Der himmelblaue Schmengeling
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Glück ist für jeden etwas anderes. Unter der Herausgeberschaft von Katharina Joanowitsch versuchen unsere Autoren 33 Annäherungen an diesen schwierigen Begriff.
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Juli 2009
Wegen Brot und Käse
von Patricia Radda

Alle schliefen schon. Das ganze Haus lag im Dunkeln. Von Draußen hörte man hin und wieder, dass ein Auto vorbei fuhr. Hier drinnen war es total still. Dann wieder dieses Geräusch. Ich wälzte mich herum, doch das Geräusch hörte nicht auf. Hätte ich nur vorher etwas gegessen! Mein Magen machte nicht nur schauerliche Geräusche, jetzt knetete er auch noch meinen Bauch zusammen. Ich seufzte und schüttelte mich. Atmete tief ein und aus. Auf den Zehenspitzen lief ich zur Tür. Ich störte die Stille nicht gern. Auch die Dunkelheit mochte ich nicht. Manchmal fühlte ich mich mit geschlossenen Augen sicherer, als mit offenen. Ich musste nur die Treppe überwältigen, dann hatte ich Licht. Wenig, aber genug, um mich zurechtzufinden. Wieder knurrte mein Bauch. Verdammt!

Ich war bei der Treppe angelangt, und passte besonders bei der ersten Stufe auf. Nur nicht ausrutschen! Ich schloss meine Augen. Puh, geschafft. Die anderen gingen dann schon leichter. Im Flur hier leuchtete ein kleines, schwaches Licht. Ich hörte jemanden. Wer könnte das um diese Zeit sein? Noch wenige Schritte trennten mich von der Küche und meinem Essen. Da roch ich etwas. Käse und Brot. Ganz stark war der Geruch. Meine kleinen Füße trippelten so schnell sie konnten diese letzten paar Meter. Genießerisch fuhr meine Nase durch die Luft. Tatsächlich: auf dem Kasten da oben lag noch etwas vom Nachtmahl. So hoch oben, und doch schaffte ich es. Lecker! Durch mein Schmatzen und Schlemmen, hörte ich plötzlich noch etwas. Schritte. Schwere Schritte. Oh nein. Und dann kam sie ums Eck.

Sie war ziemlich klein und als wir uns anstarrten durchfuhr uns beide ein riesiger Schreck. Ich schrie aus Leibeskräften. Sie schrie auch. Lange und durchdringend. Wir würden noch alle aufwecken. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und lief quer durchs Zimmer. Noch mehr Stimmen. Noch mehr Schritte. „Nicht weglaufen! Na warte, dich krieg ich schon! Nicht in meinem Haus!“ Die Drohung galt mir. Mein Gott. Wegen ein bisschen Brot? Hilfe! Ich hatte Angst.

Und ich lief schneller. Aber in die falsche Richtung. Hinter mir die Schritte auf dem Fußboden. „Mama! Mama, hilf mir“, rief ich so laut ich konnte. Ich lief schneller. Doch dann wusste ich den Weg nicht mehr. Sackgasse. „Mama!“ Oh nein. Die Schritte kamen näher. Noch hatte er mich anscheinend nicht gesehen. Mama schreit erschrocken auf. Ich hörte sie, wusste aber nicht, wo sie war. „Komm her, vielleicht hat er dich noch nicht gesehen!“, rief Mama. Ich lief in die Richtung, in der ich sie vermutete. Dann stand er direkt vor mir. Ich erschrak, so nah hatte ich ihn nicht erwartet. „Hilfe!“ Er schlug nach mir, erwischte mich aber nicht.
Ich atmete tief ein und dann lief ich direkt auf ihn zu. Ich schlüpfte direkt unter seiner Hand hindurch und lief die Treppen hinunter in den Keller. Zwischen dem Gerümpel würde er mich nicht so schnell wieder finden.

„Mama?“, rief ich. Aber Mama antwortete nicht. Ich wartete. Irgendwann schlief ich ein. Aber warum hatten sie nicht nach mir gesucht?

„Na dann erzähl mir mal die ganze Geschichte“, forderte die Großmutter ihre Enkelin auf. Und Iris erzählte.
„Und dann lief sie hinaus ins Vorzimmer. Und Papa kriegte sie fast. Und dann lief sie zwischen seinen Füßen durch! Und Papa hat ein Buch genommen, damit er die Ecken abfahren kann, und wir haben das Licht aufgedreht. Da sah Papa sie wieder! Sie war viel größer als ich dachte! Er nahm das Buch und warf es auf die Maus drauf. Dann war sie tot.“
„Iris. Mäuse tun dir nichts. Sie wollen ja nur im Winter ein warmes Haus haben, so wie du“, sagte die Großmutter.
„Papa hat sie doch gejagt.“
„Aber vielleicht hatte sie kleine Mäusekinder, die jetzt keine Mutter mehr haben. Mäuse wollen im Winter doch nur ein Dach über dem Kopf haben. Wenn du in Zukunft eine siehst, dann brauchst du gar nicht so zu schreien. Dann gehst du einfach wieder ins Bett.“

„Aber ich hatte doch nur Hunger auf Brot und Käse…“

Letzte Aktualisierung: 13.07.2009 - 09.29 Uhr
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