Ganz schön bissig ...
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Zielgerade | Juni 2010
Mit Haut und Haaren
von Marika Bergmann

„Du … warte! Dich krieg ich! Mistkerl, elender Mistkerl! Ich hab' euer Spiel durchschaut.
Du irrst dich, wenn du denkst, dass der Blödmann nur zusieht. Das mach ich nicht mehr mit.“
Hermanns Schritte wurden immer langsamer, wie in einer bleibeschwerten Tauchmontur. Die Luftversorgung ließ nach. Sein Herz raste. Er sah den Typen mit den Dreadlocks an der nächsten Kurve verschwinden. Dann verstummte sein Fluchen und ertrank in einem Meer aus Niedertracht. Er schwankte, als hätte er am frühen Morgen schon was getrunken.
Wieder hörte er jemanden hinter sich.
„Opi, mach den Weg frei. Spazieren gehen solltest du nicht zur Stoßzeit!“
Stoßzeit! Das Blut schoss ihm in den Kopf. Alle wussten es. Der verfilzte Lockenhengst prahlte bestimmt schon damit, es mit ihr zu treiben. Die steckten doch alle unter einer Decke. Was tat er hier im Park eigentlich?
Das hab ich Idiot nun davon, dachte er. Zeit für sich, die bräuchte er, hatte sie gesagt. Er sollte mal etwas Gesundes tun. Den freien Samstag nutzen und seine Schwimmringe abtrainieren. Schwimmringe! Wie beschönigend! Das hier war eine ganze Rettungsboje.


Zuhause:
„Autsch, das tut weh! Zieh nicht so fest.“
„Wie? Das muss auf einmal. Das muss weg! Du siehst ja verboten aus. Der Hermann hat sich eine Gorilladame zugelegt!“
Barbara sah auf Sabines Bikinizone.
„Wenn der wüsste. Wie hast du das in den letzten Tagen nur verbergen können?“
Gnadenlos zog sie mit einem Ruck das Wachsvlies ab.
„Ahhh, du Sadistin!“
„Stell dich nicht so an. Komm, beiß die Zähne zusammen!“
Sabine war die perfekte Barby. Jeder Zentimeter ihrer Oberfläche unterlag Barbaras Styling.
„Denk dran, mein Schatz, dass du dir den fetten Fisch an Land ziehen konntest, hast du nur mir zu verdanken. Meinst du, der wäre sonst auf dich abgefahren? Die Kerle stehen auf das perfekte Püppchen vom Laufsteg. Glaub mir Schätzchen, wenn du ihn behalten möchtest, sollten wir damit weitermachen … Schatz, was ist denn das? Da, ein Graben auf deiner Stirn! Du siehst ja aus wie Mutter Theresa.“
„Au! Warum darf Hermann nichts von dir erfahren? Aua, Das tut weh! Nein, heute kein Botox. Das Silikon in den Lippen macht mir noch zu schaffen.“
„Ich trinke meinen Kaffee schon mit dem Strohhalm.“
„Kindchen! Wer schön sein will, sollte auch bereit sein, ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen.“
„Du bist lustig … um den Kaffee dann nur noch durch den Strohhalm zu saugen? Mit den Lippen kann ich mich schon unter der Nase kitzeln. Ich presse sie schon immer zusammen. Dann sehen sie wenigstens normal aus. Hermann denkt, ich mache ihm unentwegt einen Kussmund. Das nervt. Wie der an mir dran hängt. Geht das mal weg?“
„Stell dich nicht so an! Vertrau nur deiner Barbara. Schätzchen! Du wolltest doch, dass dich die Männer mögen.“

Unterwegs:
„Mann! Ein U-Boot sollte ich sein. Dann würde ich ganz elegant abtauchen.“
Was rede ich nur für einen gequirlten Schwachsinn, dachte er. Es ist soweit, ich führe schon Selbstgespräche. Ein Mann sollte zu seinem Bauch stehen …
„Autsch, aaah. Scheiß Papierkorb!“
Wo ist nur die nächste Bank? Hoffentlich hat das keiner gesehen.

Zuhause:
„Habe dir die neuen Nägel mitgebracht. Jetzt trägt man die etwas Eckigeren.“
„Das hat beim letzten Mal schon nicht geklappt. Ich konnte nicht mal mehr die Wohnung aufschließen und habe wie eine Geisteskranke vor meiner eigenen Tür gestanden. Du hättest mal sehen sollen, wie der Typ von Mister Minit grinste, als ich ihn um eine Schlüsselverlängerung bat.“
„Schätzchen, die Männer steh'n auf Kätzchen. Du willst doch deinen Hermann behalten. Oder wollen wir irgendwann keusch und züchtig als Nonne im Kloster enden? Das wäre Verschwendung, wenn du unter einer Schwesternrobe verwahrlosen würdest!“
„So hätte ich wenigstens meinen Frieden. Du Kupplerin! Da hast du mich wirklich auf einen Hecht im Karpfenteich angesetzt. Wenn der erst mal den Bauch wegtrainiert hat …“
„Frieden? Schatz, den willst du doch gar nicht. Rede keinen Unsinn. Das Leben ist schön. Die Sonne scheint, deine Haut ist seidig und glatt und Hermann ist noch eine Weile im Park unterwegs. Die Augen sind wichtig, Liebes! Wir sollten deine Brauen noch in Form bringen. Fünf Minuten. Dann bin ich weg. Das hier soll doch unser kleines Geheimnis bleiben …
Wie kommst du denn mit den farbigen Kontaktlinsen klar?“
„Erinnere mich nicht daran. Wo hattest du die nur her? War mit Hermann letzten Sonntag auf einer Vernissage und dann haben mich plötzlich alle so merkwürdig angesehen.“
„Hey, ist doch wunderbar!“
„Von wegen! Nicht, wenn man mit leuchtenden Augen im Schwarzlicht eines Kunstraums steht. War das peinlich!“
„Sorry! Schätzchen, dass hätte ich dir sagen sollen.“
„Ich erlebe immer Überraschungen, wenn ich auf dich höre.“
„Es zwingt dich doch keiner …“
Barbara fuhr sich elegant durch ihren Meckischnitt.
„Muss los Kleines. Habe noch eine Verabredung.“

Unterwegs:
Hermann wollte sich am liebsten auf den Boden werfen. Das Sitzen auf der Bank half nicht. Ihm wurde übel. Die Rettungsboje lag auf seinem Schoß. Was war nur mit seinen Füßen? Er bewegte die Zehen. Phantomzehen, die er nicht sah. Was war eigentlich noch von ihm übrig? Als hätte ihn ein Hai angefressen.
Nur der Oberkörper klebte noch an der Boje. Die Arme hingen herunter wie Schiffstaue. Aus weiter Ferne drangen Morsezeichen zu ihm. Etwas stach in seiner Brust. Sein Atem ertrank in seinem Mund, fand keinen Ausweg. Es wurde still.

Hermann konnte sich nicht bewegen. Er hätte gern mal den Finger ins Ohr gesteckt und heftig hin und her bewegt. Es ging nicht. Die Kommandobrücke gab Befehle, aber niemand führte sie aus. Der Stadtpark schwankte vor seinen Augen, Hermann sah alles wie durch ein geflutetes Bullauge. Das machte ihm Angst. Er wollte sich schütteln. Es ging nicht. Seine Ohren rauschten.
Ein Schatten näherte sich. Setzte sich zu ihm auf die Bank. Saß da. Nur da. Er wollte hinsehen. Es ging nicht! Es war nicht möglich, den Hals zu drehen. Er bekam Panik wie ein Ertrinkender. Nur, dass er nicht zappeln konnte. Alles an ihm war erschlafft. Es fiel ihm schwer, die Zunge im Mund zu behalten. Sie wollte auch nur so dahängen, wie der Rest.

„Hase … hab ich's dir nicht immer gesagt? Die jungen Dinger überfordern dich. Du schwächelst ja!“
Barbara schmiegte sich an den hilflos um Luft ringenden Hermann.
Sie kraulte sein Kinn und ihre Faust presste sich zwischen seine Schenkel, drückte sich in den Spalt und begann zu kneten.
„Du zuckst nicht mal mehr mit der Wimper. Das sieht dir ähnlich. Du Lump!
Schade auch … hast du damals gesagt. Eiskalt abserviert hast du mich!
Dito! Ich bin am Ziel, mein Hase.“ Sie gab ihm einen Schubs und stand auf.
„Hilf mir“, hauchte er.
„Schhhhaaade! Mein Hase - sooo kurz vor dem Ziel.“
Sie lachte, strich sich über ihren Mecki und säuselte schnippisch: „Bin schon da … !“

Letzte Aktualisierung: 27.06.2010 - 13.43 Uhr
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