Der Cousin im Souterrain
Der Cousin im Souterrain
Der nach "Dingerchen und andere bittere Köstlichkeiten" zweite Streich der Dortmunder Autorinnengruppe "Undpunkt".
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Liebe ist ... | September 2010
Liebe stirbt nie
von Christina Stöger

Die Bäume des Waldes leuchteten in allen Farben, wenn sich die Sonnenstrahlen einen Weg durch das Blätterdach erschlichen. Der Augenblick im Spätherbst zeigte göttlichen Frieden.
In dieser Ruhe war jedoch viel Leben vorhanden.

Ein Rascheln im Laub, knackende Zweige, zwei kleine Schatten sausten über die Wege.
„Du kriegst mich nicht“, rief Kiki, das kleine Eichhörnchenmädchen übermütig.
„Das werden wir schon sehen, lauf du nur“, antwortete Jon.
Jon war ihr kleiner Freund, ihr großes Spielfeld war der Wald. Sie waren gerade ein Jahr alt geworden und befanden sich damit in der Blüte ihres Lebens. Nächstes Jahr sollten ihre Kinder auf die Welt kommen, das hatten sich beide ganz fest vorgenommen. Aber noch genossen sie ihre Unabhängigkeit.
Kiki rannte die Bäume hinauf, flog von Ast zu Ast und stürzte sich dann kopfüber wieder zu Boden. – Und Jon immer hinter ihr her. Nach einiger Zeit streckte sich Kiki erschöpft im Gras aus.
„Ich kann nicht mehr“, lachte sie.
„Du hast gewonnen“.
„Na siehst du, ich bin der schnellste Eichkater und gewinne immer“, lachte Jon und warf sich auf sie, um sie zu kitzeln.
„Nein, hör auf“, prustete Kiki und beide kullerten durch das Gras.
„Komm, es ist schon fast dunkel, lass uns schlafen gehen.“
Als die beiden über einen Weg sprangen, kam bellend ein Terrier auf sie zugelaufen. Flink huschten sie an einem Baumstamm empor und freuten sich, als sie auf den kleinen Hund blickten, der wütend zu ihnen empor jaulte. Er würde sie nie erreichen. Sie waren so schnell, nichts konnte ihnen passieren.

„Puh, das ist noch einmal gut gegangen! Und Mama wird böse sein, dass wir heute keine Nüsse gesammelt haben. Morgen aber, da stehen wir früh auf und holen Haselnüsse für den Wintervorrat“, rief Kiki und sie kletterten zu ihrem Kobel hoch. Ihr Nest, in dem sie gemeinsam mit Jon schlief.
„Leise, sonst entdeckt uns deine Mama und dann schimpft sie“, flüsterte Jon. „Aber schau nur, die Sterne!" Sie kuschelten sich aneinander, schauten in die Sternennacht und schliefen dabei selig ein. Mit einem Lächeln auf ihren Gesichtern träumten sie von ihren Abenteuern im Wald.

Am nächsten Tag wurden sie von Sonnenstrahlen geweckt, die sie an den Nasen kitzelten.
„Guten morgen Kiki, guten Morgen Jon. Aufstehen, das Frühstück steht schon bereit. Wo wart ihr denn gestern noch so lange? Häää? Na ich will mal nicht so sein, aber nun kommt“, sagte Kikis Mama mit einem Lächeln in ihrer Stimme. Sie liebte ihre Tochter und war so froh, dass sie in Jon einen so netten und treuen Gefährten gefunden hatte.

Nach dem Frühstück wurden die Sammelgebiete für die Wintervorräte besprochen. Kiki und Jon sollten weiterhin im Wald suchen, die Anderen in den nahen Gärten.
„Und dass ihr mir ja nicht in die Nähe der Straße lauft, ja? Da ist es gefährlich!“, sagte Kikis Papa mit strenger Stimme. Mama neckte die beiden mit ihrem buschigen Schwanz und die Zwei hüpften lachend los.

Heute wollten sie wie die Großen ernsthaft Nüsse und Bucheckern sammeln. Ihre ersten Erdlöcher waren bereits gefüllt, als die Sonne hinter dunklen Wolken verschwand.
„Jon, komm, lass uns irgendwo unterschlüpfen, bei Gewitter habe ich Angst. Blitz und Donner mag ich nicht!“, rief Kiki.
„Ja, ich weiß ein sicheres Plätzchen, folge mir!“, rief Jon und war schon verschwunden.
„Nein, lass uns hier was suchen …“, rief Kiki, aber ihre Worte wurden vom Donner verschluckt, der laut und grollend über ihnen erklang.
'Ach, Jon, warum kannst du nicht auf mich hören ...?', dachte sich Kiki resigniert und rannte hinter ihrem Freund her.
Der Regen setzte ein. Er prasselte mit voller Wucht auf das Blätterdach und die beiden rannten und rannten. Jon vorneweg und Kiki hinterher.
Plötzlich tauchte die Straße vor ihnen auf.
Jon stürmte einfach drauf los. Kiki blieb stehen. Sie war noch nie hier gewesen und traute sich nicht auf die Straße. Sie sah Jon in der Mitte der Fahrbahn. Er schaute sich zu ihr um
„Kiki, wo bleibst du denn, komm“, schrie er.
Ein Blitz zerriss mit gleißendem Lichtstrahl den Himmel. Und was dann folgte, war für Kiki so, als wäre es ein böser Traum. Ein Auto näherte sich. Die Reifen spritzten das Regenwasser der Pfützen hoch. Die Lichter der Scheinwerfer blendeten Jon. Er war starr vor Schreck. Mit dem Donner erfasste das Auto den Kleinen. Er wurde hoch in die Luft geschleudert und kam nach endlos scheinenden Sekunden viele Meter entfernt auf dem Boden auf. Kiki, die wie gelähmt alles sah, schrie auf und rannte los. Zu ihrem Jon.
„Nein, nein, nein … nicht sterben … “, schrie sie.
Der Regen trommelte unbarmherzig auf den kraftlos daliegenden Körper. Kiki hatte Angst, als sie seinen Kopf hob. Sie fühlte warmes Blut an ihrer Pfote. Jons Blut.
„Kiki, ich … es tut mir leid.“
„Nein, nicht … ich brauche dich doch … ich …“, schluchzte sie.
„Weine nicht, meine Kleine. Vergiss mich nicht, dann werde ich immer bei dir sein und in deinem Herzen wohnen. Wenn du in der Nacht in den Himmel schaust, wirst du die Sterne sehen, und einer davon bin ich. Ich werde dir zulächeln und auf dich aufpassen. Du wirst einen neuen Freund finden, einen, der dich liebt und der dich glücklich macht. Ich liebe dich …“, sprach Jon und schloss seine Augen.
„Ich werde in eine bessere Welt gehen, das weiß ich. Siehst du das helle Licht auch?“
„Nein, nein, nicht gehen …, ich liebe dich doch auch, ich brauche dich, ich …“
Jons Muskeln erschlafften, als er ging. Seine Seele löste sich aus seinem Körper und schwebte direkt in den Himmel.
Kiki drückte ihr Gesicht in sein Fell und weinte bitterlich. Schließlich musste sie sich von ihm trennen und nach Hause zurückkehren. Sie weinte, und jeder Regentropfen schien ihr wie eine ihrer Tränen.

Der Herbst hatte seinen Glanz verloren. Kiki folgte nun zum Vorrätesammeln ihren Eltern in die Gärten. Die Zeit ohne Jon war schwer. Wenn sie nachts in ihrem Kobel lag, weinte sie und konnte die Welt nicht mehr verstehen. Oft schaute sie in den Himmel. Doch da waren so viele Sterne. Welcher von ihnen war Jon? Wo war er?

Sehr früh kam der der Winter und Kiki schlief tief und fest ein. Ein traumloser Schlaf, der nur vom Klang des Herzens bestimmt wurde. Und von einem Stupsen. Von einem Stupsen?
Sie erwachte und rieb sich verschlafen die Augen. Sie schaute in den schwarzen Himmel der kalten Winternacht. Es waren unglaublich viele Sterne zu sehen. Und dann wurde sie wieder von der Seite angestupst. Sie sah einen fremden Eichkater neben sich.
„Wer bist du? Was willst du?“, fragte Kiki müde und ängstlich.
„Ich bin Robin. Ich habe keinen Schlafplatz mehr, weil mein Baum gefällt wurde ... und ich habe Hunger. Hilfst du mir, bitte?“
Kiki rückte zur Seite und gab ihm die letzte Nuss, die sie als Notreserve im Nest gelagert hatte. Robin fraß sie mit großem Appetit. Dabei schaute er zu ihr und ein Lächeln blitzte in seinen Augen. Kiki blickte von Robin zum Nachthimmel und wieder zu Robin. Wie oft hatte sie die Sternen beobachtet und diesen besonderen Stern von Jon gesucht. Vergeblich, denn alle schienen irgendwie gleich. Doch jetzt, da, leuchtete ein Stern ganz besonders hell und blinkte. Da wusste Kiki, dass es Jon war, der ihr diesen Robin geschickt hatte. Sie drehte sich um und schaute Robin in die Augen. Darin sah sie ein Funkeln wie von tausend Sternen. Ihr Herz machte einen Sprung. Robin schien ihr so vertraut, wie es einst Jon war.
„Du suchst einen Schlafplatz? Na, komm kuscheln, dann wird es auch wieder warm.“ Kiki nahm Robin in die Arme und sie schliefen gemeinsam ein.

Die Bäume des Waldes zeigten zarte Triebe in frischem Grün, wenn sich die Sonnenstrahlen einen Weg durch den Morgennebel erschlichen. Der Frühling zeigte in allen Bereichen der Natur göttlichen Neubeginn.

Ein Rascheln im Laub, knackende Zweige, vier kleine Schatten sausten über die Wege.
„Kinder, bleibt zusammen!“, rief Kiki.
„Mama, bin ich nicht der schnellste Eichkater des Waldes?“, fragte ihr Sohn.
“Wenn nicht du, wer dann?“, antwortete Kiki und lächelte.
„Nur nicht übermütig werden, kleiner Jon!“ Sie liebte ihren Sohn besonders, denn er hatte die schönsten Augen, die ein Eichkater haben kann. Augen, die funkelten, wie tausend Sterne in einer klaren Winternacht.

Letzte Aktualisierung: 17.09.2010 - 14.31 Uhr
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