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Urlaub | August 2010

Glücklich
von Christina Stöger

Es war mein 30. Geburtstag. Die Sonne schien von einem strahlend blauen Himmel, wie ich durch das Dachfenster unserer Ferienwohung sehen konnte und kitzelte in meiner Nase.
Ich schlug meine Augen auf und schaute in ein paar runder, mit Fell umrandeter Augen. Mein kleiner Hund wünschte mir offensichtlich alles Gute, oder wollte sie nur spielen? Sie leckte mir jedenfalls freudig das Gesicht und hüpfte auf mir herum.
Dann öffnete sich die Tür zu unserem Schlafzimmer und mein Mann trat mit einem Tablett und einem Strauß Rosen hindurch. Er balancierte es sehr gewagt, so dass ich mich schon, mit einem Besen bewaffnet, die Scherben auf kehren sah.
"Guten Morgen mein Schatz", sagte er und stellte das Tablett glücklich auf meinem Bauch ab, so dass der Kaffee gefährlich schwabbte. Allein die Geste zählte.
Hoffentlich fing er nun nicht auch noch an zu singen.
"Ich wünsche Dir einen besonders wundervollen guten Morgen und alles Liebe und gute zu deinem Geburtstag!"
Puh, kein Gesang.

Wir umarmten uns liebevoll. Sogleich begann ich, das Festmahl zu genießen, das aus einem Kaffee mit viel Milch und Zucker bestand, umrahmt von den tollen rosa Rosen. Ich frühstücke morgens nicht. Auch nicht an meinem Geburtstag.
Nach Beendigung, schlug ich die Decke zurück und hüpfte mit meinem Hund zusammen die Treppe hinunter. Ja, mit 30 kann man noch hüpfen. Noch.

Nicht, dass es noch nicht genug war, für 4 Wochen in meine erklärte Wahlheimat, den Norden in den Urlaub zu fahren, eine neue Kamera für mein Hobby hatte ich auch schon bekommen, nein, jetzt wollte er mir auch noch einen besonderen Tag schenken. Das stand jedenfalls in der Karte, die in den Rosen hing.
"Wo soll es denn heute hin gehen?" fragte ich meinen Mann ganz aufgeregt.
"Lass dich überraschen!" sagte dieser nur, mit einem schlemischen Grinsen.
Wir machten uns hübsch und fuhren los.

Nach einigen Kilometern konnte ich dann Schilder sehen, die uns zu einer Schiffsanlegestelle lotsten.
Aber das konnte nun wirklich nicht sein. Mein Mann war dermaßen seekrank, dass ihm schon schlecht wurde, wenn ich nur überschwänglich ins Bett hüpfte. Wohlgemerkt, wir haben kein Wasserbett.
"Aber das schwankt, wenn du dich so bewegst!"

Diese Seekrankheit kam von unserer Hochzeitsreise und ich war Schuld, wie immer.
Wir waren beide todesmutig auf eine Nussschale in Richtung Helgoland gestiegen. Dass der Wind an diesem Tag stärker war, als an den vergangenen Tagen und die Menschenmenge, die nach Helgoland wollte, besonders klein, fiel uns aber damals nicht auf. So fuhren wir also bei stürmischer See und meterhohem Wellengang, mein Mann erzählt das immer so, und komischer Weise werden die Wellen auch immer höher, auf die Hochseeinsel.
Was allerdings stimmte war, dass die Sonnenstühle an Deck hin und her rutschten und die Menschen mit Tüten in der Hand über der Reling hingen. Ich hatte mich in die unteren Gemächer des Schiffes zurück gezogen und schlief.
Ich konnte also seinen Leidensweg gar nicht nachvollziehen, wie er immer sagte.

So war ich dann auch ziemlich erstaunt, als er mich zum Kartenschalter schickte, um Karten für die Fähre nach Langeoog zu kaufen.
Ich freute mich riesig und sprang davon, wir waren nämlich schon ziemlich spät dran.
Er fand einen Parkplatz und gesellte sich schlendernd zu mir.
Die Fähre erreichten wir aber trotzdem.
Er steuerte auch prompt unter Deck und meinte, wenn er ganz unten ist, dann ist die Wasseroberfläche näher und er müsste nicht ...so leiden.
Blass, wie die Wand an der er lehnte, saß er dann auch auf der Bank und litt schweigend vor sich hin. Bis die Fähre den Hafen verließ. Links und Rechts um uns nur Watt. Wir fuhren in einer Fahrrinne, die nun wirklich nicht besonders tief war und nicht ansatzweise Wellengang aufwies. Nach einer halben Stunde Fahrt, kurz bevor wir den Hafen erreichen sollten, entspannte er sich dann auch und kaufte sich waghalsig ein paar Würstchen.
Ich war in der Zwischenzeit nach oben gegangen und hatte einige wundervolle Bilder geschossen. Meine Freunde, die Möwen, schwebten nur Zentimeter über unseren Köpfen. Es war atemberaubend schön. Das Meer glitzerte in der Sonne, keine Wolke war am Himmel zu sehen und der salzige Nordwind blies mir um die Nase.

Kurz bevor wir anlegten, kam dann mein Mann, mit Hund im Schlepptau und Wurst in der Hand, die Treppe hoch und schaute zu den Möwen hinauf.
Eine ganz besonders Hungrige hatte es dann auch auf sein Würstchen abgesehen und flog direkt auf ihn zu. Schnell verschwand er wieder.
"Das ist mein Würstchen! Und der Hund will ja auch noch etwas haben!" rief er mir erklärend zu.
Nachdem Beide gestärkt waren und das Schiff angelegt hatte, betraten wir die Insel.
Ganz in der Nähe sah ich einige Pferdekutschen. Die an den Planwagen angebrachten Schilder luden die Touristen zu einer entspannten Inselrundfahrt ein.
Da musste ich auch mit. Ich liebe solche Fahrten. Nachdem ich heute Geburtstag hatte, fragte ich ganz frech, ob ich denn vorne mitfahren dürfte. Diese Privileg stand, wenn überhaupt, nur Kindern zu.
Ich durfte aber. Mit meinem Hund auf dem Schoss und meinem Mann, der sich mit 10 älteren Frauen, die sich gerade auf einem Kegelausflug befanden, hinten in den Wagen gequetscht hatte, begann die Fahrt.
Die Landschaft war überwältigend. Überall nur Weite und Weiden, ein paar Pferde und unheimlich viele Radfahrer.
In den engen Straßen der kleinen Stadt, kamen diese uns auch prompt entgegen. Mitten auf den Wegen waren sie unterwegs, als ob ihnen der ganze Platz alleine gehörte. Vor den Fußgängern hatten sie wenig Respekt. Doch alle hatten Angst vor den Pferden und schoben ihre Räder brav zur Seite.
Der Grund für dieses rücksichtsvolle Verhalten war auch ganz einfach zu erklären.
Die gefährlichen Pferde würden bestimmt ausbrechen, die Radfahrer anspringen, nieder trampeln oder auffressen.
Doch nichts davon geschah. Wir passierten einander äußerst friedlich. Komisch.

Nach diesem wundervollen Ausflug hatten wir erst einmal Hunger und suchten das Fischrestaurant, dass uns empfohlen worden war.
Dort wurde offenbar noch selbst geräuchert. Also bestellte mein Mann eine Räucherfisch Platte und fragte, ob diese denn warm serviert würde.
"Wenn Sie ihr Essen gerne auf der Toilette verzehren möchten, dann kann ich Ihnen den Butterfisch auch warm machen. Der macht dann nämlich einen kräftigen Durchmarsch," war die spontane Antwort der Bedienung.
Mein Mann wollte nicht und so genoss er seinen kalten Butterfisch, während ich meine Scholle aß. Beides war vorzüglich.

Gestärkt von diesem reichhaltigen Mahl waren wir nun auch bereit das Meer zu sehen.
Nach einem Marsch von gefühlten 100 km sahen wir dann auch endlich das Schild zum Hundestrand. Wir hatten uns tatsächlich etwas verlaufen.
"Die Kutsche fuhr doch auch da lang, das war doch nicht so weit." Sagte ich auch immer wieder voller Ãœberzeugung. Die Tasche, die wir dabei hatten, wurde erstaunlicher Weise auch immer schwerer, je mehr Wasser wir aus den mitgebrachten Flaschen tranken.
Doch dann sahen wir die Dünen. Stöhnend liefen wir den steilen Weg hinauf. Und sahen noch mehr Dünen. Wieder runter, rauf, runter rauf. Dann der erlösende Anblick auf das Meer. Es war sensationell. Schnell zogen wir die Schuhe aus und liefen hinunter.

Am Strand angekommen, kamen uns auch schon 5 Hunde ohne Leine entgegen. Ich befreite meinen Hund dann auch von mir, obwohl auf dem Schild stand, dass hier Leinenzwang herrschte.
Wir stolperten durch den heißen Sand auf einen Standkorb zu. Muscheln knirschten zwischen unseren Zehen und taten teilweise wirklich sehr weh. Just in diesem Moment dann kam der Standwächter.
"Würden Sie Ihren Hund bitte anleinen", waren seine recht forschen Worte.
Fini war die ganze Zeit nicht von meiner Seite gewichen, da die frechen, aufdringlichen Hunde uns immer noch verfolgten. Aber wir sollten anleinen! Frechheit. Nach einer kleinen, recht heftigen Diskussion, die zwischenzeitlich doch lauter geworden war, nahm ich dann meinen Hund an die Leine und verscheuchte die Anderen mit sehr bestimmten Worten, die sich für eine dreißig jährige Dame nicht ziemten. Mir egal. Hauptsache die unmöglichen Töhlen verschwanden.
Diese trollten sich dann auch alle leicht verschreckt und Fini sah mich ganz dankbar an.
Wir genossen den wundervollen Blick auf Meer und Sand, dass dieser durch den kräftigen Wind immer wieder in meine Augen geblasen wurde, trübte die Freude nur in geringem Maße, und sonnten uns. Bei 13 Grad Außentemperatur. Aber wir waren am Strand. Da macht man das so!

Als ich es mir im Sand bequem gemacht hatte und gerade am eindösen war, der Sand hatte sich nun endgültig in jede Poore meines Körpers vorgearbeitet, verdunkelte ein Schatten die Sonne. Ich schlug die Augen auf und sah über mir einen großen, schwarzen Hund, der mich grinsend anstarrte.
Leicht entnervt erzählte ich dem Hund dann auch, was ich von seiner Störung hielt und er trollte sich mit eingezogenem Schwanz.
Leinenpflicht ist doch nicht so schlecht. Mein Hund lag währenddessen mit meinem Mann im Standkorb und schlief. Wachhund! Pah!

Als wir später, als eine der Ersten, auf der Fähre eintrafen, hatte ich einen spitzen Platz am Heck des Schiffes ergattert. So hatten wir einen ungetrübten Blick auf das Meer und die tief am Himmel stehende Sonne. Der salzige, nach Algen und Motoröl riechende Fahrtwind blies uns um die Nase. Das war das Problem mit dem Platz, direkt über dem Motor, am Heck des Schiffes, das mich aber nicht weiter störte. Selbst mein Mann saß jetzt heldenhaft neben mir an Deck und schaute auf das Meer, das sich in winzigen Wellen an der Bordwand brach.
Mit der Sonne im Rücken steuerten wir dem Heimathafen entgegen. Es standen noch einige entspannte Tage in unserer Ferienwohnung bevor, weshalb ich diesen Anblick so genießen konnte. Als ich träumend auf das Meer schaute, diesen wunderbaren Tag in meinem Herzen, die Sonne beobachtete, wie sie sich im Meer spiegelte und die Möwen, die in einiger Entfernung unser Schiff begleiteten, da wusste ich, das ich in diesem unbeschreiblichen Moment, der glücklichste Mensch auf dieser Erde war!

Letzte Aktualisierung: 02.08.2010 - 17.48 Uhr
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