'paar Schoten - Geschichten aus'm Pott
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März 2009
Strafarbeit, Quizshow, Teenager
von Mira Langrock

„Ganz leise jetzt, wir wollen ja niemanden wecken“, dachte der Junge, während er barfuß durch das nachtdunkle Haus schlich. Er trug ein weißes T-Shirt, dunkle Shorts und für den Notfall seine Geheimwaffe bei sich – man konnte ja nie wissen, wie diese Anwohner reagierten!
Angespannt fuhr er sich durch sein feuerrotes, lockiges Haar. Es war ein heißer Tag gewesen und die Hitze hielt sich noch immer im Haus auf, doch die Kacheln des Küchenbodens spendeten seinen Füßen für diesen Augenblick eine angenehme Kühle.
Das blasse Licht des Mondes, welches durch die Fenster hereinfiel, war das einzige, was ihm Orientierung bot. Dafür dankte er Luna.
Nun musste er nur noch das richtige Zimmer finden und die Sache war so gut wie geritzt!
Vorsichtig ging er die Stufen zu den Schlafräumen hinauf. Gleich aus dem ersten zu seiner Rechten vernahm er ein Schnarchen, das mit einem zweiten ein Duett einzugehen versuchte.
„Hört sich nicht nach ihr an“, dachte er, denn Ziel seines Auftrags war ein junges Mädchen. Nach den Informationen seiner Mutter hatte es sein eigenes Zimmer. Und seine Mutter wusste immer sehr gut Bescheid. Sie war es, die solche Aufträge an Land zog. Und sie führte dabei ein strenges Regiment.

Nachdem er vor einiger Zeit eine dieser Missionen in den Sand gesetzt hatte, war sie so erzürnt gewesen, dass sie ihm eine Woche lang Hausarrest und drei Tage Strafarbeit bei seinem Vater aufgebrummt hatte – er war doch kein kleines Kind mehr! Sie wusste ganz genau, wie sehr er es hasste, seinem Vater bei der Arbeit zur Hand zu gehen. Selbst eine Stunde war da schon eine Zumutung! Aber drei Tage?!
Damit das nie wieder vorkam, hatte er geschworen, sich von nun an mehr Mühe zu geben!

Lautlos wie ein Schatten schlich er zur nächsten Zimmertür, schräg gegenüber, und öffnete diese so vorsichtig wie er nur konnte. Die vielen Flugzeuge auf der Tapete und ein kleines Nachtlicht in der Form eines Autos verrieten ihm, dass das nicht das gesuchte Zimmer war und er schloss die Tür so leise, wie er sie geöffnet hatte. Offensichtlich hatte das Mädchen einen kleinen Bruder. Das hatte ihm seine Mutter nicht gesagt!
„Anscheinend weiß sie nicht alles!“, dachte er erbost und für einen kurzen Augenblick machte sich ein Hauch von Triumph in ihm breit.
Aber im Grunde spielte es ja keine Rolle. Er würde diesen Job sowieso schneller zu Ende gebracht haben, als seine Mutter ‚Strafarbeit’ sagen konnte!
Blieben zwei Türen übrig – eine zu seiner Rechten und eine links hinten am Ende des Ganges.
Er konnte es sich nicht nehmen lassen, in seinem Kopf ein Spiel daraus zu machen: „So, lieber Kandidat. Nun müssen Sie sich entscheiden! Wählen Sie Tor eins oder Tor zwei?“ Er ließ seinen grübelnden Blick hin- und herschweifen, als ob ein Millionengewinn auf dem Spiel stand.
Soweit er wusste, war dieses Mädchen ein Teenager. Denen ging bekanntlich alles und jeder auf den Geist. Er kombinierte, dass sie ein Zimmer so weit abgeschieden wie möglich haben musste. Verzückt kehrte er zu seiner imaginären Quizshow zurück: „Ich … Ich nehme Tor zwei, denke ich.“ Während er auf die hintere Tür zuging, ließ er neben einem Trommelwirbel die Stimme des Quizmasters in seinem Kopf erklingen: „Und das ist …“ – er erblickte das Türschild mit der Aufschrift ‚Vorsicht Teenager - zickig, vorlaut, nicht ansprechbar’ – „ … Richtig!“
Nun wollte er keine Zeit mehr verlieren, öffnete ohne weitere Umschweife die Tür und ging hinein.
Er brauchte nicht lange zu suchen. Da lag es, neben ihrem Kopfkissen, offen und ungeschützt.
Ohne sich von den vielen Boy-Band-Postern an den Wänden ablenken zu lassen, packte er es in seine kleine Tasche und verließ das Zimmer so schnell, wie er es betreten hatte.

Auf dem Weg nach unten konnte er kaum noch an sich halten und als er das Haus schließlich verlassen hatte, schwoll seine Brust vor Stolz an!
Wieder einmal war es ihm gelungen, ein Herz zu stehlen! Ganz ohne Einsatz von Pfeil und Bogen! All das würde ihm hoffentlich Bonuspunkte bei seiner Mutter einbringen und ihn vielleicht sogar von ihren ewigen Sticheleien befreien. Und das Tollste war: Keine martialische Strafarbeit bei seinem Vater! Er hatte es einfach satt, sich jedes Mal seine Flügel bei diesem ganzen Kriegstreiben zu ruinieren!
„Als Sohn der Venus habe ich immerhin einen Ruf zu verlieren!“, dachte er entrüstet. Dann breitete er seine Flügel aus und flog in die Nacht davon.

Letzte Aktualisierung: 22.03.2009 - 14.13 Uhr
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