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Düstere Zeiten | November 2010

Socken an! Licht aus!
von Glädja Skriva

Abends, im Bett von Ehepaar Eugen und Traudl Bruddler. Ein Paar, gediegen miteinander umgehend, wie es sich gehört nach 30 eingespielten Ehejahren. Das Licht ist gelöscht. Beide liegen, zunächst regungslos, jeder auf seiner Seite, die Hände jeweils über das Nachtkleid gefaltet. Das eine ist einen Tick höher gerutscht als das andere. Die Federbetten sind dick über ihnen aufgetürmt, denn es ist kalt, saukalt. Draußen tanzen die Schneeflocken vom Himmel.


“Schatz?“

„Hmh?“

“Du, ich habe wieder so kalte Füße!“

„ --- .“

“Darf ich die ein bisschen zu dir herüberstrecken?“

„Hm.“

“Seit wann hast d u denn auch Socken an?“

„ --- .“

“Das letzte Mal, als ich meine Füße zu dir rüberstreckte, hattest du noch keine Socken an. – Deine Füße sind immer so schön warm. Da kann ich mich so schön rankuscheln.“

„ Hmh.“

“Darf ich meinen Zeh in deinen Socken reinkuscheln? Nur ein kleines bisschen?“

„Hmhh.“

“So ohne Socken ist es noch schöner, wie du … aah … jaah … hi …“

„Hmmmmmmhh …“

“Mmmmhhhhh.“


Am nächsten Morgen, ohne gnädige, nächtliche Verdunklung besehen, spricht Traudl ihren Liebsten an, der, aus dem Bad kommend, inzwischen das wallende Nachtkleid gegen einen seriösen Nadelstreifenanzug mit gedeckt gehaltener, grauer Krawatte eingetauscht hat:


“Schatz?“

„Ja, Liebes.“

“Willst du wirklich so ins Geschäft gehen?“

„Warum? Was ist?“

“Na ja … vielleicht ist das ja jetzt Mode.“

„Das verstehe ich nicht, Mäuschen. Ich gehe doch immer so. Heute ist Vorstandssitzung.“

“Na ja, da habt Ihr wahrscheinlich andere Sorgen. Eigentlich fällt es auch kaum auf. Ich meine … wahrscheinlich fällt es auch nur mir auf. Weil …“

„Ja, Liebes?“

Weil … du hast nur den einen Socken an, Hasi.“

©P.S./Glädja Skriva/November 2010

Letzte Aktualisierung: 01.11.2010 - 13.32 Uhr
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