftetes, Wasser aus einem Bach. Sogleich verwandelte sich Brüderlein in einen großen, bösen Wolf. Schwesterlein war zutiefst erschrocken und ängstigte sich sehr vor dem veränderten Brüderlein. Aus diesem Grunde lief Schwesterlein davon und beschloss, es auch mit einer Verwandlung zu versuchen, um dem Wolf nicht ausgeliefert zu sein, und biss in einen Apfel. Leider verwandelte sich Schwesterlein in kein Tier, das dem Ungeheuer von Brüderlein Paroli bieten hätte können, sondern in ein kleines Mädchen mit roter Kappe. Da nichts schlechter sein konnte als das, kostete Rotkäppchen eine Himbeere – und ward in eine alte Frau mit grauem Haar verzaubert. Diese Gestalt stimmte Schwesterlein um nichts glücklicher, denn eine Großmutter wäre sicherlich nicht dazu imstande, sich gegen den großen, bösen Wolf zur Wehr zu setzen. Es nahm also einen Schluck Wasser aus einem See – und ward in ein Geißlein verwandelt. Das war ja nun die Höhe! Schlimmer als ein Mädchen mit roter Kappe oder eine alte Frau mit grauen Haaren; ein Geißlein war ein Festmahl für ein Raubtier. Verzweifelt probierte Schwesterlein, in Gestalt des Geißleins, eine Erdbeere, wartete jedoch vergebens auf eine weitere Verwandlung. Aller guten (oder in diesem Fall schlechten) Dinge waren, so schien es, drei. Mutlos galoppierte das Geißlein davon, um sich irgendwo einen sicheren Unterschlupf zu suchen.
Wäre es nicht so überstürzt aufgebrochen, hätte es bemerkt, dass Brüderlein die Wolfsgestalt auch nicht sonderlich gefiel. Schwesterlein hätte gesehen, dass sich der große, böse Wolf, nachdem er zuerst zu einem Frosch geworden war, schließlich in einen Prinzen verwandelte. Mit diesem Prinzenaussehen war Brüderlein höchst zufrieden. Doch wo steckte plötzlich das Schwesterlein?
Der Prinz machte sich auf die Suche danach, doch wusste er leider nichts vom tierischen Aussehen seiner Schwester. So fand er nach einigen Tagen ein lebloses Geißlein, dessen Bauch sehr aufgebläht war. Der Prinz erbarmte sich des Tieres und trug es in ein kleines Waldhäuschen. Als das kleine Geschöpf die Augen aufschlug, fragte der Prinz: „Geißlein, Geißlein, bist du krank?“ Es antwortete: „Mäh, mäh, mäh, vor lauter Fressen für Verwandlung tut der Bauch sehr weh!“ Das Herz des Prinzen machte einen glücklichen Hüpfer, als er voll Freude ausrief: „Schwesterlein, bist du’s?“ Das Geißlein antwortete entzückt: „Mein Bruder, kein Wolf bist du mehr? Hast du denn etwas Feines zu essen mitgebracht?“ Brüderlein rief einem Tisch, der in der Wohnstube stand „Tischlein, deck dich!“ zu, und auf dem Tisch erschienen die köstlichsten Speisen, die die Geschwister jemals gesehen hatten. „Wenn du von diesen Speisen nimmst, die nicht verwunschen sind“, sagte der Bruder zur Schwester, „dann wirst du wieder gesund!“ Das Geißlein tat wie ihm geheißen und – wirklich – es ward zu einer schönen, jungen Prinzessin verwandelt.
Glücklich und zufrieden machten sich die beiden auf den Weg, sich ein schönes eigenes Schloss zu suchen. Dort leben sie – wenn sie nicht gestorben sind – noch heute.

Letzte Aktualisierung: 14.01.2009 - 20.19 Uhr
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