Der Cousin im Souterrain
Der Cousin im Souterrain
Der nach "Dingerchen und andere bittere Köstlichkeiten" zweite Streich der Dortmunder Autorinnengruppe "Undpunkt".
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Oktober 2009
Alles, außer irdisch
von Robert Poleschny

Mit einem lauten Knall sprang die Tür auf und Jan platzte in die Wohnung.
„Miyu, du musst sofort den Fernseher anmachen. Etwas Unglaubliches ist passiert!“
Er schmiss seine Tasche zu Boden, rupfte sich die Jacke vom Körper und eilte ins Wohnzimmer. Im Türrahmen hielt er inne. Seine Freundin saß nicht, wie sonst, auf der Couch.
„Miyu? Ich bin da! Hallo?“
Keine Antwort. Jan runzelte die Stirn.
Mit einem Schulterzucken streifte er sich die Schuhe von den Füßen, schmiss sie in eine Ecke des Zimmers und sprang leichtfüßig über die Rückenlehne des Sofas. Die Fernbedienung lag auf dem Tisch. Er drückte den Power Knopf und starrte gespannt auf den Bildschirm.
In der Uni hatte er mitbekommen, dass irgendetwas im Busch war.
Da alle Sender das Gleiche brachten, blieb Jan irgendwo hängen.

„... Die Ermittlungsbehörde weiß immer noch nicht, wer hinter diesen unglaublichen Phänomenen steckt. Ein paar Augenzeugen behaupten, in der letzten Nacht leuchtende Punkte am Himmel gesehen zu haben. Mittlerweile kommen Berichte aus allen Ländern mit der gleichen schockierenden Nachricht.
Der Eiffelturm, das Colosseum, die Akropolis, Stonehenge, die Freiheitsstatue, und das sind nur ein paar Beispiele, sind in den vergangenen Stunden spurlos verschwunden ...“


Jan sah gebannt auf die Bilder und konnte es nicht fassen. Wie konnten diese Dinge einfach so verschwinden?
Der Bericht zeigte die Orte, die noch gestern Pilgerstätten waren. Menschen, die in den Augenblicken des Verschwindens dabei waren, wurden interviewt. Viele standen unter Schock, weinten und waren fassungslos.
Jan war sicher, dass diese Leuten Angst hatten. Angst vor dem Unerklärlichen.
Er war nicht an einem dieser Orte und trotzdem fuhr sein Magen Fahrstuhl.
Die Frage, ob Außerirdische hinter diesen Anschlägen steckten, drängte sich in sein Bewusstsein. Er lachte über sich. Der Gedanke war zu abwegig. Oder doch nicht?
Nachdem er den Bericht noch eine Weile verfolgt hatte, fiel ihm Miyu plötzlich wieder ein. Eine halbe Stunde war vergangen.
Er holte sein Handy. Vielleicht hatte sie ihm eine Nachricht geschickt. Keine neuen Messages oder Anrufe in Abwesenheit.
Sein Magen fing an zu grummeln. Er machte sich Sorgen, versuchte sich aber gleich wieder zu beruhigen. Es würde eine vernünftige Erklärung für Miyus Verschwinden geben. Vielleicht hatte sie ebenfalls die Meldungen gesehen und ist mit ihrer Freundin zu einem dieser Orte gefahren. Zum Brandenburger Tor oder zum Fernsehturm.
Aber ohne ihm Bescheid zu sagen? Eigentlich war das nicht ihr Stil.
Sicherheitshalber begann er den Rest der Wohnung zu inspizieren.
Beim Schlafzimmer angekommen, öffnete er die Tür und steckte den Kopf in den Raum.
Das, was er sah, ließ ihn ein paar Mal tief Einatmen, da die Luft immer dünner zu werden schien.
Auf dem Bett lagen Hunderte Fotos verteilt.
Jan schob sich ins Zimmer. Nichts Gutes ahnend ging er langsam näher. Er musste wissen, was das alles zu bedeuten hatte. Wollte Miyu ihm einen Streich spielen?
Als er vor dem Bett stand, konnte er nicht glauben, was er sah. Tausende Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Dann erst sah er den Umschlag.

Für Jan

Mit zittrigen Fingern öffnete er den Brief, während seine Umgebung verschwamm.
Er wischte sich die Tränen aus den Augen und begann zu lesen.

Mein liebster Jan,
was ich Dir jetzt schreibe, wird nicht leicht sein, zu verstehen. Die letzten drei Jahre mit Dir waren die schönsten meines Lebens. Ich habe Dich abgöttisch geliebt und niemand wird mir diese Liebe streitig machen. Denn nie habe ich geglaubt, dass ich jemals so empfinden kann.
Nun ist meine Zeit auf Deinem Planeten abgelaufen. Ja, Du hast richtig gelesen. Dein Planet. Ich muss abreisen, da der Auftrag meines Volkes erledigt ist.
Wie Du sicherlich in den Nachrichten mitbekommen hast, geschehen im Moment seltsame Dinge. Daran sind wir schuld.
Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, eure architektonischen Meisterwerke und Weltwunder abzufotografieren, damit wir sie auf diesem Weg zu uns „befördern“ können. Ich weiß, dass das alles unglaublich für Dich klingt und bei euch für Unverständnis und Chaos sorgen wird. Aber eure Geschichte hat uns gezeigt, dass Ihr mit diesen Rückschlägen leben könnt. Bitte glaube mir, dass es uns und vor allen Dingen mir nicht leicht gefallen ist, euch dies anzutun.
Jan, beginne ein neues Leben und behalte mich so in Erinnerung, wie Du mich noch gestern gesehen und gespürt hast. Ich werde immer an Dich denken und Dich für immer lieben.
Deine Miyu


Jan blickte ein letztes Mal auf den Bilderhaufen. Eine Sehenswürdigkeit überdeckte die Nächste. Ihm wurde schwindelig.
Mit hängendem Kopf verließ er das Schlafzimmer und schlurfte erschöpft zur Couch.
Er beschloss, sich für mehrere Tage hier einzuschließen, um in Ruhe nachzudenken.
Als er im Wohnzimmer stand, schaute er erneut auf den laufenden Fernseher.
In diesem Moment zeigten Satellitenaufnahmen Unglaubliches.
Japan erhob sich aus dem Meer. Die Insel blinkte in allen Farben. Alles rotierte und bewegte sich während der Insel Flügel wuchsen. Dann regte sich für Minuten nichts mehr. Die Welt hielt den Atem an. Dann sah man nur noch einen Blitz, als das UFO mit Lichtgeschwindigkeit im All verschwand.

Jan blieb regungslos stehen.

Letzte Aktualisierung: 25.10.2009 - 21.08 Uhr
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