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Wasser | Januar 2011
Protokoll vergeblicher MĂĽhen
von Barbara Hennermann

5.1.11
Wasser.
Seit Tagen beschäftigt mich nichts anderes als Wasser.
Wasser, das Lebenselixier schlechthin.
Ohne Wasser kein Leben.
Alles Leben kommt aus dem Wasser.
Wasser heilt.
Wasser reinigt.
Wasser gibt Kraft.
Wasser ist Kraft.
Wasser bringt Tod und Verderben.

Verflixt und zugenäht, da müsste sich doch was draus machen lassen!
Ungezählte Möglichkeiten.
Sie verkĂĽmmern in meinem Kopf.
Es will mir einfach nichts einfallen!
Resigniert schalte ich den Rechner ab. Gehe in die Küche, drehe den Wasserhahn auf, spüle das Geschirr. Immerhin etwas Sinnvolles …

6.1.
Habe in der Nacht einen wunderbaren Einfall gehabt zum Thema Wasser. Leider war er am Morgen nicht mehr erinnerbar. Auch nicht beim Duschen.
Wer, zum Teufel, denkt sich da eigentlich immer diese grässlichen Themen aus?

7.1.
„Schatz?“
Die fragende Stimme des Herrn meiner Bestimmung. Ein hastiger Blick zur Uhr. Grundgütiger! Schon so spät! Habe vergessen, das Abendessen zu richten. Stattdessen im Internet gesurft, Wasseradern und Ähnliches entdeckt. Zweifellos sehr interessant, aber nicht Ideen fördernd.
Er tritt hinter mich, sieht auf den Bildschirm. Saubere Seite, ein Wort nur: Wasser. Und dreiunddreiĂźig Fragezeichen.
An der ErschĂĽtterung seines nicht wegzuredenden Bauches erkenne ich, dass er in sich hineinlacht.
„Klappt wohl diesmal gar nicht, Spatzi?“
Ich nicke beklommen.
„Für Menschen, die lieben, ist sogar Wasser süß.“
Er kĂĽsst mich zart auf den Hals.
Rechner aus. Es gibt wichtigere Dinge im Leben!

8.1.
Sollte mich nicht so gedanklich unter Druck setzen lassen.
Mache Denkpause und gehe lieber schwimmen.

9.1.
Hatte im Schwimmbad die grandiose Idee für eine phänomenale Wassergeschichte. Verseuchtes Wasser, Typhusepidemie - oder ist das Ruhr, was da im Wasser gurgelt? Muss ich nachher unbedingt erst googeln! – Tod, Verderben und Elend über eine ganze Stadt … Ein Reißer mal von mir, das wär´s doch! Am besten nehme ich Dortmund, höhö, lösche es aus, höhö – dann seh´n die mal, was sie von ihren Themen haben!
Stelle nach sechs Stunden fest, dass dieses Genre mir leider doch nicht liegt.
Mist! Sonntag auch im Eimer …

10.1.
„Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.“
Es bricht nichts, zumindest nicht aus mir heraus.
Habe sowieso anderes zu tun. Wasser, blödes.
Höre im Radio, dass die Wasserpegel in der Stadt bedenklich steigen. Alle Straßen am Main schon gesperrt.
Auch gut, bleibe ich daheim. Putz ich eben das Badezimmer. Mir doch egal.

11.1.
Habe das Gefühl, dass der Mann meiner Liebe mich nicht ernst nimmt. Seit drei Tagen hört er ständig das Forellenquintett. Trällert sogar mit. „Schatzl, mach du nur dein Ding, um mich musst du dich nicht kümmern! Du weißt ja, steter Tropfen höhlt den Stein.“ Sein süffisantes Grinsen gefällt mir auch nicht. Aber immerhin versorgt er mich sehr nett mit Häppchen und Mineralwasser, während ich blicklos auf den Rechner starre.

12.1.
Fühle mich irgendwie ausgehöhlt. Komme mir vor wie einer, der mit dem Sieb Wasser aus dem Rhein schöpft.
Werde mir jetzt erst mal ein schönes Bad einlassen und relaxen …

13.1.
Warum um alles in der Welt bin ich eigentlich so erpicht darauf, da was einzuschicken? Hab doch eh nix davon! Only just for fun! Der Spaß ist mir schon längst vergangen. Also, Schluss damit! Hab ich diesen Monat eben keinen Text dabei, na und? „Tadle nicht den Fluss, wenn du ins Wasser fällst.“ Eben! Selbst schuld, wenn ich mich nicht einbringe.

14.1.
War beim Frisör. Der fand, ich sehe gestresst aus. Haha, keine Ahnung hat der! Las ich doch während der Wartezeit in einem der ausliegenden Magazine einen dieser pseudo- psychologischen Artikel über das Durchhaltevermögen. „Man muss den Brunnen so tief graben, bis er Wasser gibt.“ Das kam mir gerade recht!

15.1.
„Liebling, ich muss übermorgen für drei Tage in die Hauptstelle der Firma fahren.“
Das wird ihm gut tun! Hat er zumindest die Aussicht auf ein strukturiertes Abendessen. Irgendwie bin ich seit Tagen nicht mehr zum Kochen gekommen. Bin auch so lustlos diesbezĂĽglich. Kochen hat immer auch was mit Wasser zu tun, nicht wahr?

16.1.
Merke immer wieder, dass ich mich für den richtigen Mann entschieden habe! „Heute Abend gehen wir schön essen, dann kommst du bestimmt auf andere Gedanken.“ Wenn ich bloß nicht so verdammt müde wäre! Die letzten drei Nächte habe ich kaum geschlafen, weil ich immer den gleichen Albtraum hatte: Ein Tsunami überrollt mich und ich ertrinke in einer Flut von Wasser. Kann ich ihm natürlich nicht erzählen, nachdem ich das Wasserprojekt offiziell ad acta gelegt habe …

17.1.
Essen war toll! Mir lief schon beim Lesen der Speisekarte das Wasser im Mund zusammen. Schließlich hatte ich seit Tagen nichts mehr Ordentliches gegessen. Leider Gottes waren die Meeresfrüchte dann doch nicht so ganz mein Geschmack – erinnerten mich ständig an Seefahrt und Strandleben. Vielleicht hätte ich ja daraus … Schluss damit!

18.1.
Bin schon den zweiten Tag alleine hier. Habe alle Zeit der Welt. Versuchte gestern tatsächlich, das Menu vom Vorabend schriftstellerisch umzusetzen. Kam aber nur dummes Zeug heraus. Was mein Schatz wohl vorhin am Telefon meinte mit der Bemerkung „denk dran, man steigt niemals zweimal in denselben Fluss“? Habe so einen vagen Verdacht, dass er einen Verdacht hat, ich nützte seine Abwesenheit vor dem Rechner für … Na ja, stimmt ja auch! Allerdings ergebnislos.

19.1.
Letzter möglicher Tag für mich, doch noch etwas zu Stande zu bringen! Fühle den Druck auf mir lasten wie die Niagarafälle.
Habe die Schnauze gestrichen voll von Wasser!
Draußen regnet es in Strömen.
Wie passend.
Ein Gedicht könnte ich jetzt schreiben. Wer braucht das schon?

20.1.
Ist er nicht süß? Er hat mir einen Aquamarin mitgebracht. Als Anhänger. Auf der Schachtel stand: „Die anderen kochen auch nur mit Wasser.“
Ja – schon. Aber bevor ich mich öffentlich blamiere …?

21.1.
Gott sei´s gedankt, mein Leidensweg wird absehbar!
Ab morgen Abend sind die Lichter aus und nix geht mehr. Land unter sozusagen. Das wird mein Gemüt entlasten. Bin tatsächlich schon leicht depressiv inzwischen. Erkläre das mit dem Wetter.

22.1.
Heute Abend, 20 Uhr, ist der Spuk vorbei. Echt, so was möchte ich nicht mehr erleben! Das waren grauenvolle Tage. Und alles für nix. Schön doof von mir. Was bin ich bloß für eine blöde Kuh! Am besten, ich steige ganz aus, vorsichtshalber. Nie mehr Schreibdruck, das wär´s doch! Muss man echt nicht haben. Das Wasser läuft auch nicht den Berg hinauf, oder?

Finde eben noch eine nicht entdeckte Site bezĂĽglich Wasser.
Ach, wie nett. Ringelnatz!

Ich bin so knallvergnĂĽgt erwacht.
Ich klatsche meine HĂĽften.
Das Wasser lockt. Die Seife lacht.
Es dĂĽrstet mich nach LĂĽften.
Ein schmuckes Laken macht einen Knicks
und gratuliert mir zum Baden.
Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs
betiteln mich »Euer Gnaden«.
Aus meiner tiefsten Seele zieht
mit NasenflĂĽgelbeben
ein ungeheurer Appetit
nach FrĂĽhstĂĽck und nach Leben.


Morgenwonne! Das ist es!
Pfeif auf den Abend. Und das Wasser.
Ich glaub, das schick ich ab …

Letzte Aktualisierung: 17.01.2011 - 20.02 Uhr
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