Als Jack das Haus der Alpha-Gammas auf dem Campus-Gelände betrat, schlug ihm ohrenbetäubende Musik entgegen. Es gab hier niemanden, der nicht einen weißen Plastikbecher mit Alkohol in der Hand hielt.
Heute Abend fand die gefürchtete Aufnahmeprüfung der Alpha-Gammas statt, der angesehensten Verbindung der Universität.
Erstaunlicherweise war er der einzige Bewerber dieses Jahr – der Rest der Versammelten bestand aus Mitgliedern und Gästen.
Jack schaute etwas schüchtern in die Runde, fast so, als könne er mit dem Treiben, das sich ihm bot, nichts anfangen.
Plötzlich stand Jonathan neben ihm, legte einen Arm um Jacks Schultern und zog ihn zu sich heran. Gleichzeitig drückte er ihm einen der Becher in die Hand.
Das Alpha-Tier, wie Jonathan scherzhaft genannt wurde, machte einen Wink und die Musik verstummte abrupt.
„Ladies und Gentlemen“, begann er seine Rede, wobei er Jack noch fester an sich drückte.
„Ich stelle euch jetzt unseren Bewerber für dieses Jahr vor: Jack!“
Ein eher verhaltenes Klatschen mit einer Beimischung von Gemurmel und Kichern kam als Antwort zurück.
Jack war ein stiller, unscheinbarer Typ. Jemand, der nicht weiter auffiel, ganz im Gegensatz zu Jonathan und dieser Horde umtriebiger Gesellen, übrigens alles Kinder reicher Leute. Niemand wusste, wie es ihm gelungen war, sich in dieser Elite-Universität einzuschreiben. Mit seinem eher bescheidenen Äußeren wollte er jedenfalls nicht so recht in diese Versammlung passen.
Schüchtern blickte er in die Runde und zwang sich zu einem Lächeln.
Jonathan würde sich den Spaß mit der Prüfung garantiert nicht entgehen lassen. Und selbst wenn der neue Bewerber durchhalten würde, könnten sie ihn später immer noch rausekeln.
Das Alpha-Tier sah dem Neuen in die Augen: „Wenn du den Inhalt dieses Bechers getrunken hast, wird es dir viel leichter fallen, die Prüfung zu bestehen!“
Jack sah das Gefäß und überlegte kurz. Dann setzte er an und trank es in einem Zug aus.
Ein Johlen schlug ihm entgegen und alle grinsten ihn an.
„Ein kleiner Schritt für unseren Jackie! Aber ein großer für die Menschheit!“
Jack hielt den Becher hoch. Plötzlich sah er alles doppelt und ihm wurde schwindelig. Alles drehte sich vor seinen Augen und er konnte nicht einmal mehr stehen. Er schwankte auf die lachenden Silhouetten zu. Niemand machte Anstalten, ihn aufzufangen, und so fiel er der Länge nach hin und landete auf dem ausgetretenen Teppich. Dann wurde es dunkel um ihn herum und er hörte das „Jetzt kann die Show beginnen!“ nicht mehr.
Jack erwachte. Er sah so lange in den Scheinwerfer, der auf ihn gerichtet war, bis ihm die Augen tränten. Als er sie wieder schloss, entspannte er sich ein wenig und auch die Kopfschmerzen, die das Betäubungsmittel verursacht hatte, ließen langsam nach.
Jack versuchte sich aufzurichten, aber es gelang ihm nicht. Soviel er fühlen konnte, war er an seiner Stirn, den Handgelenken, am Bauch und an den Füßen festgebunden – und er war nackt.
Er lag auf einer kalten Oberfläche, trotzdem fror er nicht, als hätte man ihn gegen die Kälte widerstandsfähiger gemacht.
Jemand schob die Lampe ein Stück höher und er konnte ein graues Gesicht erkennen, welches sich ihm näherte.
Es hatte schrägstehende, schwarze Augen, die ausdruckslos auf ihn gerichtet waren. Die Nase nur zwei Löcher, der Mund ein Strich, keine Ohren, keine Haare.
Wenn Jack Angst hatte, dann sah man es ihm nicht an.
Der Außerirdische sprach, ohne dass sich seine Lippen bewegten: „Jack, du bist unser Auserwählter. Wir werden mit dir Experimente machen, damit wir die menschliche Rasse besser verstehen können!“
Das Alien hielt eine Art Tüllenbürste in der Hand und drehte sie zwischen seinen langen Fingern: „Dies ist eine Analsonde. Du wirst nur einen leichten Druck verspüren!“
Jack sagte nichts, als die Untersuchung begann.
„Ein ganz schön zäher Bursche“, sagte eine zweite Stimme.
Ein zweiter Außerirdischer in einem weißen Kittel und einer Videokamera kam in das Sichtfeld des `Patienten`.
Der erste war wieder zu sehen. Mit ungläubiger Stimme sagte er: „Wow, du bist echt hart im Nehmen. So ruhig hat das noch keiner über sich ergehen lassen!“ Jonathan nahm seine Maske ab und löste die Riemen, mit denen Jack gefesselt war. Dann half er dem Unfreiwilligen auf.
Natürlich hatte er keine Bürste benutzt, sondern seine Hand, die in einem Handschuh steckte. Der Mann mit der Kamera demaskierte sich nun ebenfalls.
Nachdem Jack sich wieder angezogen hatte, wurde er den anderen, die oben warteten, als neues Mitglied der Alpha-Gammas vorgestellt.
Jonathan hatte den Neuen und die für ihn vorbereitet Party längst wieder vergessen, als er sich nach oben und in sein Bett quälte. Alkohol war natürlich auf dem Campus-Gelände verboten, aber wen interessierte das?
Er hatte einen vernebelten Traum, in dem es ihm vorkam, als würde er irgendwo hinschweben.
Dann wurde ihm kalt und er riss die Augen auf.
Er starrte in ein helles Licht. Nackt lag er auf etwas Kaltem und er war bewegungsunfähig.
Jemand beugte sich über ihn, den er erkannte: Jack!
„Ah, du bist wach!“, hörte er die Stimme direkt in seinem Kopf, denn die Lippen seines Kommilitonen bewegten sich nicht einen Millimeter.
Mit einem Ruck riss sich Jack seine menschliche Maske vom Gesicht und darunter kam das typische Alien-Gesicht zum Vorschein, dass der Entführte selbst benutzt hatte.
Furcht und Entsetzen krochen bis in Jonathans Nervenenden. Er war unfähig, mehr als seine Augen zu bewegen. Überall blinkten bunte Lichter und huschten Gestalten vorbei.
Der Jack-Alien grinste ihn an: „Wir haben dich ausgesucht, weil dir niemand glauben wird, dass du von uns entführt worden bist!“
Vor Jonathans Augen erschien eine Tüllenbürste mit silbernem Griff, ein bisschen länger und dicker als die, die er selbst zum Erschrecken benutzte. Ein Surren ertönte und das Bürstenteil begann zu rotieren.
„Das ist `unsere` Analsonde. Du wirst nur einen leichten Druck verspüren! Entspann dich einfach, dann wird es nicht wehtun.“
Jonathan wollte schreien, als die Untersuchung begann, doch er brachte keinen Ton heraus.
Letzte Aktualisierung: 22.10.2009 - 22.07 Uhr Dieser Text enthält 6137 Zeichen.