Madrigal für einen Mörder
Madrigal für einen Mörder
Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
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Abwärts | Mai 2010
Freundinnen
von Eva Fischer

Es klopfte an der Tür.
„Herein!“, rief Jana gut gelaunt.
„Wow! Euer Hotelzimmer ist genau so schick wie unseres.“ Mona und Lisa schauten sich neugierig um, während Jana geschickt den türkisblauen Pareo um ihren schwarzen Badeanzug drapierte, so dass er ihre molligen Oberschenkel verhüllte.
„Sehe ich nicht hip aus?“, wandte sie sich an ihre Freundinnen.
„Absolut!“, bestätigte Paula, ihre Zimmernachbarin, die sich selbst den weißen Bademantel angezogen hatte, den das Haus für jeden Gast im Zimmer bereitgestellt hatte.
„Mensch, Kinder, was geht es uns gut!“, sagte Mona und ließ sich von Paula ein Glas mit prickelndem Sekt einschütten.
„Prost! Das haben wir uns aber auch verdient. Unsere Männer können sich ruhig mal ein Wochenende allein um die Kinder kümmern, damit sie sehen, was sie an uns haben“, fügte Lisa hinzu.
„Fraglich, ob sie uns noch wiedererkennen, wenn wir unsere kosmetischen Behandlungen hinter uns haben, und vielleicht gefällt mir ja der Masseur besser als mein Mann.“, feixte Jana.
„Ach, ich freue mich schon so auf die Wassergymnastik. Sie muss gleich anfangen.“
Paula schaute auf die Uhr.
„Ist ja gut. Mache jetzt keinen Stress! Hast du unseren Zimmerschlüssel, Lisa?“
„Klar.“ Sie deutete auf die Tasche ihres zitronengelben Bademantels, während Mona ein erdbeerrotes Frotteekleid übergestreift hatte.
„Na, ihr beiden Früchtchen, dann können wir los.“
Sie gingen zum Aufzug. Paula drückte auf den Knopf. Wenig später kam der Fahrstuhl.
„Wo müssen wir denn hin?“
„Kosmetischer Bereich Untergeschoss, Schwimmbad Erdgeschoss, hier steht doch alles. Das kann ich sogar ohne Brille lesen“, meinte Mona.
Sie drückte sich an Lisa.
„Für vier Dicke ist der Aufzug aber nicht gedacht.“
„Wer ist hier dick?“
Jana öffnete ihren Pareo und gewährte Einblick auf ihren fülligen Busen, als der Aufzug etwas unsanft in der nächsten Etage hielt. Ein Mann stand vor der Tür.
„Besetzt!“, rief Mona.
„Kommen Sie ruhig rein!“, bot dagegen Jana an. „Wir rücken gerne für Sie zusammen. Wo soll es denn hingehen? Auch zur kosmetischen Behandlung?“
Der Mann schien etwas unschlüssig, nahm aber dann doch das Angebot an.
„Nein, ich möchte ins Erdgeschoss.“
„Welches Schönheitspaket hast du dir ausgesucht?“, wollte Mona gerade von Paula wissen, als der Aufzug kurz darauf wieder zum Stillstand kam.
„Huch, das ging aber schnell. Oder bekommen wir einen neuen Gast? Ich sehe gar nichts.“
Sie waren in einer Zwischenetage gelandet.
„Wo ist der Knopf für Notfälle?“
Paula drückte ihn und nach einigem Knacksen im Lautsprecher hörten sie die vertraute Stimme aus der Rezeption. „Ja, bitte?“
„Wir hängen im Aufzug fest.“
„Einen Augenblick, bitte. Ich setze mich mit unserem Techniker in Verbindung.“
„Ja, tun Sie das.“
„Wir warten!“, fügte Jana lakonisch hinzu.
„Schade, dass wir unsere Doppelkopfkarten nicht dabei haben. Können Sie auch Doppelkopf?“, wandte sie sich an den Herrn im grauen Anzug, erhielt jedoch keine Antwort.
„Hoffentlich finden die einen Techniker am Samstagnachmittag.“ Mona schien besorgt.
„So ein feines Hotel wird wohl mit einem kleinen technischen Problem fertig werden“, beruhigte sie Jana. „Abenteuer pur. Mensch Leute, wir werden etwas zum Erzählen haben, wenn wir wieder zu Hause sind.“
„Ich habe gleich gesagt, dass der Aufzug voll ist“, zischte Mona sie an und bedachte den Mann mit einem vorwurfsvollen Blick.
„Reg dich ab, Mona. Wir können jetzt an der Situation auch nichts mehr ändern“. schaltete sich Lisa ein.
Schweigen legte sich bleiern über die Gruppe.
„Wie lange dauert das denn noch?“ Mona rang hörbar nach Atem.
„Ich kriege bald keine Luft mehr.“
„Sei nicht so hysterisch! Du hechelst wie eine Frau kurz vor der Entbindung “, frotzelte Lisa.
„Hysterisch? Ich?“ Mona jaulte laut auf wie ein Hund, dem man auf den Schwanz getreten hatte.
„Könnt ihr eure Beziehungskrise nicht ein andermal regeln“, ließ sich Paula hören und drückte erneut auf den Alarmknopf.
„Wann kommt denn Ihr Techniker?“
„Ich darf Sie noch um etwas Geduld bitten.“
„Geduld ist ein Fremdwort für meine Freundin“, höhnte Lisa.
„Nimm das Wort Freundschaft nicht in den Mund!“, kreischte Mona.
„Du versuchst dich doch nur in den Mittelpunkt zu spielen. Im Grunde bist du eine elende Egoistin!“, brach es aus Lisa heraus.
„ Du falsche Schlange, mimst immer die verständnisvolle Freundin! Wie kann man sich doch täuschen, du elende Heuchlerin! “
Monas Augen füllten sich mit Tränen. Sie begann, laut zu schluchzen.
Jana strich ihr beruhigend über den Kopf.
„ Lisa meint das nicht so. Wir sind im Augenblick alle ein bisschen angespannt.“
„Doch ich meine das genauso , wie ich es gesagt habe“, begehrte Lisa auf. „Es tut mir nur leid, dass ich es dieser Psychopathin nicht schon eher gesagt habe.“
„Wenn die Damen jetzt einfach mal die Klappe halten würden, dann reicht die Luft nämlich für alle länger.“
Vier Frauen drehten sich erstaunt zu dem Mann um, der unerwartet das Wort ergriffen hatte.
„Halten Sie sich besser raus! Sie sehen doch, dass wir ein Problem haben“, pfiff ihn nun Jana ihrerseits an.
„Das Sie verursacht haben!“, ergänzte Mona hartnäckig mit brüchiger Stimme.
„Glauben Sie mir, wenn ich gewusst hätte, was mich hier erwartet, hätte ich keinen Schritt in diesen Aufzug gesetzt. Ein Käfig voller Narren ist nichts dagegen.“
Plötzlich setzte sich der Aufzug mit einem Ruck in Bewegung und kam weit über dem angrenzenden Etagenboden wieder zum Stillstand.
Ein Handwerker im Blaumann öffnete die Tür und half den Damen galant aus dem Fahrstuhl.
„Wir möchten uns für die Unannehmlichkeit entschuldigen, die Sie durch uns hatten. Unser Haus lädt Sie selbstverständlich zu einem Cocktail Ihrer Wahl ein. Wenn Sie mir bitte zur Bar folgen.“
„Ich will keinen Cocktail und keine Schönheitskur. Vor allem verbringe ich keine Nacht im gleichen Zimmer mit dieser Verrückten. Ich werde sofort abreisen.“ Lisas Entschluss überraschte die anderen, nachdem sie ihren Fuß wieder auf den flauschigen Teppichboden des Wellnesshotels gesetzt hatten.
„Nun lass uns doch erst einmal in Ruhe darüber reden!“, versuchte Paula einzulenken, aber Lisa ging bereits entschlossen über die Treppen zu ihrem Zimmer.
„Haltet sie bloß nicht zurück! Mit der will ich nichts mehr zu tun haben“, geiferte Mona ihr hinterher.
„Nun müssen die Damen Skat spielen,“ ließ sich der Mann aus dem Aufzug vernehmen, als er an ihnen vorüberging.
Keiner lachte.

Letzte Aktualisierung: 18.05.2010 - 21.18 Uhr
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