Burgturm im Nebel
Burgturm im Nebel
"Was mögen sich im Laufe der Jahrhunderte hier schon für Geschichten abgespielt haben?" Nun, wir beantworten Ihnen diese Frage. In diesem Buch.
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Traumfrau/-mann | April 2011
Eine wie die andere
von Helga Rougui

Sie hätte eine sehr schmale taille

sie hätte blonde lange haare

und weiche samtige haut und volle brüste

und eisblaue augen mit langen wimpern

sie wäre ganz allein mein verschwiegener liebling

unvergänglich

Peter packte seine Plastik-Puppe aus, pustete phlegmatisch in das Phentil, das auf ihrem Pauchnabel plinkte – seine pherphlossene Perle war Party machen mit ihrem neuen Poppkameraden – also ging Peter jetzt eine paniksichere Peziehung mit Petra aus dem Peateuhse-PowershoPopo ein, und pas de Perlentränen mehr in alle Pewigkeit... Perfikt!


Sie wäre kämmbar ohne ende

und hätte alle haarfarben und frisuren zur wahl

sie hätte unzählige kleider nach der neuesten mode

und alle bunten kostüme dieser erde

und schuhe fünfhunderttausend paar

sie hätte einen freund der sie nie verließe

sie würde niemals altern

genau wie er forever young

sie hätte ein pinkes traumhaus

und pinke spitzenschuhe

sie hätte alles was ihr herz begehrt

das nicht in ihrer brust schlägt

- Vater, ich brauche mehr Taschengeld, sagte Pippa zu ihrem Pappa. Barbie will mit Ken reiten gehen, und sie hat keine Reitstiefel, und ein Pferd braucht sie auch, und den Reitstall aus pinkem Plastik sowieso. Und dann sollen ihre Freundinnen sie besuchen kommen, und sie alle haben keine Reitstiefel, und pinke Pferde brauchen sie auch, und Ken und seine pinken Freunde
- haben auch keine Reitstiefel, seufzte der Vater und öffnete weit seine Brieftasche.
Wenn es nur das war. In fünfzehn Jahren wahrscheinlich würde er seiner Pippa den ersten echten Ken kaufen müssen. Bis dahin würde er in weiser Voraussicht weiterhin eifrig und unablässig für die Füllung seiner Brieftasche sorgen.


Sie ist jung und alt zugleich

sie ist umgeben vom goldenen rahmen und von dunkler patina

sie hat seidige locken und eine leicht gebräunte ebenmäßige haut

sie ist schön und edel und adlig

sie schürzt leicht die lippen

so als ob sie den betrachter spöttisch betrachtete

aber das magische an ihr sind ihre

augen

Wie immer hatten seine Schritte ihn stracks in den Saal geführt, wo sie, gesichert hinter dickem Panzerglas und gut bewacht, auf ihn wartete. Den Aufsehern war er inzwischen wohlbekannt, denn jeden Morgen seit drei Monaten, wenn die Besuchszeit begann, stand er schon vor der Schranke, und kaum war Einlaß, eilte er blindlings zu ihr.
Egal, wo du stehst, sie schaut dir nach, dachte er, du gehst im Saal hin und her und sie folgt dir mit ihrem göttlichen Blick, du drehst dich um und sie saugt dich ein in ihre warmen, maronenfarbenen Augen, sie weiß seit ihrer Entstehung, was du dir noch nicht eingestehen willst – du wirst nie mehr wieder von ihr loskommen.
Nach weiteren drei Monaten hatte er seine Arbeitsstelle verloren, sein Erspartes war aufgezehrt, er hatte nichts mehr zu essen und keine Wohnung, und das Schlimmste war, er konnte den Eintritt ins Museum nicht mehr bezahlen. Beim Versuch, einzubrechen und sie zu entführen, wurde er erwischt und zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt.
Das einzige, was er in seine Zelle mitnahm, war ein Poster von ihr.


Sie war die gänseliesel

sie war schön und lieblich

sie war die braut des tapferen schneiderleins

sie war gierig auf glitzer geld und glanz

und eine leichte beute für den prinzen

der kaufte sie bemalte ihr gesicht türmte ihr die haare

und ließ ihr weite röcke schneidern

die mußte ihr bräutigam alle säumen bei tag und bei der nacht

Es war einmal ein Märchenland, in dem sich verschiedene Dörfer leidlich eingerichtet hatten. Sie hatten die Märchenfiguren gerecht unter sich aufgeteilt, jedes Dorf hatte ein paar unangenehme Gesellen zu verkraften, wie etwa den Bösen Wolf oder die Böse Königin, dafür bekamen sie aber auch andererseits Schneewittchen oder den Verzauberten Frosch als Ausgleich.
In dem ihm zugewiesenen Dorf saß das Tapfere Schneiderlein kreuzweise und kreuzunglücklich auf seinem Schneidertisch, umwallt von blauen Satin- und Seidenstoffen. Ein endlos langer Saum, so lang wie alle Märchen der Welt hintereinandererzählt zusammen, erstreckte sich vor ihm, und es hatte die Nase nach allem, was geschehen war, nun gestrichen voll. Wenn ihm der Prinz schon seine Liesel geraubt hatte – und diese sich mit nur wenig Widerstand hatte rauben lassen, ja, auch das war wahr - so hatte er dennoch keine Lust, sich Tag um Tag weiterhin um ihre verschlappten Röcke zu kümmern. Warum konnte der Prinz nicht einen Schneider in der Großen Stadt auftun, wo die beiden in einem schicken Maisonnette-Appartement in Schalottenburg lebten. Er selbst hatte ihnen schon seinen Bruder in Mahlzahn empfohlen, aber das hatte nichts gefruchtet, was vielleicht auch zum Teil daran lag, daß der Bruder ein Schmied war und die frischgebackene Prinzessin keine eisengenagelten Säume bevorzugte. Früher, als sie noch Gänsemagd in seinem Dorf gewesen war, hätte ihr das nichts ausgemacht – allerdings hätte sie da auch keine solchen Röcke zum Wiederversäumen weggeben können, da sie keine solchen besessen hätte.
Das Schneiderlein wischte sich die Stirn, bevor ein Schweißtröpflein auf den kostbaren Stoff tropfen konnte. Es war alles so kompliziert. Und ging ihn eigentlich nichts mehr an. Denn Tränen über die Untreue der Ungetreuen vergoß er schon lange keine mehr. Nur warum ließ er sich immer wieder in ihre Röcke verwickeln?


Sie wäre die exotischste weltraumschildkröte

außerhalb aller pi-normen jeglicher universen

sie trüge ihren grünschillernden panzer

an lilafarbenen hosenträgern

sie wäre gefräßig gehässig und obsessiv

sie wäre großherzig charmant und treu

und sie liebte mich auf ihre weise

bis in die äonen aller zu durchlebenden ewigkeiten

HyperSternenGeneral bXX,kLLx Hero von Leander lief nervös auf und ab, in seinen haarigen Pranken den exklusiven venusianischen Brautstraußprototyp knetend, den er vorsichtshalber mitgebracht hatte, denn wie er wußte, dachte seine Verlobte ja nie an solche Kleinigkeiten, er aber schon. Und gerade jetzt, nach einigen Erdzeitaltern voller Abenteuer, höchster Dekorationen und wildester Fluchten vor Orla wollte er, daß alles seinen sehr konservativen Gang ging. Gerade auch nach seiner letzten Beförderung hatte er einen besonderen Ruf zu verlieren. Die Auszeichnung bXX,kLLx bekam man schließlich nur, wenn man seine Chefin aus einem überdimensionalen Leberwurstbrot gerettet hatte, in das er sie unerklärlicherweise gebettet fand, um sie mit einem zähneknirschenden Kuß aus ihrem komatösen Tiefschlaf zu erlösen. In diesem Zusammenhang dachte er noch immer gern seufzend und leicht sehnsüchtig an jenen zartgelben, wolkigschwülen altgriechischen Zeitsprungjüngling zurück, der ihn sehr gründlich in Emaspamavapamama unterwiesen hatte, welchselbiges Wissen ihm bei dieser ultimativen Aktion um seine Holde zugute gekommen war.
Und nun war es soweit. Er hatte sich entschlossen, sie zu lieben, und sie hatte NaJaOkayWarumNicht gemurmelt, was er für ein Ja! nahm, und sie sollten heute ihre IGVA (InterGalaktischeVerschmelzungAchdujeminee) begehen. Er schaute sich verstohlen um. Wenigstens ihre Trauzeugen waren schon da. Seltsame Gestalten das. Eine zweimetergroße Zimtrolle, die sich unablässig die Nase puderzuckerte, ein hobbitgroßer Vampir, der seine nachtdunklen Flügel dramatisch um sich geschlungen hatte und die Rolle aus glutroten Augen bissig fixierte, und last but not least so eine Art Fleischklops mit Augen ( - muskatklops!, rief muskatklops dazwischen, ich bin der muskatklops!), der offensichtlich, obwohl sonst nicht sonderlich intelligent wirkend, Gedanken lesen konnte.
Hero von Leander ließ die zerklüfteten Reste des Prototypgemüses achtlos fallen. Wo blieb nur seine Braut?
Orla von Orbit stand zuhause in ihrem Schlafzimmer vor dem Ankleidespiegel, einem Souvenir von einem ihrer Besuche in einem Paramountfilm der 30er. Vermutlich klebten leider auch noch die Kurven von Mae West in seiner Silberbeschichtung, denn so sehr sie seit einer halben Stunde auch zerrte und zog, sie konnte sich einfach nicht in ihren mondsteinfarbenen Hochzeitspanzer hineinwinden – er war zu eng seit ihrem Ausflug ins Leberstreichwurstbrotland (Vive l’Autriche!). In den Wochen, als sie sich zu Hause erholt hatte, hatte sie sich in ihrem Joggingpanzer ein feines laxes Leben gemacht, und nun, wo es drauf ankam, rächte sich der Gummizug.
Ächzend ließ Orla von Orbit den Panzer zu Boden und sich selber bäuchlings auf den Diwan fallen. Morgen würde sie sich für einen Schwimmkurs anmelden.
Und Hero? Hero hatte indes - (Forts.folgt)


Sie könnte leichtfüßig auf pfennigabsätzen laufen

sie bräuchte keine leberwurstbrote

sie hätte sich selber lieb

sie würde nicht oft in die selbstmitleidsfalle gehen

sie hätte eine kleine kleidergröße

die sich über die jahre nicht ändern würde

sie hätte jeden tag lust spazierenzugehen

und würde sich die zeit dafür nehmen

sie würde ohne zu zögern wichtige entscheidungen treffen

und sie dann durchführen

H. dachte, daß auch sie das Recht hätte auf die höchst private Vorstellung von ihrer Traumfrau. Und daß diese Vorstellung natürlich mit der Realität nichts zu tun hätte, nur eben so viel, wie unsere Träume die Lücken in unserer Realität widerspiegeln. Über eine Verwirklichung in diesem ihrem ersten Leben brauchte sie sich im übrigen keine Gedanken zu machen, hatte sie doch noch weitere sechs Leben zur freien Verfügung, die sie listig dem Gestiefelten Kater beim Besuch in Dorf 13 in einem seiner schwachen Momente abgeluchst hatte.

Er hatte sie wohl in seinem Moschuswahn für seine Traumfrau gehalten...

Letzte Aktualisierung: 22.04.2011 - 16.04 Uhr
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