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Agnumamad | März 2010
Der Hohe Rat
von Gerhard Fritsch

Nicht lange nachdem das geheimnisvolle Wort wie von Geisterhand in die große Tafel gebrannt worden war, kamen die Mitglieder des hohen Rates zusammen, um das Rätsel mit der versammelten Kraft ihrer Gedanken zu lösen. Zwölf an der Zahl, Männer und Frauen, zählte die Runde, und alle nahmen ihren Platz und die Haltung ein, unter der man sie am besten kannte.
Angestrengt überlegend starrten sie an die Wand und lasen, manche auch immer wieder vor sich hinmurmelnd: A G N U M A M A D .
Doch schon wenige Sekunden später meldete sich der Erste zu Wort. Es war, wie gewöhnlich, Herr Drehblick. „Es ist“, sagte er mit einem stets auf seinem Gesicht liegenden vergnügten Lachen, „eine arme, vno der Fürsorge lebende, einsame alte Oma, die so gerne die Enten im Teich füttert, aber zu wenig Geld hat, um genügend Futter zu kaufen.“
„Nein“, entgegnete eine fast geradeaus blickende, trotz ihres angedeuteten Lächelns eher ernst dreinschauende Dame, „es ist der Name eines Außerirdischen, der ihr eine Tüte voller trockener Brötchen gegeben hat.“
„Aber nein doch, ihr Dummerchen“, warf nun Herr 75° mit einem wissenden Schmunzeln ein, „Agnumamad ist eine Diskothek, in der man junge Friseusen von der Notwendigkeit sexueller Abwechslung überzeugen kann. Ihr wisst ja, ich spreche aus Erfahrung, Ha Ha Ha.“
„Blödsinn!“, protestierte die Frau, die weder Gesicht noch Lachen hatte, „Agnumamad ist eine vernunftbegabte Gemüseart, die die Dunkelheit des menschlichen Geistes bekämpft.“
„Bisher erscheint mir jede Erklärung als denkbar“, sagte die dunkelhaarige Frau auf dem letzten Stuhl, von der man nicht wusste, ob sie lachte oder weinte. „Meiner Vorrednerin gebe ich darin recht, dass es sich bei Agnumamad um ein fühlendes Wesen handeln muss, aber ich denke eher an einen Gegenstand, der von uns Menschen, mich ausgenommen, in Unwissenheit schlecht behandelt und mit Füßen getreten wird.“
Ohne viel zu sagen, stimmte ihr die Brille mit dem Frauenkopf drum herum sofort zu, ging an die Tafel und schrieb in großen Buchstaben das Wort: A G N U M A M A D.
Nach einer kurzen Verschnaufpause erhob sich der honorige Senior in der Mitte der versammelten Ratsmitglieder mit einem knöchernen Lächeln und erhob seine Stimme: „Agnumamad ist weder das eine noch das andere, es ist nichts von dem bisher Vorgebrachten. Agnumamad ist etwas Transzendentes, etwas feinstofflich über uns Stehendes, uns Ermahnendes und Leitendes. Etwas, das uns, ohne dass wir es begreifen, vor dem bedrohlichen Abgrund umkehren lässt und uns wie auf unsichtbaren Schwingen in die höheren Sphären der alten Meister tragen kann.“
Als er geendet hatte, war es so spät geworden, dass alle bereits eingeschlafen waren, so dass sie sich das Gehörte am nächsten Morgen erst wieder ins Gedächtnis rufen mussten. Vor Verzückung verharrten sie einen Augenblick in andächtigem Schweigen, doch schon platzten drei Frauen gleichzeitig mit ihrem Lob hervor, so dass es sich anhörte, als würde nur eine von ihnen sprechen: „Oh, wie recht du nur schon wieder hast, und in welch schöne Worte du alles kleiden kannst.“
Obwohl wie aus einem Mund gesprochen, bedankte sich der Honorikus, wie es seine Art war, bei jeder einzelnen der drei Frauen, der Aufgeblühten, der mit den zwei Köpfen, und der, die ihre Brille vergessen hatte.
Plötzlich sprühte es von Hinten her wie aus einem Vulkan, denn die Feurige erklärte mit erbarmungslosem Lachen: „Erinnert ihr euch denn nicht mehr an DAMAMUNGA? Damals wusste auch niemand, wer oder was das ist. Aber jetzt ist mir alles klar, AGNUMAMAD ist nur die Umkehrung von DAMAMUNGA, also haben wir es mit einem Troll zu tun, der sich hier unter falschem Namen einschleichen will. Trinken wir eins drauf, Ha Ha Ha Hch Hch!“
Die drei Konformantinnen sowie die übrigen Versammelten und Zuschauer applaudierten heftig, nur einer legte seine Stirn in Falten. Mit Schatten um die Augen verschaffte sich das jüngste Mitglied des Hohen Rates Gehör: „Die Erkenntnis der Umkehrung war schon richtig, nur der Schluss daraus bedarf der Verbesserung. Alles deutet darauf hin, das sage ich mit Gewissheit, dass AGNUMAMAD eine von einem afrikanischen Medizinmann erfundene, zähe Flüssigkeit ist, die der Mundspülung dient. Da sie giftige Substanzen enthält, ist der Anwender genötigt, sich kopfüber an die Decke zu hängen oder evtl. seine Füße in zwei Metern Höhe in einen Schraubstock zu klemmen, damit das Mundwasser wieder restlos entweichen kann.“
Diese außergewöhnliche aber doch so einleuchtende Erklärung fand breite Zustimmung, zumal der Sprecher die Versammlung auch noch einlud, mit ihm die von ihm gefundene Lösung des Problems gebührend zu feiern.
Mittlerweile war man dahingehend übereingekommen, die Beratungen langsam zu einem Ende kommen zu lassen und sich danach durch eine Abstimmung auf den besten Vorschlag zu einigen. Nun meldeten sich alle Redner noch einmal freudestrahlend zu Wort und beteuerten, wie schwer eine Entscheidung doch fallen werde, da alle Meinungen überaus stimmig und gut begründet vorgetragen wurden, auch die jeweils eigene. Wie gewöhnlich bedankte sich Herr Drehblick als letzter für den Zuspruch, den er glaubte für sich beanspruchen zu können, so dass er sagte: „So viel Lob vno so Vielen bringt mich tatsächlich in Verlegenheit, aber ich freue mich riesig, dass ihr meine Erklärung als die richtige anseht.“

Plötzlich aber drängte sich jemand völlig unerwartet aus der Zuschauerreihe hervor und bat zögerlich, etwas sagen zu dürfen. Ihm wäre nämlich aufgefallen, erklärte er, dass egal wie herum man das Wort schreibt nur drei Wörter daraus gebildet werden können, die für sich alleine stehen und dabei einen Sinn ergeben könnten, nie aber zusammen auftreten könnten, nämlich DUMM, MAG und MAMA. Wenn man aber davon ausginge, dass AGNUMAMAD aus der Umkehrung von DAMAMUNGA entstanden sei, dann müsste man auch annehmen, dass der Schöpfer dieser Buchstabenfolgen auch die Vervielfältigung und Kombination dieser Möglichkeiten gewollt habe. Dann könnten nämlich zum Beispiel auch Sätze wie DUMM UND DUMM oder DUMM MAG DUMM gebildet werden.

Alle lachten herzlich, aber der Zuschauer, der sich zu Wort gemeldet hatte, war sich im Unklaren darüber, ob seine Argumente auch verstanden worden waren.

Letzte Aktualisierung: 05.03.2010 - 23.56 Uhr
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