Futter für die Bestie
Futter für die Bestie
Gruselig geht's in unserer Horror-Geschichten-
Anthologie zu. Auf Gewalt- und Blutorgien haben wir allerdings verzichtet. Manche Geschichten sind sogar witzig.
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Wasser | Januar 2011
Der Tropfen
von Heike Kremerskothen

Er kommt aus den kälteren Luftschichten als Eiskristall, und fällt sanft auf eine Wolke, wo es dem Tropfen langsam wärmer wird. Er verändert seine Form. Kugelförmig tanzt er in dem weißen Gebilde mit seinen Freunden, die im Wirbel aufeinanderprallen. Der Wind treibt die Wolkenmassen vor sich her und von der Sonne geblendet, wäre er fast in die Tiefe gestürzt. Er kann sich gerade noch am Rand festhalten und wagt vorwitzig einen Blick in den Abgrund.
„Du Wolke, kann ich nicht für immer bei dir bleiben?“
„Nein, das geht nicht. Ich muss euch auf die Erde schicken.“
„Aber, ich bin doch gerade erst angekommen.“
„Kein aber. Ich schicke euch auf eine lange Reise. Ihr müsst immer zusammenhalten, das ist sehr wichtig. Ihr werdet viele Abenteuer erleben und denkt immer daran, ihr seit das Wertvollste auf der Welt. Ohne euch gibt es kein Leben, weder Mensch, noch Tier, noch Pflanze.“
Der Wind bläst kräftiger. Der kleine Tropfen hält sich am Größeren fest und gemeinsam stürzen sie mit vielen Anderen der Erde entgegen. Ins Ungewisse. Die Sonne schickt ihre Strahlen. Es entsteht ein Regenbogen, der in allen Farben schillert. Er bremst ihren Sturz und sie rutschen auf ein großes Blatt. Überschlagen sich und fallen auf eine ausgetrocknete Wiese. Die Freunde purzeln übereinander. Es kommen immer mehr.
„Haltet euch fest, wir fließen weiter.“
Sie landen zusammen mit viel Sauerstoff in einem Bach, der sie begeistert begrüßt. Die Forellen schlagen vor Freude Purzelbäume.
Der Tropfen ist glücklich. Mit seinen Freunden umspülen sie die Steine, die sich immer tiefer in den Sand graben und versuchen sie auszuhöhlen. Sie necken das Gras, wiegen es hin und her. Fließen ruhig dahin, bis der Himmel aus schwarzen Wolken viele Tropfen auf die Erde schickt. Sie stürzen kraftvoll herab.
Der Bach schwillt an, reißt den Tropfen mit, breitet sich aus und entwickelt sich zu einem breiten Fluss.
„Habt ihr schon gehört, das größte Glück ist es zum Hüter der Tropfen zu kommen.“
„Wer ist das denn?
„Das ist das Größte, das ist das Meer.“
„Vielleicht schaffen wir es ja bis dahin.“
„Das wäre schön, seufzt der kleine Tropfen.“
Als hätten die Wolken sein Sehnen gehört. Es regnet tagelang und der ruhige Fluss wird zum reißenden Strom. Die Strömung ist so stark, dass ihnen fast schwindelig wird. Endlich landen sie in einem gewaltigen Schwall mit vielen Fischen zusammen im Meer.
Ein Schwarm von Goldbrassen zieht vorüber. Zwei Kraken sind vertieft im Liebesspiel. Die Strahlen der Sonne verlieren sich in den Korallenbänken. Eine Moräne bestaunt ihre Ankunft. Lilafarbene Quallen mit langen leuchtenden Fäden schweben an ihnen vorbei.
„Was ist das schön hier.“
Der Tropfen jubelt: „Wir haben es geschafft. Hier bleiben wir jetzt für immer, bei unserem Hüter.“
Eine Zeitlang genießen sie ihr Glück. Aber dann fährt ein Tanker vorbei und eine dicke Wand aus Öl fließt ins Meer.
„Hilfe, ich kriege keine Luft mehr. Zur Hilfe, warum hört uns denn keiner. Kann uns denn niemand beschützen? Die Wolke hat doch gesagt, wir sind das Wertvollste auf der Welt. Ich habe der Wolke vertraut.“
Der Tropfen hält sich traurig an einer Koralle fest.
„ Die Wolke hat aber auch gesagt wir sollen zusammenhalten.
„Wir werden uns wehren.“
„Ja, wir werden uns wehren, klingt es von allen Seiten.“
„Wir werden sterben stöhnen die Korallenbänke. Unser Lebensraum ist bedroht.“
„Wenn die Menschen es nicht verstehen, respektvoll mit uns umzugehen, müssen wir sie bestrafen.“
Der Tropfen und seine Freunde überspülen in einer riesigen Monsterwelle das Land.
Der Himmel weint.

Letzte Aktualisierung: 04.01.2011 - 17.47 Uhr
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