Glück ist für jeden etwas anderes. Unter der Herausgeberschaft von Katharina Joanowitsch versuchen unsere Autoren 33 Annäherungen an diesen schwierigen Begriff.
Die Frau Sport, wie wir die Koberin nennen, keiner weiß, wie sie in echt heißt, thront gegenüber mit ihrem mächtigen Allerwertesten auf einem Podest hinter der Kassa und wirft düstere Blicke durch ihre Lokalität, damit sich keiner aufführt. Steffi, die Kellnerin, die höchstens ein Viertel vom Volumen ihrer Chefin hat, lehnt neben ihr und süffelt ihr Achterl Weißwein, ohne das sie das Beisl kaum ertragen kann, vermute ich.
Ich bestelle wie immer einen kleinen Braunen und winke Xenos zu, der schon zum Inventar gehört, seit er vor vielen Jahren von Kreta nach Wien ausgewandert ist. Den Hiasl binde ich an ein Bein des Billardtisches, den seit Jahren keiner mehr nutzt. Naja, ganz stimmt das nicht. Der Hermann Schürrer speibt ab und zu drauf, wenn er zu viel gesoffen hat. Manchmal auch, wenn er stocknüchtern ist und todunglücklich, weil keiner seine Literatur versteht.
„Ihr Banausen“, schreit er dann verzweifelt und fährt sich durchs wild abstehende Haar, „ich erbreche mich auf euch, ihr ahnungslosen Pervertierten der Gesellschaft!“ Und dann speibt er eben auf den Billardtisch.
Der Joe Berger, seines Zeichens ebenfalls Literat, spielt gern mit Freunden Free-Schach auf dem zerschlissenen grünen Filz. Das geht so: Einer sagt, er ziehe mit dem Bauern zur Königin, um sie zu vögeln. Der Gegner sagt, er würde dann mit dem Ross den Bauern niedertreten, und so weiter. Sie spielen ohne Schachfiguren, deswegen heißt es ja Free-Schach.
Steffi bringt mir den kleinen Braunen – der ist nur hier so gut.
Schon wieder „Milord“.
Die Malerrunde der Wiener Surrealisten trudelt gerade ein, sie hat einen Tisch dauerreserviert. Steffi löst sich von ihrem Veltliner, zählt die Künstlerköpfe und öffnet Bierflaschen für sie.
„Eines Tags wern’s scho zoin“, sagt sie, weil die Frau Sport einen schiefen Mund macht.