Der himmelblaue Schmengeling
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April 2009
Anders
von Barbara Hennermann

Rot zu sein unter all den Weißen hier war eine Schande.
Die Weißen neigten die Köpfe einander zu, flüsterten, wisperten, kicherten.
Alle starrten sie an.
Sie hörte das Gewisper. „Wie sieht denn d i e aus?“ „Wo kommt die bloß her?“ „Die hat sich wohl verlaufen?“ „Vielleicht hat sie ja ´nen Sonnenbrand?“ Und dazwischen immer lauter das Gekicher.
Sie schämte sich.
Was hatte sie verbrochen? Was konnte sie dafür, dass sie anders war als alle ringsherum?
Gern wäre sie weggelaufen. Egal wohin. Nur weg von diesen Weißköpfigen, Wispernden, Kichernden.
Sie hatte es sich nicht ausgesucht, hierher zu kommen. Es war purer Zufall gewesen. Sie hätte wirklich viel darum gegeben, wenn sie hätte weglaufen können. Aber das ließ ihre Natur nicht zu. Sie musste standhaft bleiben und das ihr auferlegte Los aushalten.

Tränen netzten ihr rundes Gesicht. Tapfer schüttelte sie sie ab und wandte entschlossen das Gesicht der Sonne zu, fühlte tröstlich deren wärmende Strahlen. Ein warmer Wind fächelte zärtlich ihre Wangen.
Ach, das Leben könnte doch so schön sein! Wenn sie es nur woanders leben könnte … Unter ihresgleichen …

Ein leises Brummen ließ sie aufhorchen. Auch die Weißen schienen es gehört zu haben, denn das Geraune um sie herum verstummte plötzlich. Alle Köpfe drehten sich in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Dann brach es wie ein einziger Aufschrei aus ihnen heraus: „Das ist Alfred!“ Und die Weißköpfigen begannen zu zittern und zu weinen, verloren sich in lautem Wehklagen.
Das Brummen wurde lauter, kam näher und immer näher.
Voll Angst schloss sie die Augen, erwartete den Untergang der Welt.
Doch was hatte sie hier, letztendlich, schon zu verlieren? Hier, unter all den Weißen, die sich über sie lustig machen, sie verspotteten und verlachten? War es nicht besser, tot zu sein, als so weiterleben zu müssen?

Das Brummen war zum Orkan geworden, der die Erde um sie erzittern ließ.
Mutig öffnete sie die Augen. Sie war bereit, dem Tod sehenden Auges gegenüber zu stehen!

Da brach der Lärm plötzlich ab. Ein Schatten fiel über sie und eine verwunderte Stimme brummte: „Ja, was haben wir denn da am frühen Morgen? Ein rotes Gänseblümchen? Mitten in meinem Rasen?“ Sanft wie der Wind vorher berührte sie ein dicker, großer Finger. Und die Stimme fuhr fort: „Na, so was habe ich hier auch noch nicht gesehen!“

Jäh begann der Orkan wieder zu toben.
Unwillkürlich schloss sie die Augen ein zweites Mal. Doch das Toben wurde schwächer, ging in Brummen über, erlosch schließlich ganz.
Sie blinzelte.
Die Weißen waren verschwunden. Ein samtener, grüner Teppich breitete sich um sie aus.
Sie aber stand in einer Insel aus Grashalmen, unberührt.

Sie wandte das Gesicht der Sonne zu, fühlte ihre wärmenden Strahlen. Der warme Frühlingswind fächelte zärtlich ihre Wangen, wiegte sie leise hin und her.
Ach, das Leben war so wunderschön!

Letzte Aktualisierung: 17.04.2009 - 10.49 Uhr
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