Futter für die Bestie
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Gruselig geht's in unserer Horror-Geschichten-
Anthologie zu. Auf Gewalt- und Blutorgien haben wir allerdings verzichtet. Manche Geschichten sind sogar witzig.
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August 2009
Nobody
von Gina Splett

Ich war nie wirklich gut in dem, was ich tat. Weder in der Schule, wenn die Lehrerin wieder einmal Extraaufgaben verteilte, noch im Sport, den meine Mutter über alles liebte. Ich war ein Niemand. Damit musste ich mich langsam abfinden. Warum also weiter lernen? Warum ein Leben leben, das mich so unglücklich macht? Caren wach auf! Du bist doch nicht doof. Wenn man keine Freunde hat, dann sucht man sich eben welche!

Ja, ich suchte mir welche. Und nun bin ich in die Szene gerutscht und zu der geworden, vor der meine Mutter mich immer gewarnt hatte. Schule schwänzen, frech zu Erwachsenen sein, den ganzen Tag besoffen vor dem Bahnhof chillen, Leute anbetteln um neuen Alkohol kaufen zu können, keinen Bock auf nichts haben, sich mit Nazis prügeln. Ich habe mir meine schönen, langen, braunen Haare auf der einen Seite abrasiert und auf der anderen grün gefärbt. Habe mir Springer und eine Lederjacke mit vielen Aufnähern gekauft. Meine Jeans sind zerrissen, vom vielen auf dem Boden hocken. Ich gehe nur Heim um dort zu schlafen und habe mich seit ungefähr 3 Tagen nicht mehr geduscht. Jetzt bin ich von einem Niemand zu einem Taugenichts geworden. Aber was soll’s? Wenigstens kein Niemand mehr sein.

Nun sitze ich seit langer Zeit mal wieder zuhause in meinem Zimmer. Meine Mutter ist arbeiten. Pah, Arbeit nervt! Ein Niemand zu sein nervt, ich zu sein nervt. Alles nervt. Ich will gar nicht auf der Straße sitzen und Bier trinken, will nicht ständig Leute anbetteln und Erwachsene anpöbeln, will meine langen Haare wieder und duschen wann ich will. Aber ich habe Angst noch eine Veränderung durchzumachen. Habe Angst, wieder ein Niemand zu werden auf dem die Leute rumtrampeln. Kann nicht mehr zurück, niemals. Es ist zu spät, das weiß ich, seit meine Mutter nicht mehr mit mir redet.

Also wieder auf die Straße zurück. Zurück zu Chucky, Speed, Tequila, Rotze und den andern aus meiner neuen „Familie“. Familie. Ja, so hatte es Chucky genannt, als sie mich aufnahm. Sie war von zuhause rausgeflogen, weil sie sich mit Speed, einem 7 Jahre älteren Punk hatte eingelassen. Sie verstand mein Begehren nach Aufmerksamkeit und zeigte mir eine Welt, in der ich sicher Beachtung finden würde. Ihre Welt. Sie sagte damals: „Kleine, du siehst aus, als könntest du Aufmerksamkeit brauchen. Hier, gönn dir nen Kräftigen Schluck Wodka und setz dich zu uns. Rotze! Lass mal den Joint rüberwachsen! Hier Püppchen.“ Püppchen. Bald nannten mich alle so. Ich war nichts weiter als eine Marionette unter Gruppenzwang. Aber wie gesagt, alles zu spät für Veränderungen.

Jetzt lebe ich schon bald 2 Jahre auf der Straße, bin ein Seelisches so wie körperliches Wrack, bereit, mir bald die erlösende Nadel und den goldenen Schuss zu geben. Chucky ist tot. Alkoholvergiftung. Speed und Tequila haben sich abgeschottet und Rotze hat die Kurve gekriegt. Ich habe mir eine neue „Familie“ gesucht. Alles Routine. Alles schlecht. Ich bin mit 18 Jahren nichts weiter als… Nichts! Das, was ich nicht noch einmal hatte werden wollen. Was soll’s? Ist sowieso alles zu spät. Kann ich auch abkratzen.
„Hey, du da! Warum sitzt du hier so allein rum? Du siehst gar nicht gut aus.“ Wer ist das? Ein Fremder? Ein Bulle? Oder ein Engel? Ich sah ihn an. „Was willst du?“, fragte ich mit einem Ausdruck von Gleichgültigkeit. „Ich arbeite hier in der Nähe in einem Wohnasyl für Obdachlose. Wenn du willst nehme ich dich mit. Dort kannst du duschen, essen und deinen Rausch auskurieren. Ich werde dir helfen von der Straße weg zu kommen, vielleicht auch Arbeit zu finden. Ich werde dir zu einem Neuanfang verhelfen. Wenn du willst. Du musst mir nur deine Hand reichen!“ Er sah mich an. Eine letzte Chance? Eine letzte Chance. Ich griff nach seiner hand und er half mir hoch.
„Wieso hilfst du einem Niemand wie mir?“, fragte ich, als wir die Straße entlang gingen. „Naja, weißt du, Even Nobody is Somebody.“, sagte er mit einem engelsgleichen Lächeln. Auch ich lächelte verlegen. Ich war immer jemand, das hatte ich jetzt begriffen. Ich war
immer ICH!

Letzte Aktualisierung: 07.08.2009 - 15.52 Uhr
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